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Die Bruderschaft der Runen

Titel: Die Bruderschaft der Runen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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alten Bibliothek verborgen war.
    Nachdenklich nahm er den Kerzenleuchter zur Hand. Im flackernden Lichtschein, den die Flammen in das Dunkel sengten, schaute er sich um. Dabei merkte er, wie sich sein Pulsschlag beschleunigte. Das Gefühl, einem wirklichen Geheimnis auf der Spur zu sein, erfüllte ihn mit Euphorie. Die Wörter, die er entschlüsselt hatte, gingen ihm nicht aus dem Kopf. Handelte es sich tatsächlich um einen Bericht? Möglicherweise um die Botschaft eines päpstlichen Legaten? Was mochten ein König und ein Schwert damit zu tun haben? Und von welchem König war wohl die Rede?
    Sein Blick glitt hinauf zur Balustrade, hinter der sich schemenhaft die Regale des oberen Stockwerks abzeichneten. Von dort stammte der Sammelband, in dem er das Fragment entdeckt hatte. Möglicherweise würde er da auch den Rest finden.
    Jonathan war sich im Klaren darüber, dass die Aussichten eher gering waren, aber er wollte es wenigstens versuchen. Die Zeit verlor er dabei völlig aus dem Blick – dass es schon weit nach Mitternacht war, hatte er nicht einmal bemerkt. Hastig stieg er die Stufen der Wendeltreppe empor – als ihn ein Geräusch zusammenfahren ließ.
    Es war ein heftiges, dumpfes Pochen.
    Die massive Eichentür der Bibliothek war geöffnet und wieder zugeschlagen worden.
    Jonathan gab einen erschrockenen Schrei von sich. Er hielt die Kerze von sich, um den Raum unterhalb der Balustrade zu erleuchten, denn er wollte sehen, wer der nächtliche Besucher war. Doch der Schein der Kerze reichte nicht weit genug und verlor sich in der staubdurchsetzten Schwärze.
    »Wer da?«, fragte Jonathan deshalb laut.
    Er bekam keine Antwort.
    Dafür hörte er jetzt Schritte. Leise, gemessene Schritte, die sich über das kalte Backsteinpflaster des Bodens näherten.
    »Wer ist da?«, fragte der Student noch einmal. »Abt Andrew, sind Sie das?«
    Wieder erhielt er keine Antwort, und Jonathan merkte, wie sich eine unbestimmte Furcht in seine angeborene Neugier mischte. Er löschte die Kerze, verengte die Augen zu Schlitzen, und in dem spärlichen Licht der Bibliothek, das nur noch vom Mondlicht herrührte, welches in dünnen Fäden durch die schmutzigen Fenster fiel, bemühte er sich etwas zu erkennen.
    Die Schritte kamen unterdessen unbarmherzig näher – und tatsächlich erspähte der Student im Halbdunkel nun eine schemenhafte Gestalt.
    »Wer … wer sind Sie?«, fragte er erschrocken. Eine Antwort erhielt er jedoch nicht.
    Die Gestalt, die einen weiten, wallenden Umhang mit einer Kapuze trug, blickte nicht einmal in seine Richtung. Ungerührt ging sie weiter, vorbei an den schweren Eichenholztischen und auf die Treppe zu, die auf die Balustrade führte.
    Unwillkürlich wich Jonathan zurück, spürte plötzlich kalten Schweiß auf der Stirn.
    Das Holz der Stufen knarrte, als die schattenhafte Gestalt ihren Fuß darauf setzte. Langsam kam sie die Treppe herauf, und mit jedem Schritt wich Jonathan noch weiter zurück.
    »Bitte«, sagte er leise. »Wer sind Sie? Sagen Sie mir doch, wer Sie sind …«
    Die Gestalt erreichte das obere Ende der Treppe, und als sie einen der blassen Strahlen des Mondlichts kreuzte, konnte Jonathan ihr Gesicht sehen.
    Sie hatte keines.
    Entsetzt starrte Jonathan auf die unbewegten Züge einer Maske, aus deren Sehschlitzen ein kaltes Augenpaar blitzte.
    Jonathan zuckte zusammen. Wer ein solch unheimliches Gewand trug und sein Gesicht dazu noch hinter einer Maske verbarg, der führte Böses im Schilde!
    Hastig wandte er sich ab und begann zu laufen. Die Treppe hinunter konnte er nicht, weil die unheimliche Gestalt ihm den Weg versperrte. Also rannte er in die andere Richtung, an der Balustrade entlang und in eine der Gassen, die sich zwischen den Bücherregalen erstreckten.
    Panik stieg in ihm auf. Die alten Bücher und Aufzeichnungen boten ihm plötzlich keinen Trost mehr. Alles, was er wollte, war zu fliehen – doch schon nach wenigen Schritten war seine Flucht zu Ende.
    Die Gasse endete vor einer massiven Wand aus Backsteinen, und Jonathan erkannte, dass er einen schweren Fehler begangen hatte. Er fuhr herum, um ihn wieder gutzumachen – und erkannte, dass es zu spät war.
    Der Vermummte stand bereits am Ende der Gasse. Gegen das spärliche Licht war nur seine Silhouette zu sehen. Finster und bedrohlich versperrte sie Jonathan den Weg.
    »Was wollen Sie?«, fragte er noch einmal, ohne wirklich auf eine Antwort zu hoffen. Seine Augen rollten panisch, suchten nach einem Ausweg, den es nicht

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