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Die Brücke am Kwai

Die Brücke am Kwai

Titel: Die Brücke am Kwai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Boulle
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eines Majors. In Ermangelung eines Besseren beschloß Oberst Nicholson, sich ihm zu ergeben. Er erteilte seiner Truppe den Befehl »Stillgestanden!«, grüßte vorschriftsmäßig, löste seine Revolvertasche vom Koppel und bot sie mit würdevoller Geste dar.
    Der Major wich zuerst erschrocken vor diesem Geschenk zurück. Dann machte er ein sehr verlegenes Gesicht – und schließlich packte ihn ein langes, barbarisches Gelächter, in das seine Begleiter bald einfielen. Oberst Nicholson zuckte die Achseln und nahm eine hochmütige Haltung an. Immerhin gab er seinen Soldaten Befehl, die Waffen in den Lastwagen zu verladen.
    Während der Zeit, die er in einem Gefangenenlager in der Nähe von Singapur verbrachte, hatte Oberst Nicholson es sich zur Aufgabe gemacht, angesichts der händelsüchtigen und schlampigen Umtriebe der Sieger die angelsächsische Korrektheit aufrechtzuerhalten. Clipton, der an seiner Seite geblieben war, fragte sich bereits zu diesem Zeitpunkt, ob man ihn segnen oder verdammen müsse.
    In Befolgung der Befehle, die er gegeben hatte, um die Anweisungen der Japaner zu bestätigen und aus eigener Autorität heraus zu erweitern, führten sich die Mannschaften seiner Einheit gut auf und ernährten sich schlecht. Das »looting«, das Organisieren von Konserven und anderen Lebensmitteln, das den Gefangenen anderer Regimenter zuweilen in den bombardierten Vororten von Singapur trotz der aufgestellten Posten und oft mit deren Einverständnis glückte, brachte einen wertvollen Zuschuß zu den mageren Rationen. Doch dieses Plündern wurde vom Obersten Nicholson in keiner Weise geduldet. Er ließ durch seine Offiziere Instruktionsstunden erteilen, in denen das Unwürdige eines derartigen Verhaltens gebrandmarkt und darauf hingewiesen wurde, daß die einzige Möglichkeit für den englischen Soldaten, sich bei den derzeitigen Siegern Respekt zu verschaffen, ein tadelloses Verhalten sei. Um festzustellen, ob diesem Befehl gehorcht wurde, ließ er in gewissen Zeitabständen Durchsuchungen vornehmen, die viel schärfer waren als die der Wachposten.
    Diese Instruktionsstunden über den Anstand, den der Soldat in Feindesland zu wahren hat, waren nicht die einzigen Härten, die er seinem Regiment auferlegte. Die Gefangenen waren zu jenem Zeitpunkt noch nicht mit Arbeitsdienst überlastet, denn die Japaner ließen in der Umgebung von Singapur noch keinerlei Befestigungen anlegen. Überzeugt, daß der Müßiggang dem Geist der Truppe abträglich sei, und aus der Besorgnis heraus, die Moral absacken zu sehen, hatte der Oberst ein Beschäftigungsprogramm aufgestellt, um die freie Zeit auszufüllen. Er verpflichtete seine Offiziere, den Mannschaften ganze Kapitel der Dienstverordnung vorzulesen und zu erläutern, ließ Aussprachestunden abhalten und verteilte Auszeichnungen in Form von Belobigungen, die mit seiner Unterschrift versehen waren.
    Selbstverständlich wurde die Unterweisung in der Disziplin nicht vergessen. In bestimmten, immer wiederkehrenden Abständen wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, daß auch innerhalb des Gefangenenlagers die Grußpflicht gegenüber den Vorgesetzten weiterbestehe. Auf diese Weise drohten den »privates« (den Gemeinen), die darüber hinaus noch sämtliche Japaner ohne Unterschied der Dienstgrade zu grüßen hatten, sobald sie die Instruktionen vergaßen, von den japanischen Wachposten Fußtritte und Kolbenschläge und vom Obersten Verwarnungen und die von ihm verhängten Bestrafungen, die manchmal so weit gingen, daß sie während der Ruhezeiten mehrere Stunden lang strammstehen mußten.
    Daß diese spartanische Disziplin im allgemeinen von den Mannschaften gutgeheißen wurde und daß sie sich in dieser Weise einer Autorität unterordneten, die durch keine weltliche Macht mehr gestützt war und von einem Wesen ausging, das seinerseits ebenfalls Quälereien und Brutalitäten ausgesetzt war, nötigte Clipton zeitweilig Bewunderung ab. Er fragte sich, ob man ihren Gehorsam ihrer Achtung vor der Persönlichkeit des Obersten zuschreiben müsse oder eher einigen Vorteilen, die sie ihm verdankten; denn es ließ sich nicht bestreiten, daß sein Starrsinn selbst bei den Japanern Erfolge erzielte. Seine Waffen ihnen gegenüber waren sein Festhalten an Prinzipien, seine Dickköpfigkeit, seine Kraft, sich so lange auf einen bestimmten Punkt zu konzentrieren, bis er Genugtuung erhalten hatte, und das »manual of military law« (das Militärstrafgesetzbuch), in dem die Genfer und die Haager

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