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Die besten Stories

Die besten Stories

Titel: Die besten Stories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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Grundsätzen der Partei übereinstimmt. Auf Ihrer hierarchischen Position ist nur von ,Lektüre’ die Rede, nicht wahr?« Erneut lächelte sie ihn an. »Wenn Sie eine Stufe höher steigen, auf die Ebene von Mr. Tso - pin, dann werden Sie diesen Ausdruck kennenlernen.« Mit düsterem Gesicht fügte sie hinzu: »So wie Mr. Pethel. Er steht sehr weit oben, Mr. Chien; es gibt in San Fernando keine ideologische Akademie. Was man Ihnen übergeben hat, sind gefälschte Prüfungsarbeiten, die dazu dienen, Ihre politische Ideologie zu überprüfen. Haben Sie schon herausgefunden, welche Arbeit orthodox und welche häretisch ist?« Ihre Stimme klang jetzt sehr fein, schien von leiser, boshafter Ironie geprägt. »Wenn Sie sich irren, dann wird Ihre steile Karriere plötzlich zu Ende, für alle Zeiten vorüber sein. Erkennen Sie jedoch die Wahrheit…«
    »Wissen Sie, welcher Aufsatz der richtige ist?« fragte er.
    »Ja«, nickte sie gelassen. »Wir haben in Mr. Tso-pins Büro eine Abhöranlage eingebaut und sein Gespräch mit Mr. Pethel verfolgt – der in Wirklichkeit nicht Mr. Pethel, sondern der Hohe Gepol-Inspektor Judd Craine ist. Vermutlich haben Sie schon von ihm gehört; er war 1998 während des Kriegsverbrecherprozesses in Zürich der Erste Assistent von Richter Vorlawsky.«
    »Ich… verstehe«, brachte er mühsam hervor. Nun, das erklärte einiges.
    »Ich heiße Tanya Lee«, sagte das Mädchen.
    Er schwieg, nickte lediglich und war zu verwirrt, um irgend etwas darauf zu erwidern.
    »Rein technisch gesehen bin ich nur eine kleine Sekretärin in Ihrem Ministerium«, fuhr Miss Lee fort. »Jedenfalls sind wir uns noch nie begegnet, soweit ich mich erinnern kann. Wir versuchen, alle Stellen zu besetzen, die wir bekommen können. Und versuchen so hoch wie möglich aufzusteigen. Mein eigener Chef…«
    »Halten Sie es für richtig, daß Sie mir all das erzählen?« Er deutete auf den Fernseher, der noch immer eingeschaltet war. »Wird unser Gespräch nicht aufgezeichnet?«
    »Wir blockieren die optische und akustische Übertragung aus diesem Apartmentgebäude mit einem Störsender; sie werden mindestens eine Stunde benötigen, um den Fehler zu finden. Demnach haben wir noch« – sie warf einen Blick auf die kleine Armbanduhr an ihrem schmalen Handgelenk – »fünfzehn Minuten, in denen wir uns ungestört unterhalten können.«
    »Sagen Sie mir«, bat er, »welche Arbeit orthodox ist.«
    »Sie machen sich deswegen Sorgen? Wirklich?«
    »Worüber«, entgegnete er, »sollte ich mir denn sonst Sorgen machen?«
    »Verstehen Sie denn nicht, Mr. Chien? Sie haben doch soeben etwas gelernt. Der Führer ist nicht der Führer; er ist etwas anderes, aber wir wissen nicht, was er ist. Noch nicht. Mr. Chien, mit allem Respekt, aber haben Sie schon einmal daran gedacht, Ihr Trinkwasser analysieren zu lassen? Bitte, lachen Sie mich nicht aus. Ich weiß, das Ansinnen klingt paranoid, aber haben Sie wirklich schon einmal daran gedacht?«
    »Nein«, erklärte er. »Natürlich nicht.« Und er wußte, was sie jetzt sagen würde.
    »Unsere Untersuchungen«, fuhr Miss Lee mit harter Stimme fort, »haben ergeben, daß es mit Halluzinogenen versetzt ist. Es war versetzt, ist versetzt und wird auch in Zukunft mit Drogen versetzt sein. Nicht mit jenen Drogen, die während des Krieges benutzt wurden, nicht mit diesen desorientierenden Präparaten, sondern mit einem synthetischen Derivat einer mutterkornähnlichen Substanz namens Datrox-3. Sie trinken es hier im Gebäude, wenn Sie morgens aufstehen; Sie trinken es in den Restaurants und in den anderen Apartments, in denen Sie zu Besuch sind. Sie trinken es im Ministerium; das ganze Trinkwasser stammt schließlich aus demselben zentralen Reservoir.« Ihre Stimme klang jetzt rauh und grausam. »Wir haben das Problem gelöst; wir wußten, sobald wir die Analyse in Händen hatten, daß jedes gute Phenothiazin die Wirkung aufheben würde. Was wir natürlich nicht wußten war, daß es eine Vielzahl authentischer Erlebnisse gab; rational betrachtet ergibt das keinen Sinn. Die Halluzination müßte von Mensch zu Mensch verschieden und die realen Erlebnisse müßten alle identisch sein – aber es ist genau umgekehrt. Wir können noch nicht einmal eine vorläufige Theorie aufstellen, die das erklärt, und Gott weiß, wie sehr wir uns darum bemüht haben. Zwölf unterschiedliche Halluzinationen – das wäre leicht zu verstehen. Aber nicht eine Halluzination und zwölf Wirklichkeiten.« Dann schwieg sie

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