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Die Bücherdiebin

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Titel: Die Bücherdiebin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Zusak
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»komm nachher wieder. Ich hole dich ab. Wo wohnst du?«
    Mehr als drei Stunden später klopfte es an die Tür von Nummer 33, und vor ihr stand der Mann. Die Kirschen aus Blut waren zu Pflaumen geworden.
    »Sie erwartet dich jetzt.«
    Draußen im diesigen grauen Licht konnte sich Liesel nicht beherrschen. Sie fragte, was mit seiner Hand passiert war. Er blies etwas Luft aus seinen Nasenlöchern, eine einzige Silbe, und dann antwortete er: »Stalingrad.«
    »Wie bitte?« Er hatte in den Wind hineingeschaut, als er das sagte. »Ich habe Sie nicht verstanden.«
    Er antwortete noch einmal, lauter, und jetzt gab er ihr eine ausführliche Erklärung. »Stalingrad ist mit meiner Hand passiert. Ich bekam eine Kugel in die Rippen, und drei meiner Finger wurden abgeschossen. Beantwortet das deine Frage?« Er stopfte die gesunde Hand in die Jackentasche und zitterte vor Verachtung über den deutschen Wind. »Du glaubst wohl, hier ist es kalt, was?«
    Liesel berührte die Wand neben sich. Sie konnte nicht lügen. »Ja, natürlich.«
    Der Mann lachte. »Das ist keine Kälte.« Er holte eine Zigarette hervor und steckte sie sich zwischen die Lippen. Einhändig versuchte er, ein Streichholz anzuzünden. Bei diesem ekelhaften Wetter wäre es schon mit zwei Händen schwierig gewesen, mit einer jedoch war es ein hoffnungsloses Unterfangen. Er ließ die Streichholzschachtel fallen und fluchte.
    Liesel hob sie auf.
    Sie nahm ihm die Zigarette ab und steckte sie sich in den Mund. Aber auch sie konnte sie nicht anzünden.
    »Du musst daran ziehen«, erklärte ihr der Mann. »Bei diesem Wetter kriegst du sie nur an, wenn du daran ziehst, verstehst du?«
    Sie versuchte es wieder und überlegte, wie ihr Papa es immer getan hatte. Diesmal füllte sich ihr Mund mit Rauch. Er kletterte zwischen ihren Zähnen hindurch und kratzte ihre Kehle, aber sie unterdrückte ein Husten.
    »Gut gemacht.« Er nahm die Zigarette, inhalierte und hielt ihr dann seine unverletzte Hand hin, die linke. »Michael Holzinger.«
    »Liesel Meminger.«
    »Kommst du, um meiner Mutter vorzulesen?«
    In diesem Moment tauchte Rosa hinter Liesel auf, und das Mädchen spürte den Schock in ihrem Rücken. »Michael?«, fragte Rosa. »Bist du das?«
    Michael Holzinger nickte. »Guten Tag, Frau Hubermann. Es ist lange her.« »Du siehst so...« »Alt aus?«
    Rosa war immer noch erschrocken, aber sie fasste sich schnell. »Möchtest du hereinkommen'; Wie ich sehe, hast du ja meine Pflegetochter schon kennengelernt...« Ihre Stimme wanderte beim Anblick der blutigen Hand davon.
    »Mein Bruder ist tot«, sagte Michael Holzinger, und er hätte sie nicht heftiger treffen können, wenn er mit seiner unverletzten Hand zugeschlagen hätte. Rosa schwankte. Sicher, Krieg bedeutete Sterben, aber dennoch zog es einem immer den Boden unter den Füßen weg, wenn es jemanden traf, den man gut kannte. Rosa hatte die beiden Holzinger-Jungs aufwachsen sehen.
    Der gealterte junge Mann fand die Kraft, knapp zu berichten, was geschehen war, ohne die Fassung zu verlieren. »Ich war in einem der Gebäude, die wir als Krankenhaus benutzten, als man ihn brachte. Eine Woche bevor ich nach Hause fuhr. Drei Tage lang saß ich bei ihm, bis er starb.«
    »Es tut mir leid.« Die Worte schienen nicht aus Rosas Mund zu kommen. An diesem Abend stand jemand anderes hinter Liesel Meminger, aber sie wagte nicht, sich umzudrehen und nachzusehen.
    »Bitte.« Michael hob die Hand. »Reden wir nicht mehr darüber. Kann ich das Mädchen zum Vorlesen mitnehmen? Ich bezweifle zwar, dass meine Mutter etwas hören wird, aber sie sagte, ich solle sie holen.«
    »Ja, nimm sie mit.«
    Sie waren schon fast am Tor, als Michael Holzinger sich an etwas erinnerte. Er drehte sich um. »Rosa?« Er wartete, bis Mama die Tür wieder ganz aufgemacht hatte. »Ich habe gehört, dass Ihr Sohn auch da war. In Russland. Ich habe jemanden aus Molching getroffen, und der hat's mir erzählt. Aber ich bin sicher, das wussten Sie bereits.«
    Rosa versuchte, ihn zurückzuhalten. Sie eilte hinaus und hielt ihn am Ärmel fest. »Nein. Er ist eines Tages weggegangen und nie zurückgekommen. Wir haben versucht, ihn zu finden, d abei dann ist so viel passiert. Es war...«
    Michael Holzinger war zur Flucht entschlossen. Das Letzte, was er jetzt hören wollte, war eine weitere tränenreiche Geschichte. Er löste sich mit einem Ruck von Rosa und sagte: »Soweit ich weiß, ist er am Leben.« Er ging zu Liesel, die am Tor stand, aber das Mädchen folgte ihm

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