Die Bestimmung - Letzte Entscheidung: Band 3 (German Edition)
und hebt beide Arme. Sie fixiert kurz die Zielscheibe, dann feuert sie. Das Übungsgeschoss trifft den äußeren Ring der Zielscheibe, prallt ab und rollt auf den Boden. Es hinterlässt einen Lichtkreis auf der Zielscheibe, der die Stelle des Aufschlags markiert. Ich wünschte, ich hätte diese Technologie bei unserem Initiationstraining gehabt.
» Oh, gut « , sage ich. » Du hast in die Luft um deine Zielperson herum gefeuert. Wie nützlich. «
» Ich bin ein wenig eingerostet « , gibt Christina grinsend zu.
» Ich denke, du lernst am leichtesten, wenn du mich nachahmst « , sage ich zu Caleb. Ich stehe so, wie ich immer stehe, entspannt und natürlich, hebe beide Arme, halte die Waffe in der einen Hand und stütze mit der anderen.
Caleb versucht, es mir nachzumachen, er richtet seine Füße aus wie ich und arbeitet sich dann bei der Körperhaltung weiter nach oben. Genau das, womit Christina ihn gerade noch aufgezogen hat, nämlich sein analytisches Denken, verhilft ihm jetzt zum Erfolg – ich merke, dass er Winkel und Distanzen, Muskelspannung und Entspannung anpasst, während er mich beobachtet und versucht, alles richtig hinzubekommen.
» Gut « , sage ich, als er fertig ist. » Jetzt konzentrier dich nur auf das, was du treffen willst, und sonst nichts. «
Ich fixiere die Mitte der Zielscheibe und versuche, mich von ihr verschlucken zu lassen. Die Distanz macht mir nichts aus – die Kugel wird in einer geraden Bahn fliegen, genau wie sie es tun würde, wenn ich näher dran wäre. Ich atme ein und wappne mich, atme aus und schieße, und die Kugel landet genau dort, wo ich sie haben will: in dem roten Ring in der Mitte.
Ich trete zurück, um Caleb zu beobachten. Er steht richtig, hält die Waffe richtig, aber er ist starr, eine Statue mit einer Pistole in der Hand. Er zieht die Luft ein und hält beim Abdrücken den Atem an. Diesmal ist er besser auf den Rückstoß vorbereitet und die Kugel schrammt über den oberen Rand der Zielscheibe.
» Gut « , sage ich noch einmal. » Ich denke, du solltest versuchen, dich nicht allzu unbehaglich zu fühlen. Du bist sehr angespannt. «
» Kannst du mir das verübeln? « , fragt er. Seine Stimme zittert, aber nur am Ende eines jeden Wortes. Er wirkt wie jemand, der sich sein Entsetzen nicht anmerken lassen will. Ich habe zwei Klassen mit Initianten erlebt, denen es ähnlich erging, aber keinem von ihnen stand das bevor, was Caleb bevorsteht.
Ich schüttele den Kopf und sage leise: » Natürlich nicht. Aber wenn du diese Anspannung heute Nacht nicht loslässt, schaffst du es vielleicht nicht bis zum Waffenlabor, und das nützt niemandem. «
Er seufzt.
» Die physische Technik ist wichtig « , erkläre ich. » Aber es ist in erster Linie eine Sache des Kopfes. Das ist ein Glück für dich, denn du weißt, wie man mentale Spiele spielt. Du übst nicht nur schießen, du übst auch das Fokussieren. Wenn du dann in einer Situation bist, in der du um dein Leben kämpfst, ist dir das so in Fleisch und Blut übergegangen, dass du gar nicht mehr darüber nachdenken musst. «
» Ich wusste ja gar nicht, dass die Ferox sich auch mit Gehirntraining beschäftigen « , sagt Caleb. » Kann ich mal sehen, wie du es machst, Tris? Wenn ich so darüber nachdenke, erinnere ich mich nicht daran, dich jemals ohne eine Schussverletzung in der Schulter auf etwas habe schießen sehen. «
Tris lächelt schwach und dreht sich zur Zielscheibe. Als ich sie beim Ferox-Training zum ersten Mal habe schießen sehen, wirkte sie unbeholfen und ein bisschen wie ein kleiner Vogel. Ihr dünner, zerbrechlicher Körper ist jetzt schlank, aber muskulös, und wenn sie die Waffe hält, sieht es mühelos aus. Sie kneift das eine Auge zu, verlagert das Gewicht und feuert. Die Kugel schlägt nur wenige Zentimeter neben dem Zentrum der Zielscheibe ein. Sichtlich beeindruckt zieht Caleb die Augenbrauen hoch.
» Mach nicht so ein überraschtes Gesicht! « , empört sich Tris.
» Entschuldige « , sagt er. » Ich habe nur … du warst früher so ungeschickt, weißt du noch? Keine Ahnung, wie mir entgehen konnte, dass du es schon lange nicht mehr bist. «
Tris zuckt mit den Schultern, aber als sie den Blick abwendet, sind ihre Wangen gerötet und man sieht ihr an, dass sie sich freut. Dann ist wieder Christina an der Reihe, diesmal trifft sie die Zielscheibe näher an der Mitte.
Ich lasse Caleb weiterüben und beobachte, wie Tris erneut schießt, betrachte die gerade Linie ihres Körpers, als sie die
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