Die Bruderschaft vom Heiligen Gral 01 - Der Fall von Akkon
Domine, sed nomini tuo da gloriam!** So ha ben wir es doch geschworen, nicht wahr?« Leicht betretenes Schweigen trat in der kleinen Gruppe der Or densritter mit dem blutroten Tatzenkreuz auf ihrem Gewand ein, wussten sie doch nur zu gut, dass ohne mächtigen Truppenent satz von Zypern oder aus der Heimat die Chancen schlecht standen, das Heer des Mameluckenherrschers el-Ashraf Khalil zu schlagen und die Belagerung zu brechen. Blieb ein Entsatzheer aus, das diesen Namen auch verdiente, würde Akkon für sie alle zum Grab werden. Denn ein Templer floh nicht vor dem Feind. Niemals. Er harrte aus bis zum letzten Mann, auch wenn die Lage noch so aussichtslos war. Die Ritter vom Tempel waren stets die Ersten beim Angriff und die Letzten beim Rückzug! So verlangten es Ehre und Ordensregel. Und sogar wenn ihnen der Tod gewiss war, galt es, diesem au plus beau, mit Stil, ins Gesicht zu schauen. Während die Turkopolen dem Feuer mit feuchtem Sand zu Leibe rückten, nutzte Wilhelm der Narbige die kurze Atempause, um das lederne Kinnband seines Helms zu öffnen und ihn sich mit der gefütterten Kappe vom Kopf zu reißen, schwitzte er offensichtlich doch noch mehr als Gerolt und die anderen Kameraden. Auf dem Turm, wo noch immer ein Teil der hölzernen Galerie lichterloh brannte, schrie indessen ein Befehlshaber nach einer Abteilung bester Armbrust-und Bogenschützen. Sie sollten von der oberen Plattform aus die muslimischen Mannschaften an den Wurfmaschinen unter Beschuss nehmen. Viel war dadurch zwar nicht zu gewinnen, wie jeder erfahrene Kreuzfahrer wusste, weil sich die gefährlichsten Katapulte und Schleudern sogar für die überragendsten Schützen außer Reichweite ihrer Langbogen befanden. Aber wenigstens würden die Mamelucken an den kleineren, näher stehenden Geräten ihren Blutzoll für ihren wütenden Angriff zahlen. Das war gut gegen das niederdrückende Gefühl der Ohnmacht und damit gut für die Kampfmoral der Männer. Kreuzritter waren in dem zweihundertjährigen Kampf um Jerusalem und das Heilige Land gewohnt, gegen eine oftmals auch zahlenmäßig erdrückende Übermacht des Feindes zu kämpfen – und dennoch zu siegen.
* König von England (1189 – 1199) und legendärer Ritter, der während des dritten Kreuzzuges Akkon 1191 eroberte, aber von Saladin und seinem Heer ein Jahr später eine bittere Niederlage einstecken musste und an der Rückeroberung Jerusalems scheiterte.
* Outremer kommt aus dem Altfranzösischen, bedeutet »jenseits des Mee res, Übersee« und war eine der Bezeichnungen für die Kreuzfahrerstaaten in der Levante, im Heiligen Land. ** Lateinischer Templerspruch: »Nicht uns, Herr, sondern Deinem Namen gib die Ehre!«
Aber die glorreiche Zeit der großartigen Triumphe über die Ungläubigen, die unter dem grünen Tuch ihres Propheten Mohammed mit dem silbernen Halbmond in die Schlacht zogen, gehörte der Vergangenheit an. Jerusalem war schon seit Langem an sie zurückgefallen. Der legendäre muslimische Heerführer Saladin hatte den Kreuzfahrern mit der Rückeroberung der Heiligen Stadt im Jahre 1187, also vor mehr als einem Jahrhundert, eine der bittersten und schmachvollsten Niederlagen zugefügt. Nicht einmal Richard Löwenherz hatte ihm die Stadt wieder entreißen können. Und von den einstmals vielen stolzen Kreuzfahrerfestungen und anderen mächtigen Bollwerken der Christenheit im einstigen christlichen Königreich Jerusalem behauptete sich jetzt nur noch Akkon gegen den scheinbar unaufhaltsamen Vormarsch der Ungläubigen. Fiel jetzt auch noch Akkon, bedeutete das gleichzeitig auch das Ende der Kreuzfahrerstaaten im Lande Christi. Die reiche und stark befestigte Hafenstadt, auf einer Halbinsel gelegen und auf zwei Seiten schützend vom Meer umgeben, hatte in ihrer bewegten Geschichte mehr als einmal einer Belagerung durch ein mächtiges Heer standgehalten. Diesmal sah die Lage jedoch düster aus. Denn Sultan el-Ashraf Khalil lag mit mindestens vierzigtausend Berittenen und mehr als einhundertzwanzigtausend Mann Fußvolk vor Akkon. Dagegen vermochten die Eingeschlossenen gerade mal anderthalbtausend gut bewaffnete, kampferfahrene und berittene Ordensritter und eine sechzehntausend Kopf starke Hilfstruppe aufzubringen. Und mit etwas Glück kamen noch einige Tausend tapfere Männer aus der Bevölkerung der Stadt dazu, die sich auf rund vierzigtausend Seelen belief. Viele von ihnen rüsteten sich schon zur Flucht. Der unaufhörliche Beschuss und die immer neuen Brände, die in der
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