Die Braut des Wuestenprinzen
weiter.
Sie konnte kaum glauben, dass er in diesem Ton mit ihr sprach. Als würde er ihr die Schuld an dem geben, was passiert war. „Ich möchte nicht darüber reden“, erwiderte sie eisig. „Es ist vorbei.“
„Du denkst nicht mehr an das Kind?“
„Hör auf, davon zu reden.“
Bisher hatte Elenor niemandem anvertraut, wie sehr sie gelitten hatte, und sie konnte es auch ihm nicht sagen, nicht jetzt. Sie hatte angenommen, das Karim ebenfalls getrauert hatte, nachdem er es erfahren hatte. Wie gern wäre sie bei ihm gewesen, um den Kummer mit ihm zu teilen. Nie wäre sie auf die Idee gekommen, dass er ihr die Schuld geben würde!
„Wie kommst du dazu, so mit mir zu sprechen? Du hast weder einen Grund noch das Recht dazu, mich zu beschuldigen“, fuhr sie ihn an.
„Kein Recht? Eine Frau läuft davon wie ein Dieb in der Nacht, und ihr Ehemann soll kein Recht haben, sie zu beschuldigen?“
„Du warst damals nicht mein Ehemann, genauso wenig, wie du es jetzt bist!“, schrie sie.
„Was redest du da?“, fragte er aufgebracht.
„‚Ich verstoße dich, ich verstoße dich‘, Kavi, schon vergessen?“, schrie sie. Das hier ging über ihre Kräfte. Unvermittelt senkte sie den Kopf. „Genug. Lass uns essen.“
Einige Minuten aßen sie schweigend. Doch dann konnte Karim ausnahmsweise einmal seine Gefühle nicht zurückhalten. „Du weißt ganz genau, warum ich das gesagt habe. Warum kommst du mir jetzt damit? Du wusstest doch, dass ich es nicht so gemeint habe“, verteidigte er sich.
„Meinst du?“, fragte sie matt.
„Natürlich! Du hast dich unmöglich verhalten. Jedes Mal, wenn wir uns gesehen haben, hast du einen Streit mit mir angefangen. Ich habe es nur gesagt, um dich wachzurütteln! Ich wollte, dass du über dein Verhalten nachdenkst. Man sagt diese Worte nicht, um seine Frau zu verstoßen, sondern um ihr klarzumachen, dass sie darauf achten soll, was sie tut!“
Nun sah Elenor ihm direkt ins Gesicht. „Tatsächlich? Hast du schon einmal etwas von Hormonen gehört, Kavi?“, fragte sie.
„Was willst du damit sagen?“
„Ich war schwanger! Ich steckte in einer komplizierten Schwangerschaft, während du die meiste Zeit weg warst und in Lebensgefahr schwebtest. Kannst du dir vorstellen, wie verletzlich eine schwangere Frau ist?“
„Ich verstehe …“, sagte er langsam.
„Für mich war es ein grausamer Verrat. Das … mir das zu sagen, während ich mit deinem Kind schwanger bin …“ Abrupt hielt sie inne. Das alles interessierte ihn doch gar nicht. „Vergiss es“, schloss sie kühl.
„Du hast tatsächlich gedacht, ich will dich verstoßen?“
„Allerdings.“
„Aber ein Parvaner würde sich nie auf diese Weise von seiner Frau trennen. Selbst wenn es nach religiösem Recht erlaubt ist. Parvan ist ein weltlicher Staat. Und ohnehin ist es nicht möglich, eine Schwangere zu verstoßen.“
„Aber die königliche Familie steht über dem Gesetz“, wandte sie ein.
„Das war einmal so, ja. Bis mein Urgroßvater dieses Vorrecht abgeschafft hat.“
„Schön für ihn“, sagte Elenor. „Bist du fertig, oder soll ich dir noch etwas zu essen bringen?“
Nach der schrecklichen Nacht, in der sie gedroht hatte, ihn zu verlassen, wurden ihre Streitereien ernster. Elenor erzählte Karim nichts von ihrem Gespräch mit Puran – sie war sicher, dass seine Tante ihm selbst von seinem Fehler berichtet hatte. Sie sahen sich immer weniger. Wenn sie sich sahen, stritten sie miteinander.
Es endete immer damit, dass Elenor schrie, dass sie ihn verlassen wolle. Was sie dazu brachte, wusste sie nicht, denn es stimmte nicht. Sie liebte ihn, er war ihr Mann, und sie erwartete sein Kind. Vielleicht wollte sie einfach nur von ihm hören, dass er sie nicht gehen lassen würde.
Auf alle Fälle machte der Krieg es nahezu unmöglich, dass sie ihn verließ. Der zivile Flugverkehr war komplett eingestellt und die Wüste voller Soldaten. Die Grenze zu Kaljukistan war geschlossen, und alle übrigen Grenzen konnte man im Winter nicht passieren.
Im Palast war Elenor sicher. Ohne es zu ahnen, hatten Karims Vorfahren einen Standort gewählt, der gut gegen Luftangriffe geschützt war. Die Berge lagen sehr nah, und man musste einen engen und gefährlichen Pass durchfliegen, um in die Nähe des Palasts zu gelangen.
Immer noch hatte Elenor Angst vor Karims Reaktion auf ihre Schwangerschaft. Darum sagte sie es niemandem. Mit der Zeit wurde es immer schwieriger, das Geheimnis zu bewahren, da es ihr nicht gut ging.
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