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Die brennende Gasse

Die brennende Gasse

Titel: Die brennende Gasse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
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gedacht habe. Und glauben wollte ich es erst recht nicht. Aber eins ist sicher – du solltest sehr stolz sein –, sie ist eine bemerkenswerte junge Frau. Weiser, als ihren Jahren entspricht … Ich würde sie am liebsten dauernd fragen, woher sie diese Reife hat. «
    Nachdenklich und fast wehmütig bestätigte Tom: » Sie ist bemerkenswert. In mehr Hinsichten, als ich dir überhaupt sagen kann. «
    Aber du wirst es mir schließlich anvertrauen; denn was auch immer deine Tochter so vollkommen von anderen unterscheidet – du hattest dabei die Hand im Spiel. Solche Geheimnisse wollte n h eraus, strebten von Natur aus ans Licht. Janie glaubte, daß es an der Zeit war, diese Bürde mit ihm zu teilen.
    » Sie steht nicht in Big Dattie, Tom. «
    Er sah ihr in die Augen.
    » Ich weiß. «
    » Aber so ziemlich jeder Staatsbürger in ihrem Alter steht drin. «
    » Ich, eh, ich habe sie von jemandem herausnehmen lassen, in … «
    Er wandte wieder den Blick ab. » Als … «
    Anscheinend vermochte er den Satz nicht zu Ende zu bringen.
    » Tom «, sagte sie sehr sanft, » ich bin nicht sicher, ob ich verstehe – du kannst Leute herausnehmen lassen? «
    Langsam nickte er. » Früher mal. «
    » Wie? «
    » Es ging um Geld. «
    » Aber so viel …? «
    » Ein paar große Klagen, unauffällig beigelegt, erinnerst du dich? Ich meine, wirklich große. «
    Janie überließ ihn für ein paar Augenblicke seinen Gedanken. Erinnerungen überkamen ihn. Und endlich teilte er sie mit ihr.
    Sie war fassungslos und tief erschüttert. » Aber ich wußte nicht, daß das damals gemacht wurde. Himmel, Tom – sie muß eine der ersten Infizierten gewesen sein. «
    » MR SAM ’ S erster Überfall, glaube ich «, bekannte er, » der allererste! «
     
    D as Leben findet immer einen Weg, selbst in den schlimmsten Zeiten, und während des Seuchenwinters, der auf die Schließung der Tore von Camp Meir für die Außenwelt folgte, wurde Michael und Caroline ein Kind geboren, eine wunderschöne kleine Tochter mit dem rotgoldenen Haar ihrer Mutter. Sie nannten sie Sarah nach der alten Frau, deren unbewußte Weisheit von den Antikörpern Alejandro Canches vor sechs Jahrhunderten so sorgfältig aufgezeichnet hatte: der Schlüssel zum Überleben ihrer Mutter im neuen Jahrtausend. Ihr zweiter Vorname lautete Janie, nach der Frau, die da war, um sie in gesegneter Vollkommenheit aus dem Schoß ihrer Mutter in Empfang zu nehmen, als sie endlich unter Protestgeschrei diese Welt betrat.
    Und jedesmal, wenn Janie Crowe das Baby an Carolines Brus t s ah, so sicher und ahnungslos, umgeben von der Liebe seiner Eltern und geschützt von der Wachsamkeit einer hingebungsvollen Gemeinde, mußte sie unwillkürlich an die Babys denken, die in diesem Winter draußen in den dunklen, kalten Schmerz hineingeboren wurden, der dort existierte. Voller Angst um ihre Spezies fragte sie sich oft, was verzweifelte Eltern nicht alles opfern würden, damit ihre Kinder überlebten. Höchstwahrscheinlich würden sie, ohne nachzudenken, alles geben, was sie hatten; das lag in der Natur von Mutterschaft in der Wildnis. Doch in jenem furchtbaren Seuchenwinter gab es nicht viel …
    Aber das Leben findet immer einen Weg, erinnerte sie sich in den langen Nächten, wenn der Wind Schnee und Eis wütend durch die strenge Landschaft von Neuengland jagte. Einige von diesen Babys würden überleben, wie es auch während MR SAM ’ S erster Schreckensherrschaft gewesen war – soviel konnte man mit einiger Sicherheit behaupten. Doch wozu diese Babys heranwachsen würden, das ließ sich nicht vorhersagen.
    Hin und wieder stolperte irgendeine arme Seele unwissentlich gegen den elektronischen Zaun des Camps und löste Alarm aus, nur, um später in einiger Entfernung mit einem wehen Arm und benommenem Kopf aufzuwachen. Gelegentlich gab es einen Hufabdruck im Schnee oder Schlittenspuren, die die unerwartete Ortsveränderung erforschten. Janie wagte sich nach draußen, wenn die Kälte nicht zu brutal und der Wind nicht zu beißend war, ging auf dem Gelände des Camps spazieren und dachte ihre privaten Gedanken. Am häufigsten ertappte sie sich beim Nachsinnen über den anonymen Mann, dessen Leben sie genommen hatte in dem verzweifelten Bemühen, ihr eigenes und Carolines zu retten. Als Ärztin hatte sie für viele Menschenleben Rechenschaft abzulegen, und es war zu Momenten gekommen, bei denen ihr Handeln oder Nichthandeln die Waagschalen von Leben und Tod in diese oder jene Richtung bewegt hatten. Doch

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