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Die Brüder Löwenherz

Die Brüder Löwenherz

Titel: Die Brüder Löwenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Lindgren
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was denn sonst?« sagte Matthias und drückte ihm das Holzplättchen in die Hand. Jonathan steckte es in die Tasche.
    »Das zeige ich am Tor vor«, sagte er. »Dann sieht der Oberbewacher, daß ich nicht lüge.«
    Alles ging sehr schnell. Wir sattelten die Pferde in Windeseile. Währenddessen konnte Jonathan noch rasch berichten, wie er durch das Große Tor hereingekommen war. Matthias wollte es hören.
    »Es war ganz einfach«, sagte Jonathan. »Ich gab das Losungswort, genau wie ich es von Krümel gelernt hatte - Alle Macht Tengil dem Befreier-, und da fragte der Oberbewacher: »Woher kommst du, wohin gehst du, und wie lautet dein Auftrag?«
    »Von Karmanjaka zum Matthishof, um zwei Pferde für Tengil abzuholen«, antwortete ich. »Passieren«, rief er. »Danke«, sagte ich. Und da bin ich also. Aber ich muß zum Tor hinaus, bevor der nächste Tengilmann herein will, denn sonst wird es heikel.«
    Wir schafften die Pferde schneller aus dem Stall, als sich sagen läßt und Jonathan packte Grims Sattel und saß auf. Fjalar nahm er beim Zügel.
    »Gib gut auf dich acht, Matthias«, sagte er» »Also, bis wir uns wiedersehen!«
    Und dann ritt er mit den beiden Pferden davon. So ohne weiteres!
    »Ja, aber ich«, schrie ich. »Was ist mit mir?« Jonathan winkte mir zu. »Das sagt dir Matthias«, rief er.
    Und da stand ich und starrte ihm nach und kam mir ganz dumm vor. Aber Matthias erklärte es mir. »Du kannst dir doch denken, daß sie dich nie im Leben durch das Große Tor gelassen hätten«, sagte er. »Du mußt durch den Gang kriechen, sobald es dunkel ist. Jonathan erwartet dich auf der anderen Seite.«
    »Ist das sicher?« fragte ich. »Und wenn ihm im letzten Augenblick etwas zustößt?«
    Matthias seufzte.
    »Nichts ist sicher in einer Welt, in der Tengil lebt«, antwortete er. »Aber wenn wirklich alles mißlingen sollte, dann kehrst du um und bleibst bei mir.«
    Ich versuchte, mir alles vorzustellen. Zuerst mußte ich also ganz allein durch den Gang kriechen. Schon das war schrecklich. Dann würde ich jenseits der Mauer im Wald rauskommen und dort vielleicht keinen Jonathan vorfinden. Ich würde im Dunkeln hocken und warten und warten und schließlich begreifen, daß alles schiefgegangen war. Und dann mußte ich wieder zurückkriechen. Und ohne Jonathan leben! Wir standen vor dem Stall, der nun leer war. Und plötzlich fiel mir etwas ganz anderes ein.
    »Aber, Matthias, was wird mit dir, wenn der aus Karmanjaka kommt und kein Pferd im Stall findet?« »Aber natürlich steht da ein Pferd«, sagte Matthias. »Denn jetzt lauf ich schnell zum Nachbarhof und hole mein eigenes Pferd zurück. Dort hatte ich es nämlich untergestellt, solange Grim in meinem Stall stand.«
    »Dann nimmt er dir doch dein Pferd weg«, sagte ich. »Das soll er nur versuchen!«
    sagte Matthias. Matthias brachte sein Pferd in letzter Minute heim. Kaum stand es im Stall, erschien der Mann, der Fjalar holen sollte. Und er brüllte und krakeelte und schimpfte wie alle Tengilmänner. Weil nur ein Pferd im Stall stand und weil Matthias es nicht hergeben wollte.
    »Nein, du!« sagte Matthias. »Ein Pferd darf jeder haben, das weißt du ganz genau.
    Und das andere habt ihr, verflixt noch mal, schon abgeholt und dafür mein Namenszeichen bekommen. Ist es etwa meine Schuld, daß ihr alles durcheinander-bringt und der eine Holzkopf nicht weiß, was der andere tut?«
    Manche Tengilmänner wurden wütend, wenn Matthias dreist zu ihnen war, andere wurden nachgiebig, doch dieser, der Fjalar abholen sollte, war völlig verdattert.
    »Dann muß wohl ein Irrtum passiert sein«, sagte er und trottete davon wie ein begossener Pudel.
    »Matthias, hast du denn niemals Angst?« fragte ich, als der Mann fort war.
    »Aber sicher habe ich Angst«, antwortete Matthias. »Fühl mal, wie mein Herz klopft.« Und er nahm meine Hand und legte sie sich auf die Brust. »Alle haben wir Angst, nur darf man es manchmal nicht zeigen.«
    Dann kamen der Abend und die Dunkelheit. Nun wurde es Zeit für mich, das Heckenrosental zu verlassen. Und Matthias.
    »Leb wohl, mein Junge«, sagte Matthias. »Vergiß deinen Großvater nicht!«
    »Nein, nie, niemals werde ich dich vergessen«, sagte ich. Und dann war ich allein unter der Erde. Ich kroch durch den langen, finsteren Gang, und die ganze Zeit über sprach ich mit mir selber, um mich zu beruhigen und keine Angst zu bekommen. »Nein, es macht nichts, daß es stockfinster ist... Nein, du erstickst ganz bestimmt nicht... Ja, ein

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