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Die Brüder Karamasow

Die Brüder Karamasow

Titel: Die Brüder Karamasow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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antwortete Aljoscha.
    »Aha. Außerdem habe ich dir gestern selbst befohlen, herzukommen. Das alles ist dummes Zeug. Du hast dich umsonst herbemüht. Ich wußte übrigens, daß du gleich angewetzt kommen würdest ...« Er sagte das in sehr feindseliger Stimmung.
    Inzwischen war er aufgestanden und betrachtete sorgenvoll seine Nase im Spiegel, vielleicht zum vierzigstenmal seit dem Morgen. Dann mühte er sich, das rote Tuch ordentlicher um die Stirn zu legen.
    »Ein rotes macht sich besser, ein weißes erinnert zu sehr an Krankenhaus«, bemerkte er ärgerlich. »Na«, und wie steht es bei dir? Was macht dein Starez?«
    »Es geht ihm sehr schlecht, er wird vielleicht heute sterben«, antwortete Aljoscha. Der Vater hörte jedoch gar nicht zu und hatte seine Frage gleich wieder vergessen.
    »Iwan ist weggegangen«, sagte er plötzlich. »Er macht seinem Bruder Mitja aus Leibeskräften die Braut abspenstig ... Darum hält er sich hier auch auf«, fügte er boshaft hinzu und starrte Aljoscha mit schiefem Mund an.
    »Hat er Ihnen das selbst, gesagt?« fragte Aljoscha.
    »Ja, schon längst. Was glaubst du wohl? Schon vor etwa drei Wochen. Er wird doch nicht auch gekommen sein, mir den Hals abzuschneiden? Zu irgendeinem Zweck muß er doch gekommen sein?«
    »Was reden Sie da? Wie können Sie nur so etwas sagen!« rief Aljoscha bestürzt.
    »Um Geld bittet er mich nicht, das ist richtig, er würde auch keine Kopeke von mir bekommen. Ich beabsichtige, möglichst lange zu leben, mein liebster Alexej Fjodorowitsch, und deshalb brauche ich jede Kopeke. Je länger ich lebe, um so nötiger brauche ich sie«, fuhr er fort, im Zimmer auf und ab gehend, die Hände in den Taschen seines weiten, fettfleckigen, gelben Sommerpaletots. »Jetzt bin ich einstweilen noch ein Mann, erst fünfundfünfzig, aber ich will noch zwanzig Jahre lang meinen Platz als Mann ausfüllen. Wenn ich alt und garstig bin, kommen die Weiber nicht mehr gutwillig, dann brauche ich Geld. Darum spare ich jetzt immer mehr zusammen, immer mehr, und zwar für mich, mein lieber Sohn Alexej Fjodorowitsch, das könnte ihr euch merken! Ich will in meiner Liederlichkeit bis zu meinem Ende weiterleben, das merkt euch. Die Liederlichkeit ist der schönste Genuß, alle Leute schimpfen auf sie, dabei leben sie doch alle liederlich, nur tun sie es heimlich – ich tue es öffentlich. Meine Offenherzigkeit ist auch der Grund, weshalb die anderen über mich herfallen. In dein Paradies, Alexej Fjodorowitsch, will ich gar nicht hinein, für einen ordentlichen Menschen schickt es sich gar nicht, ins Paradies einzugehen, selbst wenn es eins gibt. Nach meiner Ansicht werde ich, sobald ich mal eingeschlafen bin, nicht wieder aufwachen, und nichts wird mehr sein! Erinnert euch meiner, wenn ihr wollt – wollt ihr nicht, so hol euch der Teufel! Das ist meine Philosophie. Gestern hat Iwan hier schöne Reden gehalten, obwohl wir alle betrunken waren. Iwan ist ein Prahlhans, er ist nicht sehr gelehrt und besonders gebildet auch nicht. Er schweigt und lächelt über einen, das ist seine ganze Kunst.«
    Aljoscha hörte schweigend zu.
    »Warum spricht er nicht mit mir? Und wenn er spricht, so schauspielert er. Er ist ein Schuft, dein Iwan! Gruschenka aber werde ich heiraten, sobald ich nur will. Denn wenn man Geld hat, braucht man nur zu wollen, Alexej Fjodorowitsch! Mit Geld läßt sich alles einrichten. Eben das fürchtet Iwan, deshalb paßt er auf mich auf. Damit ich sie nicht heirate! Deshalb drängt er auch Mitka, Gruschenka zu heiraten. Auf diese Weise will er mich von ihr fernhalten – als ob ich ihm Geld vererbe, wenn ich sie nicht heirate! Andererseits will er sich, wenn Mitka Gruschenka heiratet, dessen reiche Braut nehmen, das ist seine Spekulation! Er ist ein Schuft, dein Iwan!«
    »Wie gereizt Sie sind! Das rührt von gestern her. Sie sollten sich hinlegen«, sagte Aljoscha.
    »Siehst du, wenn du das sagst«, bemerkte der Alte, als käme ihm dieser Gedanke zum erstenmal, »wenn du das sagst, bin ich dir nicht böse. Auf Iwan wäre ich böse, würde er dasselbe sagen. Nur wenn ich mit dir zusammen war, hatte ich manchmal Augenblicke, in denen ich gut war, sonst bin ich ein ganz schlechter Kerl.«
    »Sie sind nicht schlecht, nur Ihre Seele ist entstellt«, sagte Aljoscha lächelnd.
    »Hör mal, ich wollte diesen rohen Menschen, den Mitka, heute schon einsperren lassen, und ich weiß auch jetzt noch nicht, wie ich mich entscheide. Zwar ist es heutzutage üblich, den Respekt vor Vater

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