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Die Brüder Karamasow

Die Brüder Karamasow

Titel: Die Brüder Karamasow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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Angesicht in Angesicht, zuckte mit keiner Wimper und blickte ihn gar nicht mehr feindlich an, ich wußte, was ich zu tun hatte. Er schoß, und die Kugel streifte mir nur ein wenig die Backe und das Ohr. »Gott sei Dank!« rief ich. »Sie haben keinen Menschen getötet!« Dann nahm ich meine eigene Pistole, drehte mich um, schleuderte sie in hohem Bogen in den Wald und rief: »Da gehörst du hin!« Darauf wandte ich mich wieder um und sagte zu meinem Gegner: »Mein Herr, verzeihen Sie mir jungem Dummkopf, daß ich Sie durch meine Schuld beleidigt und gezwungen habe, auf mich zu schießen. Ich bin zehnmal schlechter als Sie, und das reicht vielleicht noch lange nicht. Teilen Sie das der Person mit, die Sie über alles in der Welt verehren.« Kaum hatte ich das gesagt, fingen alle drei an durcheinanderzuschreien. »Aber ich bitte Sie!« sagte mein Gegner, richtiggehend zornig geworden. »Wenn Sie sich nicht schlagen wollen, wozu haben Sie mich dann belästigt?« – »Gestern«, antwortete ich ihm fröhlich, »war ich noch dumm. Heute jedoch bin ich verständig geworden.« – »Was Sie von gestern sagen, das glaube ich«, erwiderte er. »Was Sie aber von heute sagen, darin kann ich Ihnen kaum beipflichten.« – »Bravo!« rief ich ihm zu und klatschte dabei in die Hände. »Auch darin bin ich mit Ihnen einverstanden, ich habe es verdient!« – »Werden Sie nun schießen, mein Herr, oder nicht?« – »Nein, ich werde nicht schießen«, sagte ich. »Sie können noch einmal schießen, wenn, Sie wollen. Besser wäre es jedoch für Sie, wenn Sie es nicht täten.« Auch die Sekundanten schrien, besonders meiner: »Das ist eine Schande für das Regiment! Er steht an der Barriere und bittet um Verzeihung! Wenn ich das nur geahnt hätte!« Ich stand da und lachte nicht mehr. »Meine Herren«, sagte ich. »Ist es in unserer Zeit wirklich etwas so Erstaunliches, einen Menschen zu treffen, der seine Dummheit selbst bekennt und öffentlich um Entschuldigung bittet für das, was er selbst verschuldet hat?« – »Aber nicht an der Barriere!« rief mein Sekundant wieder. »Das ist es eben«, antwortete ich ihm. »Das Richtige wäre es gewesen, gleich um Entschuldigung zu bitten, als wir hierherkamen, noch ehe mein Gegner schoß, und ihn nicht zu einer großen Sünde, einer Todsünde zu verleiten. Aber wir selbst haben die Verhältnisse in der Welt so sinnlos gestaltet, daß eine solche Handlungsweise fast unmöglich war. Denn erst jetzt, da ich seinem Schuß auf zwölf Schritt Entfernung standgehalten habe, können meine Worte für ihn eine Bedeutung haben. Hätte ich sie dagegen vor dem Schuß, gleich bei der Ankunft, gesprochen, hätten Sie alle einfach gesagt: Er ist ein Feigling! Er hat Angst vor der Pistole bekommen! Es lohnt nicht, auf ihn zu hören! ... Meine Herren!« rief ich plötzlich aus vollem Herzen. »Blicken Sie um sich auf die Gaben Gottes! Der Himmel ist so klar, die Luft so rein, die Gräser so zart, die Vögel und die ganze Natur so schön und sündlos! Nur wir allein sind gottlos und dumm und verstehen nicht, daß das Leben ein Paradies ist. Wir brauchen nämlich nur danach zu streben, das zu verstehen, dann wird das Paradies sogleich in seiner ganzen Schönheit erstehen, und wir werden uns unter Tränen umarmen ...« Ich wollte noch mehr sagen, konnte es aber nicht. Der Atem versagte mir; es war mir so froh, so jugendlich zumute, und mein Herz war von einer Glückseligkeit erfüllt, wie ich sie noch nie empfunden hatte. »Das ist alles klug und fromm«, sagte mein Gegner. Jedenfalls sind Sie ein origineller Mensch.« – »Lachen Sie nur über mich«, sagte ich lachend zu ihm. »Später werden Sie mich selbst verstehen.« – »Ich bin bereit, Sie auch jetzt schon zu verstehen«, sagte er. »Erlauben Sie, daß ich Ihnen die Hand reiche. Denn Sie scheinen tatsächlich ein aufrichtiger Mensch zu sein.« – »Nein«, versetzte ich, Jetzt ist dafür nicht die Zeit. Später, wenn ich ein besserer Mensch geworden bin und Ihre Achtung verdiene, dann reichen Sie mir bitte die Hand, dann werden Sie damit etwas Gutes tun.« Wir kehrten nach Hause zurück. Mein Sekundant schimpfte während der ganzen Fahrt, ich aber umarmte ihn. Von dem Vorgang erfuhren alle Kameraden sofort, und sie versammelten sich noch an demselben Tag, um über mich Gericht zu halten. »Er hat die Uniform beschmutzt!« hieß es. »Er soll seinen Abschied einreichen!« Es fehlte allerdings auch nicht an Verteidigern. »Er hat aber doch dem Schuß

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