Die Bruderschaft vom Heiligen Gral 01 - Der Fall von Akkon
sein Gesicht, als er fortfuhr: »Als Raoul von Liancourt darauf bestand, dass du mich zum Hafen begleitest, habe ich dich ja zum Teufel gewünscht. Doch jetzt bin ich froh, dich an meiner Seite gehabt zu haben, Maurice von Montfontaine. Du weißt, eine Klinge ausgezeichnet zu führen, Kamerad!« Maurice erwiderte das Lächeln. »Was man auch von dir sagen kann, Gerolt von Weißenfels!«, antwortete er und reichte ihm die Hand. »Lass dies den Beginn einer unverbrüchlichen Freundschaft sein!« Gerolt schlug sofort ein. »So sei es, Maurice!« »Lasst auch mich euch danken, Brüder!«, mischte sich da Tarik el-Kharim ein, der indessen zu ihnen getreten war. »Ohne euren mutigen Beistand gäbe es im Akkon heute wohl einen Tempelritter weniger für den Kampf gegen die Mamelucken.« Maurice und Gerolt wandten sich ihm zu und auf ihren Gesichtern stand nun ein skeptischer, ja fast abweisender Ausdruck, wollten sie doch noch immer nicht recht glauben, dass dieser Mann zum Templerorden gehörte. »Ich nehme an, du kämpfst bei den Turkopolen für unseren Orden«, sprach Maurice ihn an. »Und du hast dich wahrlich prächtig geschlagen, soweit ich das mitbekommen habe. Aber bei allem Respekt für deinen Mut und deine beachtliche Fechtkunst gibt dir das noch längst nicht das Recht, für dich in Anspruch zu nehmen, ein Tempelritter zu sein!« Tarik el-Kharim lachte sie belustigt an. »Ihr irrt, ich bin Tempelritter wie ihr, mit allen Pflichten und Privilegien, werte Ordensbrüder. Und was meine ›beachtliche Fechtkunst‹ betrifft, so legt es mir nicht als Überheblichkeit aus, wenn ich behaupte, es im Schwertkampf mit jedem von euch aufzunehmen. Von meinen Fähigkeiten als Bogenschütze will ich erst gar nicht reden. Denn sie dürften eure Künste mit dieser Waffe weit in den Schatten stellen.« »Den Hochmut eines Templers scheinst du jedenfalls schon zu haben«, warf Gerolt trocken ein. »Dem Nichtwissenden scheint die Perle nichts als ein Stein«, konterte Tarik el-Kharim schlagartig mit einem levantinischen Sprichwort und sein selbstbewusstes Lächeln rund um die kräftige Nase wurde dabei noch um eine Spur breiter. »Wenn du wirklich Tempelritter bist, warum trägst du dann nicht wie vorgeschrieben die Clamys?«, wollte Maurice wissen. »Weil sie in Flammen aufgegangen ist und ich noch keine Zeit gefunden habe, mir eine neue zu besorgen«, antwortete Tarik el-Kharim gelassen. »Und um euch meine Stellung im Orden zu offenbaren: Ich gehöre zur Templertruppe der Festung Tortosa. Unser Komtur hat eine Abteilung nach Akkon verlegt. Wir sind hier eingetroffen, kurz bevor sich der Belagerungsring der Ma melucken um die Stadt schloss. Solltet ihr mein Wort jedoch noch immer in Zweifel ziehen, so schlage ich vor, dass ihr euch bei meinem Anführer Pierre von Vignon Gewissheit verschafft. So, und jetzt sollten wir uns um den armen Mann und seine beiden Töchter kümmern!« Sprachlos und nicht ohne eine gewisse Beschämung, sahen sich Gerolt und Maurice an. Dieser Levantiner, der ja wohl kaum von ritterbürgerlicher Abstammung sein konnte, da er ja noch nicht einmal einen christlichen Namen hatte, war doch wahrhaftig ein Tempelritter!
8
Rasch wischten sie das Blut an der Kleidung eines der niedergestreckten Plünderer von ihren Klingen, bevor sie die Schwerter wieder in die Scheiden zurückgleiten ließen. Dann eilten sie zu den Opfern des schändlichen Überfalls. Die noch recht junge Frau, die kaum älter als sechzehn sein konn te, hing wie leblos in ihren Fesseln am Hinterrad des Fuhrwerks. Sie hatte offenbar beim Anblick des Plünderers, der mit einer grässlich klaffenden Wunde tot vor ihr in den Dreck gestürzt war, vor Entsetzen das Bewusstsein verloren. Eilig zerrte Maurice, der zuerst bei ihr war, die vor ihr liegende Leiche von ihr fort und kniete sich zu ihr. Mit einem vorsichtigen Schnitt seines Dolches trennte er die Fesseln durch und brachte ihren grazilen Körper, an das Wagenrad gelehnt, in eine aufrech te, sitzende Stellung. Er strich ihr das lange, wellig blonde Haar, das sich unter den brutalen Händen des Verbrechers im Nacken aus ihrem blauen Seidenband gelöst hatte, aus dem Gesicht. »Kommt zu Euch, werte Frau!«, rief er eindringlich und schlug mit der flachen Hand mehrfach gegen ihre bleichen Wangen, damit sie wieder zu sich kam. »Das Schlimmste ist überstanden, der Kampf ist vorbei. Ihr habt nichts mehr von dem Gesindel zu be fürchten! . . . Könnt Ihr mich hören?« »Ich hole Wasser!«, rief
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