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Die Bluterbin (German Edition)

Die Bluterbin (German Edition)

Titel: Die Bluterbin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hildegard Burri-Bayer
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Wachskerzen zu unterstützen, und sie alle ermahnt, ein tugendhafteres Leben zu führen.
    Danach war Marie tatsächlich für eine Weile von den Krämpfen verschont geblieben, und Eleonore hatte schon gehofft, dass es endgültig mit ihnen vorbei wäre, doch ihre Hoffnung hatte sich als trügerisch erwiesen.
    Abgesehen von ihren vereinzelt auftretenden Anfällen, verhielt sich Marie allerdings vollkommen normal und zeigte keinerlei Anzeichen von geistiger Verwirrtheit, wie sie besessene Menschen sonst oft aufwiesen.
    In ihrer Familie hatte es, soweit sie wusste, niemals Krankheiten dieser Art gegeben, und ihr Mann sprach mit ihr nicht über seine Familie, die sie nie kennengelernt hatte. Das Einzige, was ihr Jean jemals erzählt hatte, war, dass seine Eltern verstorben waren, als er noch ein Kind gewesen war. Danach war er bei seinem Onkel aufgewachsen, einem strengen, gottesfürchtigen Mann, der ihn jeden Tag geschlagen hatte und ihn von morgens bis abends in seiner Färberei hatte schuften lassen.
    Einmal nur hatte sie es dennoch gewagt, ihn nach seiner Familie zu fragen, damals, vor sechs Jahren, als Marie das erste Mal Anzeichen ihrer merkwürdigen Krankheit gezeigt hatte, woraufhin Jean mit einer solch abweisenden Kälte auf ihre Fragen reagiert hatte, dass sie ihn nie wieder darauf angesprochen hatte.
    Doch Maries Krankheit war zu einem ernsthaften Problem geworden, für das sie bald eine Lösung finden mussten.
    Katharina war jedoch noch immer nicht zufrieden, sie wollte, dass Marie für das, was sie ihnen allen antat, bezahlen musste.
    „Sicher hat sie es mit Absicht gemacht, weil sie mir Jacques nicht gönnt und mein Leben zerstören will“, hetzte sie weiter. „Ihr müsst sie einsperren und ihr verbieten, das Haus zu verlassen, wenigstens bis zur Hochzeit“, drängte sie.
    „Ich werde heute noch mit deinem Vater darüber sprechen“, beschwichtigte Eleonore ihre Tochter. „Doch jetzt geh wieder an deine Arbeit. Dein Vater wird sehr wütend sein, wenn wir nicht fertig werden und er morgen Früh nicht pünktlich aufbrechen kann.“
    Sie gab Henry, der zurückgekommen war, noch einige Anweisungen. Dann erhob sie sich, um mit Elsa noch einmal die Speisenfolge für das bevorstehende Nachtmahl durchzugehen; immerhin hatten sie heute Abend einen wichtigen Besucher bei sich zu Gast.
    Lustlos begab sich Katharina in den dunklen Lagerraum zu ihren Schwestern, in dem es aus Sicherheitsgründen keine Fenster, sondern lediglich einen nach außen hin offenen, schmalen Lichtschacht gab, der die Luftzufuhr gewährleistete.
    Ihr Vater hatte ihnen aufgetragen, ein purpurfarbenes Kreuz auf einen kostbaren, golddurchwirkten Schal zu sticken, der von einem Baron in Flandern für den Altar seiner Kapelle bestellt worden war. Allein der Stoff kostete schon ein kleines Vermögen.
    Aus diesem Grund mussten sie nun auch in dem nur von Kienspänen beleuchteten Kontor sitzen, damit Eleonore besser darauf achten konnte, dass ihnen kein Fehler unterlief. Wenn sie mit dem Schal fertig wären, würden sie endlich wieder in der Stube nähen können, wo man immerhin ab und zu einen Blick aus dem Fenster werfen konnte und sich nicht ganz so vom Leben ausgeschlossen fühlte.
    Während ihre Finger geschickt die feine Knochennadel führten, die aus dem hinteren Wadenbein eines Schweins hergestellt worden war, glitten ihre Gedanken für einen Moment lang zu ihrer gemeinsamen Zukunft mit Jacques ab.
    Seine Familie war entfernt mit der von Johanna von Toulouse verwandt, der Gemahlin Alfons von Poitiers, der seinerseits wiederum ein Bruder König Ludwigs IX. war. Jacques besaß drei Tagesreisen von Bourges entfernt, in der Nähe von Poitiers, eine kleine Burg mit bescheidenen Ländereien. Er war der jüngste von drei Söhnen und hatte sich im Gegensatz zu seinen Brüdern erfolgreich dagegen gesträubt, ein Ritter zu werden oder ins Kloster zu gehen.
    Von klein auf hatte es ihn in die Ferne gezogen, und mit einigem Geschick und etwas Glück war es ihm schließlich durch den sich ständig weiter ausbreitenden Fernhandel gelungen, ein Vermögen zu verdienen.
    Jahrelang war er quer durch ganz Asien gereist und hatte dort kostbare Seidenstoffe erstanden, die er nun, wieder nach Frankreich zurückgekehrt, teuer weiterzuverkaufen gedachte.
    Seine Ware transportierte er, soweit es möglich war, auf dem Seeweg, um so die immer zahlreicher werdenden Zollstationen zu umgehen. Nachdem er außerdem mehrere Niederlassungen von Marseille über Damaskus bis

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