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Die Bücherdiebin

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Titel: Die Bücherdiebin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Zusak
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paar Zentimeter größer als Mama. Sie hatte von Rosa Hubermann den wenig reizvollen, watschelnden Gang mitbekommen, aber in allen anderen Dingen war sie sanfter als ihre Mutter. Sie arbeitete als Hausmädchen in einem wohlhabenden Wohnviertel in München und hatte keinen Sinn für Kinder, aber Liesel schenkte sie dennoch stets ein paar freundliche Worte und ein Lächeln. Sie hatte weiche Lippen. Eine leise Stimme.
    Hans junior hatte von seinem Vater die Augen und die Körpergröße geerbt. Aber das Silber in seinen Augen war nicht warm wie bei Papa; es war geführert worden. Er hatte auch mehr Fleisch auf den Knochen und stachelige blonde Haare sowie eine kalkweiße Haut.
    Sie waren gemeinsam mit dem Zug aus München gekommen, und es dauerte nicht lange, bis die alten Spannungen wieder an die Oberfläche kamen.
    EIN PAAR WORTE ÜBER DAS VERHÄLTNIS ZWISCHEN HANS HUBERMANN UND SEINEM SOHN
    Der junge Mann war ein Nazi, sein Vater war es nicht. In den Augen von Hans junior gehörte sein Vater in das alte, verrottete Deutschland - in jene Vergangenheit, in der die Regierenden allen gestattet hatten, dem Vaterland auf der Nase herumzutanzen, während das eigene Volk litt. Als Jugendlicher hatte er miterlebt, wie sein Vater »Judenmaler« genannt wurde, weil er die Häuser von Juden anstrich. Dann geschah etwas, wovon ich euch bald erzählen werde - es war der Tag, an dem Hans, der kurz davor stand, in die Partei einzutreten, alles vermasselte. Jeder wusste, dass man Schmierereien an jüdischen Schaufenstern besser nicht übermalte. Ein solches Verhalten war undeutsch und zog für den Sünder Konsequenzen nach sich.
    »Also, haben sie dich aufgenommen?«, fuhr Hans junior da fort, wo er an aufgehört hatte.
    »Wo aufgenommen?«
    »Na, wo wohl - in die Partei.«
    »Nein, ich glaube, sie haben mich vergessen.«
    »Hast du es denn jemals wieder versucht? Du kannst nicht herumsitzen und darauf warten, dass die neue Zeit über dich kommt und dich mitreißt. Du musst selbst hinausgehen und ein Teil davon werden - trotz deiner Fehler in der Vergangenheit.«
    Papa schaute auf. »Fehler? Ich habe in meinem Leben viele Fehler gemacht, aber nicht in die Partei einzutreten war keiner davon. Sie haben immer noch meinen Antrag, und das weißt du auch, aber ich kann nicht mehr da hingehen und fragen. Ich kann nicht...«
    In diesem Augenblick erreichte sie ein großes Beben.
    Es tanzte mit der Brise durchs Fenster hinein. Vielleicht war es der Atem des Dritten Reiches, der sich zu seiner vollen Stärke sammelte. Oder vielleicht war es Europa, das wieder zu Atem kam. Wie auch immer, es fiel zwischen sie, während ihre metallischen Augen über den Küchentisch hinweg aufeinanderklirrten.
    »Du hast dich noch nie um dieses Land geschert«, sagte Hans junior. »Jedenfalls nicht genug.«
    Papas Augen fingen an zu rosten. Doch Hans junior ließ nicht mehr von ihm ab. Aus irgendeinem Grund schaute er jetzt das Mädchen an. Ihre drei Bücher standen aufrecht auf dem Tisch, und Liesel formte mit ihrem Mund schweigend, wie ins Gespräch vertieft, die Worte, die sie las. »Was liest das Mädchen überhaupt für ein Zeug? Sie sollte Mein Kampf lesen.«
    Liesel schaute auf.
    »Kümmer dich nicht darum, Liesel«, sagte Papa. »Lies ruhig weiter. Er weiß nicht, was er sagt.«
    Aber Hans junior war noch nicht fertig. Er trat näher und sagte: »Man ist entweder für den Führer oder gegen ihn - und ich sehe klar und deutlich, dass du gegen ihn bist. Das warst du schon immer.« Liesel betrachtete ihn, schaute ihm ins Gesicht, auf die dünnen Lippen und den felsigen Grat seiner unteren Zahnreihe. »Es ist jämmerlich - wie kann ein Mann dastehen und untätig sein, während eine ganze Nation den Müll wegräumt und sich selbst zu wahrer Größe aufschwingt?«
    Trudi und Mama saßen schweigend da, ängstlich, genauso wie Liesel. In der Luft hing der Geruch von Erbsensuppe, von etwas Brennendem und von Streit.
    Alle warteten auf die nächsten Worte.
    Der Sohn sprach sie aus. Es waren nur zwei.
    »Du Feigling.« Er schleuderte sie Papa ins Gesicht, dann machte er auf dem Absatz kehrt und verließ das Haus.
    Gleichwohl vergeblich, ging Papa zur Tür und rief seinem Sohn hinterher: »Feigling? Ich soll hier der Feigling sein?« Dann eilte er ihm nach. Mama lief zum Fenster, öffnete es und schlug die Fahne beiseite. Sie, Trudi und Liesel standen dicht beieinander und schauten zu, wie ein Vater seinen Sohn einholte, ihn am Arm griff und ihn anflehte, stehen zu

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