Die Außenseiter
Entdeckungen machte und nie wusste, welches kleine Wunder sich hinter dem nächsten Hügel verbergen mochte.
Aus diesem Grunde hatte Worvendapur ein Gewehr dabei. Zwar war Willow-Wane nicht Trix, eine Welt, auf der es von schnellen und kraftvollen, Fleisch fressenden Lebensformen nur so wimmelte, dennoch gab es auch hier eine einschüchternd hohe Zahl an höchst lebendigen Raubtieren. Ein Siedler musste Acht geben, wohin er trat, vor allem im wilden, unzivilisierten Süden.
Hohe, biegsame blaue Sylux fassten das Ufer des Sees ein, eine beeindruckende Wasserfläche, die die Landschaft dominierte und sich bis weit nach Norden erstreckte. Die warmen, von Leben wimmelnden Wassermassen trennten den Regenwald, in den hinein die Siedlung gebaut worden war, von der unwirtlichen Wüste, die sich vom Äquator nach Süden ausdehnte. Vor vierzig Jahren gegründet, hatte die blühende Stockkolonie Paszex bereits einige eigenständige Trabantenstöcke gegründet. Worvendapurs Familie, die Ven, war in einer dieser Gemeinschaften recht bekannt: der Agristadt Pasjenji.
Im Augenblick reichte der Niederschlag des Regenwaldes völlig aus, um den Wasserbedarf des Stocks - oder der Wabe, wie manche sagten - zu decken, doch für die geplanten Siedlungserweiterungen würde man eine größere und verlässlichere Wasser quelle erschließen müssen. Anstatt die Mühe und Kosten für den Bau von Wasserspeichern auf sich zu nehmen, hatte man den nahe liegenden Vorschlag gemacht, die natürlichen Wasserressourcen des Sees anzuzapfen. Da Wor Subspezialist in Hydrologie war, hatte man ihn damit beauftragt, geeignete Standorte für die Kläranlage zu suchen und das Gelände auszuwählen, auf dem die Rohrleitungen verlaufen sollten. Ideal wäre es, wenn er eine Stelle fände, die so dicht wie möglich am See läge und zugleich die nötigen geologischen Voraussetzungen böte, um die Last der erforderlichen technischen Infrastruktur tragen zu können, angefangen mit der Pumpstation über die Filteranlage bis hin zu den Zuführungsleitungen.
Inzwischen war Wor schon seit mehr als einer Woche im Gelände unterwegs, nahm Lotungen vor und analysierte sie, bestätigte Luftbildvermessungen, begutachtete potenzielle Standorte und Trassenrouten für das Wasser, das die Kläranlage letztlich liefern würde. Wie jeder Thranx vermisste er die Geselligkeit des Stocks, die Berührung, die Geräusche und die Gerüche seiner Artgenossen. Bedauerlicherweise stand ihm noch eine weitere einsame Woche bevor. Die hiesige Fauna half ihm ein wenig, sich von seiner Einsamkeit abzulenken. Er genoss diese stets neues Wissen bereithaltenden, manchmal bezaubernden Ablenkungen, solange sich nicht eine von ihnen erhob und ihm das Bein abbiss.
Seismische Messungen hätten auch von der Luft aus durchgeführt werden können oder durch eine ferngesteuerte Sonde, aber für etwas, das für die Zukunft der Gemeinschaft so wichtig war wie eine Kläranlage, wollte die Stock-Obrigkeit die Vor-Ort-Inspektion und Begutachtung von einem Spezialisten durchführen lassen. Der Beurteilung der Stock-Obrigkeit konnte Wor wohl kaum widersprechen. Wenn es sich als machbar erwies, würde dieses Seewasser bald dazu dienen, den Durst seines eigenen Nachwuchses zu stillen. Wenn sich die Zuflussrohre im Stock zum ersten Mal öffneten, sollte das herausspritzende Wasser aus einer zuverlässigen Station kommen, die nicht ständig ausfiel oder von Mikroben verseucht war; dafür würde Wor schon sorgen.
Er öffnete seinen Rucksack, nahm mit allen vier Händen das Lotgerät heraus und machte es einsatzbereit. Als er einen Schalter berührte, klappten sich blitzschnell die sechs dünnen, mechanischen Standbeine aus. Wor setzte das Instrument auf dem Boden ab und justierte die Standbeine, bis er sicher war, dass es stabil auf dem leicht sumpfigen Untergrund stand und akkurat ausgerichtet war. Verglichen mit den vielen feuchten Stellen, die er bereits besucht und begutachtet hatte, sah diese hier vielversprechend aus. Es wäre fatal, eine Wasseraufbereitungsanlage auf durchweichtem, potenziell problematischem Untergrund zu errichten.
Er schaltete das Lotgerät ein, trat zurück und richtete seinen Facettenblick auf einen Schwarm Gentre!!m, die über ihm vorbeisegelten: eine weitverbreitete einheimische Spezies, die er gut kannte, hatte er sie doch im seit langem besiedelten Norden häufig angetroffen. Die Tiere wanderten zu den südlichen Regenwäldern, um der auf der Nordhalbkugel einsetzenden Regenzeit
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