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Die Brüder Löwenherz

Die Brüder Löwenherz

Titel: Die Brüder Löwenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Lindgren
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grünsten Tal von Nangilimas Tälern.
    »Bald ist es Zeit, auf dem Hof die Äpfel zu pflücken«, sagte Jonathan.
    »Dann müßten wir dort sein und ihm helfen. Er ist zu alt, um auf Leitern zu klettern.«
    »Ich wünschte, wir könnten zu ihm«, sagte ich. Alles, was Jonathan über Nangilima gesagt hatte, klang so gut, und ich sehnte mich sehr nach Matthias.
    »Meinst du wirklich?« sagte Jonathan.
    »Ja, warum nicht? Wir könnten dann bei Matthias wohnen. Auf dem Matthishof im Apfeltal in Nangilima.«
    »Erzähl mir, wie es wäre«, sagte ich.
    »Oh, es wäre wunderbar«, sagte Jonathan.
    »Wir könnten in den Wäldern umherreiten und uns bald hier, bald da ein Lagerfeuer machen. Wenn du wüßtest, was für Wälder es in den Tälern von Nangilima gibt! Und tief drinnen in den Wäldern liegen klare kleine Seen. Wir könnten uns jeden Abend an einem anderen See ein Lagerfeuer machen und Tage und Nächte fortbleiben und dann wieder nach Hause zu Matthias zurückkehren.«
    »Und ihm bei der Apfelernte helfen«, fiel ich ein.
    »Aber dann müßten Sophia und Orwar sich allein um das Kirschtal und das Heckenrosental kümmern, ohne dich, Jonathan.«
    »Ja, warum nicht?« sagte Jonathan.
    »Sophia und Orwar brauchen mich nicht mehr, sie können in ihren Tälern selber nach dem Rechten sehen.«
    Danach verstummte er. Wir schwiegen beide. Ich war müde, und mir war gar nicht froh zumute. Von Nangilima zu hören, das so weit von uns entfernt lag, das war kein Trost. Es dunkelte mehr und mehr, und die Berge wurden schwärzer und schwärzer. Große schwarze Vögel schwebten über uns und krächzten traurig, alles war trostlos. Der Karmafall toste, ich hatte dieses Getose satt. Es erinnerte mich nur an das, was ich so gern vergessen wollte. Traurig, traurig war alles miteinander, und froh werde ich wohl nie mehr werden, dachte ich. Ich rückte näher an Jonathan heran. Er saß ganz still da, an die Bergwand gelehnt, und sein Gesicht war blaß. Er sah aus wie ein Märchenprinz, wie ein blasser und müder Märchenprinz. Armer Jonathan, auch du bist nicht froh, dachte ich, oh, wenn ich dich doch ein bißchen froh machen könnte! Mitten in unser Schweigen hinein sagte Jonathan plötzlich:
    »Du, Krümel, ich muß dir etwas sagen!«
    Sofort bekam ich Angst: Wenn er so sprach, dann war es sicher etwas Trauriges.
    »Was mußt du mir sagen?« fragte ich. Er strich mir mit dem Zeigefinger über die Wange.
    »Hab keine Angst, Krümel... aber weißt du noch, was Orwar gesagt hat? Daß die allerwinzigste Flamme von Katlas Feuer ausreicht, einen Menschen zu lahmen oder zu töten, erinnerst du dich, daß er das gesagt hat?«
    »Ja, aber warum mußt du jetzt davon reden?« fragte ich.
    »Weil«, sagte Jonathan, »weil eine winzige Flamme von Katlas Feuer mich getroffen hat, als wir vor ihr flohen.«
    Das Herz war mir den ganzen Tag über schwer gewesen von all dem Kummer und dem Schrecken, aber ich hatte nicht geweint. Jetzt brach das Weinen fast wie ein Schrei aus mir heraus.
    »Nein, Krümel es geht nie vorüber«, sagte Jonathan. »Nur wenn ich nach Nangilima kommen könnte!«
    Nur wenn er nach Nangilima kommen könnte. - Jetzt begriff ich! Er wollte mich wieder allein lassen, ich wußte es! Schon einmal war er ohne mich davongegangen, nach Nangijala ...
    »Nein, nicht noch einmal«, schrie ich. »Nicht ohne mich! Du darfst nicht ohne mich nach Nangilima!«
    »Möchtest du denn mitkommen?« fragte er.
    »Ja, was denn sonst!« rief ich.
    »Habe ich dir nicht gesagt wo du hingehst, da gehe ich auch hin?«
    »Das hast du gesagt, und das ist mein Trost«, sagte Jonathan.
    »Aber dorthin zu kommen ist nicht leicht.« 
    Eine Weile schwieg er, doch dann fuhr er fort:
    »Weißt du noch - damals, als wir gesprungen sind? Dieser schreckliche Augenblick, als es brannte und wir auf den Hof hinuntersprangen. Damals kam ich nach Nangijala, erinnerst du dich?«

    »Und ob ich mich erinnere!« sagte ich und weinte noch mehr.
    »Wie kannst du nur so fragen? Weißt du denn nicht, daß ich seither immer daran gedacht habe?«
    »Doch, ich weiß«, sagte Jonathan und streichelte mir wieder die Wange.
    »Ich dachte, wir könnten vielleicht noch einmal springen. Hier den Abgrund hinunter. Dort unten auf die Wiese.«
    »Ja, dann sterben wir«, sagte ich.
    »Aber kommen wir dann auch nach Nangilima?«
    »Ja, ganz gewiß«, sagte Jonathan.
    »In dem Augenblick, wo wir dort unten ankommen, sehen wir schon das Licht von Nangilima. Wir sehen die Morgensonne

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