Die Chaos Queen
mich. Zuerst aß ich alle Stücke, die mit rosa Rosen verziert waren. Langsam wurde mir übel, dennoch schaufelte ich weiter. Als Nächstes vertilgte ich alle Stücke mit gelben Rosen. Schließlich waren nur noch eins mit einer lila Rose und zwei Stücke ohne Verzierung übrig. Ich konnte nicht mehr. Es passte kein Krümel mehr rein. Wankend ging ich ins Schlafzimmer. Ein kurzes Nickerchen konnte nicht schaden.
Ich zog ein T-Shirt und eine Boxershorts mit Gummiband an. Sind Gummibänder nicht eine göttliche Erfindung? Ich hatte bereits ein Knie auf dem Bett, da entdeckte ich den an meinem Kopfkissen befestigten Zettel: »PASS AUF! BEIM NÄCHSTEN MAL ZIELE ICH HÖHER.«
Wenn ich nicht gerade fünf Stück Geburtstagstorte gegessen hätte, wäre ich wahrscheinlich vor Angst zusammengefahren. So war meine größte Sorge, ehrlich gesagt, dass alles wieder herauskam. Ich sah unterm Bett, hinterm Duschvorhang und in allen Wandschränken nach: nirgends ein furchterregendes Ungeheuer. An der Wohnungstür schob ich den Riegel vor und schlurfte ins Schlafzimmer zurück.
Die Sache ist folgende: Es war nicht das erste Mal, dass bei mir eingebrochen worden war. Ganz im Gegenteil, ich bekomme regelmäßig Besuch. Ranger stiehlt sich herein wie Rauch. Morelli hat einen Schlüssel. Auch verschiedenen Bösewichten und Psychopathen ist es gelungen, die drei Schlösser an meiner Tür zu knacken. Manche haben sogar Drohbriefe hinterlassen. Deshalb war ich nicht ganz so eingeschüchtert, wie ich vor meinem Job im Kautionsbüro gewesen wäre. Meine Gefühle bewegten sich eher in Richtung stummer Verzweiflung. Ich wollte, dass all die grässlichen Dinge aus meinem Leben verschwanden. Ich hatte einfach keine Lust mehr auf Angst. Ich war meinen schrecklichen Job los, jetzt wollte ich auch keine schrecklichen Menschen mehr um mich haben. Ich wollte nie wieder entführt werden. Ich wollte nie wieder ein Messer oder eine Pistole an der Kehle spüren. Ich wollte nicht mehr bedroht, verfolgt oder von einem verrückten Selbstmörder von der Straße gedrängt werden.
Ich krabbelte ins Bett und zog mir die Decke über den Kopf. Fast war ich eingeschlafen, als die Decke zurückgerissen wurde. Ich schrie auf. Vor mir stand Ranger.
»Was willst du hier?«, raunzte ich ihn an und zog die Decke hoch.
»Dich besuchen, Babe.«
»Schon mal auf die Idee gekommen zu klingeln?«
Ranger lächelte auf mich hinunter. »Dann würde es ja keinen Spaß mehr machen.«
»Wusste nicht, dass es dir um Spaß geht.«
Er setzte sich auf die Bettkante und grinste noch breiter. »Du riechst zum Fressen gut«, bemerkte Ranger. »Wie eine Geburtstagsfeier.«
»Das kommt von der Geburtstagstorte. Soll das schon wieder so eine Anspielung sein?«
»Allerdings«, sagte Ranger, »aber führt ja zu nichts. Ich muss wieder zur Arbeit. Tank wartet mit laufendem Motor auf mich. Ich wollte nur wissen, ob es dir ernst ist mit dem Aufhören.«
»Ich habe einen neuen Job in der Knopffabrik. Ab morgen.«
Ranger nahm den Zettel vom Kopfkissen. »Neuer Freund?«
»Muss jemand eingebrochen sein, als ich unterwegs war. Wahrscheinlich hat derselbe Kerl heute Nachmittag auf mich geschossen.«
Ranger stand wieder auf. »Du solltest es nicht so weit kommen lassen. Brauchst du Hilfe?«
»Noch nicht.«
»Babe«, sagte Ranger.
Dann war er weg.
Ich lauschte angestrengt, hörte die Wohnungstür aber weder auf- noch zugehen. Auf Zehenspitzen schlich ich durch die Wohnung. Kein Ranger. Alle Schlösser waren abgesperrt, der Riegel war an seinem Platz. Möglicherweise war Ranger durchs Wohnzimmerfenster entkommen, aber dann hätte er wie Spider-Man an der Hauswand hinabklettern müssen.
Das Telefon klingelte. Ich wartete, bis die Nummer im Display erschien. Es war Lula.
»Yo«, grüßte ich.
»Yo am Arsch. Du hast vielleicht mal Nerven, mir diesen Job an die Backe zu kleben.«
»Du hast dich doch freiwillig gemeldet!«
»Wahrscheinlich hatte ich einen Sonnenstich. Man muss schon verrückt sein, wenn man so was macht.«
»Ist was passiert?«
»Allerdings! Alles läuft schief! Ich könnte ein bisschen Hilfe gebrauchen! Ich versuche gerade, Willie Martin zu schnappen, aber er verhält sich nicht besonders kooperativ.«
»Wie unkooperativ ist er?«
»Er hat sich mit seinem fetten Breitarsch verdrückt und mich mit Handschellen an dieses ätzende Monsterbett gefesselt.«
»Ziemlich unkooperativ!«
»Ja, aber es kommt noch schlimmer. Ich habe sozusagen nichts Richtiges an.«
»Ach,
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