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Die Befreier von Canea

Die Befreier von Canea

Titel: Die Befreier von Canea Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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scheußlichem Knacken, und das Vord ließ ein wenig lockerer. Tavi riss weiter und drückte, während das Vord noch dagegen zerrte, dann stieß er die zuckenden Stücke von sich fort ins Wasser.
    Mit den Fingern griff er nach den Schnallen der Rüstung. Er hatte sie tausendmal zugeschnallt und aufgeschnallt, und sie abzulegen konnte er buchstäblich im Schlaf, jedenfalls wenn er zwei Hände zur Verfügung hatte. Jetzt jedoch waren die Lederriemen auch noch durchnässt und aufgequollen. Außerdem waren seine Finger im kalten Wasser taub geworden. Dazu kam er vor Angst fast um, und seine Lungen brannten. Die ersten hellen Sternchen blitzten vor seinen Augen auf.
    Er kämpfte weiter mit den Schnallen und konnte sich schließlich aus seiner Rüstung befreien. Nur mit Hilfe seiner Erdkräfte vermochte er den Schmerz zu beherrschen, der von seinem gebrochenen Arm und der ausgekugelten Schulter ausging. Hätte er das nicht geschafft, wäre sein Schicksal besiegelt gewesen. Er riss an den Riemen seiner Beinschienen, bis er sie gelöst hatte, stieß sich mit letzter Kraft vom Boden ab und schwamm in die Richtung, die er für oben hielt. Der Druck auf Lungen und Ohren war entsetzlich, und er musste unbedingt atmen , denn seine Lungen platzten fast und würden bald in sich einsaugen, was immer ihn umgab, auch wenn es Wasser wäre. Der Dolch war ihm aus dem Mund gefallen, und der Schmerz an Schultern und Arm war so stark, dass er schon wieder unwirklich erschien …
    Irgendetwas stieß gegen seinen Kopf, packte ihn am Kragen, und er wurde durch die Dunkelheit gezogen, hustete, weil er einen ersten halben Atemzug Wasser eingesogen hatte … und dann tauchte sein Kopf plötzlich auf.
    Kitai schob ihn mit unerwarteter Kraft halb aus dem Wasser, und nun spürte er ihre Panik und ihre Wut. »Aleraner!«, rief sie. »Chala! «
    Er hustete das Wasser aus und holte tief Luft. Dabei war er kaum in der Lage, seine Glieder zu bewegen.
    In der Nähe schob sich etwas durchs Wasser, etwas Großes und Schnelles, ein Hai oder noch ein Vord.
    »Los!«, keuchte Tavi. »Los, los!«
    Kitai begann zu schwimmen und zog ihn an der Tunika hinter sich her, während Tavi sich bemühte, den Kopf über Wasser zu behalten. Sie waren fünfzig Fuß von der Schleiche und ungefähr genauso weit vom Anleger entfernt, auf dem es inzwischen von Vord wimmelte. Tavi nahm seine Umgebung wenigstens wieder einigermaßen klar wahr, trotz der Schmerzen in Schultern, Brust und Arm, und als er zum Rumpf der Schleiche hinaufsah, bemerkte er, dass sich das Schiff vom Kai auf ihn zu bewegte.
    Er hörte Rufe, und neben ihm landete ein Tau im Wasser. Kitai packte es mit einer Hand, schlang es mehrfach um ihren Arm und brüllte etwas. Dann wurden sie in die Höhe gezogen – und Tavis Gewicht schien ausschließlich auf der verwundeten Schulter zu lasten.
    Er schrie vor Schmerz und zuckte unwillkürlich heftig zusammen, dann hörte er Stoff reißen und fiel wieder ins Wasser.
    Erneut kämpfte er sich nach oben, als etwas knapp unter der Oberfläche vorbeirauschte und an seinen Beinen entlang strich. Er sah, wie sich das Schiff vom Kai und von ihm fortbewegte. Kitai und das Tau waren außer Reichweite. Ihre Hand hatte sie in dem Seil verwickelt, jetzt bemühte sie sich hektisch, sich zu befreien, aber sie war bereits etliche Fuß entfernt. Tavi blickte nach oben, wo Demos über die Reling schaute. Der Kapitän riss die Augen auf, und dann sah Tavi nur noch die alte geschnitzte Bugfigur der Schleiche , diese wunderschöne Frau, die blind nach vorn starrte und dieses milde Lächeln auf den verlockenden Lippen trug.
    Tavis Beine versagten ihm langsam den Dienst, und das Wasser schnappte nach ihm. Er sank, und seine ganze Aufmerksamkeit galt der Bugfigur, die immer größer zu werden schien und auf ihn zukam.
    Voller Entsetzen begriff er, dass sich die hölzerne Frau am Bug der Schleiche bewegte und dass es sich nicht um eine Illusion seines schmerzumwölkten Verstandes handelte. Sie beugte sich voller Anmut und Grazie zu ihm herunter, und das passte überhaupt nicht zu der blätternden Farbe ihres Gesichts. Sie lächelte und reichte ihm die starke, schlanke Hand.
    Tavi sammelte seine letzten Kräfte, packte die Hand, spürte ihren Griff, ihre Geschmeidigkeit und ihre Kraft. Sie zog ihn aus dem Wasser und hob ihn in die Luft, und zwar gerade, als ein weiteres Frosch-Vord nach seinem Fuß griff. Kurz nahm er das schwankende Vorderdeck wahr, dann lag er auf den Planken und konnte vor

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