JULIA FESTIVAL EXTRA Band 06
1. KAPITEL
„Du hast am Wochenende wirklich toll gespielt, Sam. Ich hätte nie gedacht, dass die goldene Trophäe unserer Firma an eine Frau geht …“
„Sam ist keine Frau. Frauen sind klein, süß und kuschelig. Sie bleiben zu Hause und bringen Babys zur Welt … Sam … nicht einmal ihr Name ist fraulich …“
Samantha Miller richtete sich zu ihrer vollen Größe auf. Mit einem Meter und achtzig überragte sie den Mann, der sie gerade so unverschämt kritisiert hatte, um fast zehn Zentimeter.
„Du weißt, was dein Problem ist, nicht wahr, Cliff“, sagte sie gelassen zu ihm. „Du bist kein richtiger Mann. Sonst hättest du nämlich keine Angst vor selbstbewussten Frauen. Und was das Kinderkriegen betrifft …“ Sie machte eine Pause, und sämtliche Kollegen im Großraumbüro sahen sie gespannt an. „Ich bin Frau genug, um ein Kind zu bekommen, wann immer ich es will.“
Erst jetzt war ihr anzusehen, wie sehr Cliffs Worte sie verletzt hatten. Ihre Augen funkelten, und ihre Stimme zitterte leicht.
„Du und ein Kind?“, bemerkte ihr Gegner spöttisch, noch bevor sie weitersprechen konnte. „Wer würde wohl mit einer Frau wie dir ein Kind haben wollen? Niemand. Wenn du eins bekommst, dann nur aus einer Samenbank …“
Die meisten der Umstehenden lachten.
Eine andere Frau wäre in dieser Situation vielleicht in Tränen ausgebrochen, aber nicht Sam. Sie setzte ein falsches Lächeln auf. „Es ist wirklich schade, dass du ein so schlechter Verlierer bist, Cliff. Na ja, wenn ich ein so miserabler Golfspieler wäre wie du, wäre ich vielleicht auch sauer. Und was das Kinderzeugen angeht … Wie oft hast du am achten Loch vergeblich versucht, den Ball zu versenken?“
Dieses Mal ging der Punkt an Samantha, als die anderen lachten. Ohne Cliff eine Gelegenheit zur Erwiderung zu geben, machte sie auf dem Absatz kehrt und ging erhobenen Hauptes davon.
Ihr war klar, was geschehen würde, sobald sie außer Hörweite war. Das ganze Büro würde sich über sie lustig machen, über die Amazone, die noch nie in männlicher Begleitung zu einer Betriebsfeier gekommen war. Über die einzige Frau in dieser von Männern dominierten Firma, die mit ihren wenigen Kolleginnen nie über ihr Privatleben sprach.
Samantha war dreißig, und sie war sich absolut bewusst, dass sie sich bald entscheiden musste, welche Richtung ihr zukünftiges Leben nehmen sollte. Beruflich und privat. In ihrem Alter sollte sie langsam daran denken, einen Mann kennenzulernen. Einen Mann, in den sie sich verlieben konnte, mit dem sie alt werden wollte und von dem sie die Kinder bekommen würde, die sie sich so sehr wünschte. Denn mit jedem Jahr wurde die Chance, diesen Mann zu finden, geringer.
Natürlich gab es genügend Männer. Männer, die sich nicht binden wollten … die keine Kinder wollten … die zwar Kinder, aber keine Frau wollten … die schon verheiratet waren … die … Oh ja, die Liste der Männer, die nicht infrage kamen, war lang genug und wurde noch länger, wenn man so wählerisch war wie Samantha.
„Warum gehst du nicht wenigstens mal mit ihm aus?“, hatte ihre Zwillingsschwester Roberta sie bei ihrem letzten Besuch in England gefragt. Ihre Mutter hatte sich bei Bobbie, wie die Familie Roberta nannte, darüber beschwert, dass Sam sich noch immer nicht mit einem besonders hartnäckigen Verehrer verabredet hatte.
„Wozu denn? Ich weiß bereits, dass er nicht der Richtige ist“, hatte Sam erwidert. „Du hast ihn für dich gefunden. Und wenn ich sehe, wie glücklich du mit Luke bist, wie könnte ich mich da mit weniger begnügen?“
„Oh, Sam.“ Bobbie umarmte sie. „Es tut mir leid. Du hast ja recht, das solltest du nicht. Aber ich hoffe, du findest auch bald den Richtigen. Oje …“ Sie lächelte entschuldigend. „Ich bin so müde.“
„Kein Wunder“, meinte Sam mit einem wehmütigen Blick auf den runden Bauch ihrer schwangeren Schwester.
Bobbie war der Blick nicht entgangen. „Hast du denn noch nie jemanden getroffen, in den du dich verlieben konntest, Sam? Hast du noch nie jemanden geliebt?“
Samantha schüttelte den Kopf. Anders als ihre Schwester trug sie das Haar kurz und lockig. Es umrahmte ihr anmutiges Gesicht und ließ ihre Augen noch größer als Bobbies wirken und deren Blau noch intensiver.
„Nein. Es sei denn, du zählst meine Schwärmerei für Liam dazu. Du weißt doch, damals, als er bei Dad anfing. Ich war vierzehn, und Liam hatte kein Interesse an einem Teenager mit Zahnspange und
Weitere Kostenlose Bücher