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Die Bücherdiebin

Die Bücherdiebin

Titel: Die Bücherdiebin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Zusak
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einziges Mal die Kommunisten erwähnt worden, obwohl natürlich Leute mit derlei politischen Ansichten ihrer gerechten Strafe ebenso wenig entgehen würden.
    Sie musste weg.
    Vor ihr saß ein Kopf mit blonden Rattenschwänzen reglos auf seinem Hals. Liesel starrte ihn an und besuchte in Gedanken wieder jene dunklen Räume ihrer Vergangenheit, wo ihre Mutter Fragen beantworten musste, die aus einem einzigen Wort bestanden.
    Sie sah jetzt alles klar vor sich.
    Ihre ausgezehrte Mutter. Ihren verschwundenen Vater. Kommunisten. Ihren toten Bruder.
    »Und jetzt sagen wir Lebewohl zu diesem Unrat, diesem Gift.«
    Kurz bevor sich Liesel mit Übelkeit im Magen umdrehte, um der Menge zu entfliehen, trat die Kreatur in der glänzend braunen Uniform vom Podium. Er nahm aus der Hand eines Komplizen eine Fackel entgegen und zündete den Haufen an, der ihn mit seiner gesamten Schuldlast zwergenhaft erscheinen ließ. »Heil Hitler!«
    Das Publikum: »Heil Hitler!«
    Eine Ansammlung von Männern schritt von einer Plattform und umringte den Haufen, entzündete ihn an unterschiedlichen Stellen, sehr zum Wohlwollen der Menge. Stimmen kletterten über Schultern, dann der Geruch nach reinem deutschen Schweiß, zunächst zögerlich, dann in Strömen. Er umfloss eine Ecke nach der anderen, bis alle darin schwammen. Die Worte. Der Schweiß. Und das Lächeln. Das Lächeln dürfen wir nicht vergessen.
    Viele scherzhafte Bemerkungen folgten, und eine weitere »Heil Hitler!«-Welle überkam sie. Wisst ihr, ich frage mich wirklich, ob nicht irgendwann irgendwo beim Hitlergruß jemand einmal ein Auge verloren oder sich die Hand oder den Arm gebrochen hat. Man musste doch bloß zur falschen Zeit in die falsche Richtung schauen oder zu nah vor jemandem stehen. Vielleicht wurden tatsächlich Leute verletzt. Aber ich kann euch aus erster Hand versichern, dass niemand daran starb, jedenfalls nicht körperlich. Da waren natürlich noch die vierzig Millionen Menschen, die ich insgesamt aufgesammelt habe, bis alles vorbei war. Aber zu erklären, wie diese beiden Dinge zusammenhängen, würde hier zu weit führen... Erlaubt mir nun, mich wieder dem Feuer zuzuwenden.
    Die orangefarbenen Flammen winkten der Menge zu, als sich Papier und Druckerschwärze in ihrem Innern auflösten. Brennende Worte wurden ihren Sätzen entrissen.
    Auf der anderen Seite, jenseits der flackernden Hitze, konnte man die Braunhemden und Hakenkreuze sehen, die sich an den Händen gefasst hatten. Die Menschen sah man nicht. Nur Uniformen und Abzeichen.
    Darüber zogen Vögel ihre Runden.
    Sie kreisten, wahrscheinlich angezogen von dem Leuchten - bis sie der Hitze zu nahe kamen. Oder den Menschen? Im Vergleich mit ihnen war die Hitze des Feuers nicht der Rede wert.
    In ihrem Bemühen zu entkommen wurde sie von einer Stimme eingefangen. »Liesel!«
    Sie bahnte sich ihren Weg zu ihr, und Liesel erkannte sie. Es war nicht Rudi, aber sie kannte die Stimme.
    Sie befreite sich mit einem Ruck und fand das Gesicht, das zu der Stimme gehörte. O nein. Ludwig Schmeikl. Aber er spottete oder scherzte nicht, wie sie es erwartet hatte; er sprach überhaupt nicht mit ihr. Er zog sie nur zu sich und deutete auf seinen Fußknöchel. Er war in all der Erregung eingequetscht worden und blutete dunkel und drohend durch die Socke. Auf seinem Gesicht unter dem zerzausten blonden Haar lag ein Ausdruck von Hilflosigkeit. Ein Tier. Kein Reh, das im Scheinwerferlicht gefangen war. Nichts so Typisches oder deutlich Erkennbares. Er war nur irgendein Tier, das inmitten eines Aufruhrs von seiner eigenen Herde verletzt worden war und in Kürze niedergetrampelt werden würde.
    Sie half ihm hoch und schleppte ihn an den Rand. Frische Luft.
    Sie taumelten zu den Treppenstufen der Kirche. Dort war es nicht ganz so beengt, und sie ruhten sich aus, beide erleichtert.
    Atem brach aus Schmeikls Mund hervor. Die Luft rutschte nach unten, seine Kehle hinab. Er brachte Worte zustande.
    Er saß da, hielt sich den Fußknöchel und schaute Liesel Meminger ins Gesicht. »Danke«, sagte er, mehr zu ihrem Mund als zu ihren Augen. Noch ein paar Atemklumpen. »Und...« Sie beide sahen die Bilder einer Schulhofhänselei vor sich, gefolgt von einer Schulhofabreibung. »Es tut mir leid - du weißt schon...«
    Liesel hörte es wieder.
    Kommunisten.
    Aber sie entschloss sich, ihre Aufmerksamkeit Ludwig Schmeikl zu widmen. »Mir auch.«
    Danach konzentrierten sich beide aufs Atmen, denn es gab nichts mehr zu sagen oder zu tun. Sie hatten

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