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7 Minuten Zu Spät

7 Minuten Zu Spät

Titel: 7 Minuten Zu Spät Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Pepper
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PROLOG
    K omm schon, beeil dich, rief ihre Mutter ungeduldig, als Jen zu weit zurückblieb. Trotz der frühen Morgenstunde fühlte sich die Luft an ihren sommergebräunten Armen warm und schwül an. Jen wäre viel lieber schwimmen gegangen oder hätte mit ihren Freundinnen gespielt, als zur Schule zu müssen.
    Auf der Carroll Street Bridge blieb sie stehen und blickte in den Himmel, der sich blau über Brooklyn spannte. Die weißen Wölkchen, die darüber hinwegsegelten, sahen aus wie ein Hase, ein Schiff oder ein Baby. Jen fuhr mit der Hand über das Eisengeländer. Jemand hatte es blau angestrichen, das gefiel ihr. Sie beugte sich vor und blickte auf den Gowanus-Kanal.
    »Komm, beeil dich!«, rief ihre Mutter.
    Jen hatte immer schon gern im Kanal Ausschau nach Tieren gehalten, schon seit der Vorschule, als sie miterlebt hatte, wie eine Pumpe das tote Wasser zum Leben erweckte. Ihre Lehrerin hatte ihnen alles darüber erzählt. Bis in die sechziger Jahre hatte eine Pumpe das Wasser in dem künstlichen Kanal umgewälzt, und alle möglichen Lebewesen hatten sich darin getummelt. Dann zerbrach die Pumpe, und weil niemand sie reparierte, floss das Wasser nicht mehr. Als Jen mit der Klasse dorthin gekommen war und es sich angesehen hatte, war das Wasser bereits neongrün, ein toter Fluss zwischen ihrem Wohnviertel und der Schule. Manche Leute behaupteten, der Kanal sei giftig, und wenn man hineinfiele, würde man krank und könne möglicherweise sogar sterben. Jen hatte sich vorgestellt, wie sie über das Geländer fiel, einen Moment lang in der Luft schwebte und sich in Luft auflöste, sobald sie das Wasser berührte.
    Ihre Lehrerin hatte ihnen von einem Geschäftsmann aus der Court Street erzählt, der den Traum hatte, mit dem Kanal eine Art Venedig zu begründen. Statt alter Fabriken sollten am Ufer Restaurants und Parks entstehen, und auf dem Wasser sollten Boote fahren. »Gondeln auf dem Gowanus«, hatte ihre Lehrerin gesagt, und die Klasse verstand nicht, was sie damit meinte, aber es hatte so lustig geklungen, dass sie alle lachten. Zuerst jedoch musste der Kanal wieder zum Leben erweckt werden, und deshalb hatte der Geschäftsmann jemanden beauftragt, die Pumpe zu reparieren. Am Ende des ersten Schuljahres, hatte Jens Lehrerin gesagt, würde der Gowanus-Kanal wieder munter dahinfließen.
    Jetzt war sie in der zweiten Klasse, und es stimmte, es war tatsächlich so gekommen. Seit letztem Jahr hatte sich die Farbe des Wassers verändert; es war jetzt hellgrün und teilweise fast durchscheinend. Angestrengt blickte Jen hin, um etwas Lebendiges zu entdecken. Und dann sah sie es plötzlich: eine Schildkröte, so groß wie ihre Hand, die an der Wasseroberfläche schwamm.
    »Mom!«
    »Beeil dich! Wir haben keine Zeit!«
    »Ich habe eine Schildkröte gesehen!«
    Jen wusste, dass sie weiterlaufen musste, konnte jedoch nicht widerstehen, wenigstens noch einen Blick auf den Kanal zu werfen. Und dann sah sie noch etwas, und dieses Mal war es wie im Märchen. Sie sah eine Fee, eine Frau mit einem friedlichen Gesicht, über das das Wasser floss, die Augen weit aufgerissen. Langsam drehte sich das Gesicht dem Himmel entgegen, als schaue es nach oben, dann wandte es sich langsam wieder ab und war verschwunden.
    »Mom!«
    »Jen!« Ihre Mutter sah sich um und stützte die Hände in die Hüften.
    »Ich komme schon!«Jen rannte zu ihrer Mutter. »Aber ich habe eine Fee im Kanal gesehen, Mom! Sie hatte lange Haare, und sie sind so um sie herumgeschwebt.« Jen drehte sich, dass ihre eigenen Haare ihr um den Kopf flogen.
    Ungeduldig blickte ihre Mutter auf ihre Armbanduhr.
    »Weißt du eigentlich, wie spät es ist, junge Frau?«
    Jen lief neben ihr her. Sie würde es ihrer Mutter später erzählen, wenn sie bereit war zuzuhören, vielleicht heute Abend, beim Gutenachtsagen. Sie würde ihrer Mutter erzählen, dass sie eine Fee gesehen hatte, und es war Zauberei und Wirklichkeit zugleich gewesen.

ERSTER TEIL

KAPITEL 1
    A lice Halpern hastete den Carroll Park entlang. Sie war mit ihrer Freundin Lauren verabredet, zusammen wollten sie die Kinder abholen. Alice war in letzter Sekunde noch aufgehalten worden, Lauren wartete bestimmt schon auf sie. Doch als Alice die Bank erreichte, die ihnen immer als Treffpunkt diente, war sie leer. Schwer atmend setzte sich Alice und sah auf die Uhr. Sie war nur sieben Minuten zu spät. Wo steckte Lauren? Normalerweise war sie immer vor ihr da.
    Die Sonnenstrahlen brannten auf Alices Haut, die immer noch

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