Die Knickerbocker Bande 29 - Der eiskalte Troll
Der schwimmende Grabstein
„Seht ihr die schwarze, eckige Boje, die vom Eis eingeschlossen ist?“ fragte Björn. Die vier Mitglieder der Knickerbocker-Bande nickten. Der junge Norweger senkte geheimnisvoll die Stimme und sagte: „Das ist ein Grabstein. Ein schwimmender Grabstein!“
Axel, Lilo, Poppi und Dominik konnten es nicht glauben. Sie standen auf dem dicken Eis eines großen Sees in Norwegen. Obwohl es erst kurz nach zwei Uhr am Nachmittag war, dämmerte es bereits. Schnee fiel in dicken Flocken vom Himmel.
„Traut ihr euch näher heran?“ erkundigte sich Björn bei seinen Freunden.
„Natürlich! Oder wird uns der schwimmende Grabstein beißen?“ lautete Axels Kommentar dazu.
Björn grinste: „Das nicht, aber vergiß eines nicht, Axel: Der Grabstein markiert ein Grab. Unter dir im Wasser des Sees befindet sich ein Toter!“
Poppi erschauderte. Dominik verzog wütend den Mund. „Björn, spar dir deine Schauergeschichten und sag uns lieber, wie es zu diesem ,schwimmenden Grabstein’ gekommen ist!“ wollte er wissen.
Schritt für Schritt ging die Bande mit dem norwegischen Burschen auf die grabsteinförmige Boje zu. Die Eisdecke hielt sie fest umschlossen. „An dieser Stelle hat sich auf den Tag genau vor einem Jahr etwas Entsetzliches abgespielt“, begann Björn zu berichten. „Ein Stück von hier entfernt befindet sich eine kleine Insel. Auf ihr steht ein Bauernhof, der dem Bauern Gustavson gehört hat. Herr Gustavson lebte dort mit seiner Frau und seinen Söhnen Lars und Eric. Lars ist ein besonders sanfter, stiller Bursche. Eric sieht aus wie ein echter Wikinger. Er hat rotes Haar und einen wilden roten Bart. Er tut immer nur, was er will, und er ist gierig und mies!“ Björn erzählte so spannend, daß ihm die Knickerbocker aufmerksam zuhörten. „Es war am ersten Dezember des vergangenen Jahres, als der Bauer Gustavson am Abend mit seinem Hundeschlitten in die Stadt fuhr. Frau Gustavson lag krank im Bett und brauchte Medizin. Kaum war der Bauer fort, stürmte Eric ins Haus. Er tobte und brüllte und wollte auf der Stelle seinen Vater sprechen. Frau Gustavson sagte ihm, daß der Bauer in die Stadt unterwegs sei. Da rannte ihm Eric hinterher. Wenige Minuten später hörte die Bäuerin einen langen, gequälten Schrei ihres Mannes. Die Hunde bellten in höchster Not, und es dauerte nicht lange, bis die Tiere vor dem Haus auftauchten - ohne Schlitten. Ihre Zugriemen waren durchgeschnitten worden. Frau Gustavson lief trotz ihrer Krankheit ins Freie und auf den zugefrorenen See hinaus. Sie rief nach ihrem Mann und nach Eric, aber sie erhielt keine Antwort. Doch dann entdeckte sie die Lampe, die der Bauer bei sich gehabt hatte. Sie lag neben dem großen Loch, das er am Vortag ins Eis geschlagen hatte, um Fische zu fangen. Rund um die Öffnung war alles feucht. Das bedeutete...“ „...daß etwas ins Wasser gefallen oder aus dem Wasser gekommen war“, setzte Lieselotte fort.
Björn nickte. Die Knickerbocker-Bande war mittlerweile bei dem schwimmenden Grabstein angelangt, und Björn hockte sich daneben hin. Er wischte den Schnee von dem weißlackierten Blech. Darunter kam eine schwarze Inschrift zum Vorschein. „Aber das war noch nicht alles“, fuhr er fort. „Der Schlitten steckte im Eisloch wie ein Korken in der Flasche. Vom Bauern Gustavson und seinem Sohn keine Spur. An den Spuren im frisch gefallenen Schnee konnte die Bäuerin erkennen, daß ein Kampf stattgefunden haben mußte. Sie rang verzweifelt die Hände und schaffte es mit letzter Kraft zum Bauernhaus zurück, wo sie sich einschloß und zusammenbrach. Zu schrecklich war der Verdacht, der ihr gekommen war.“
Axel begriff, wovon Björn redete. „Du meinst... Eric hat seinen Vater in das eiskalte Wasser gestoßen und den Schlitten im Loch verspreizt, damit er nicht mehr hochkommen konnte und... und... ertrinken... mußte?“
Björn nickte stumm. „Es gibt kein Telefon auf dem Bauernhof, und erst am nächsten Tag kam der andere Sohn, Lars, zurück. Er arbeitet in der Stadt Trondheim bei der Post und bewohnt dort auch ein kleines Zimmer. Er fand seine Mutter völlig entkräftet vor und ließ sie sofort ins Krankenhaus bringen. Danach mußte er etwas Grauenhaftes tun. Er ging zur Polizei, um dort seinen eigenen Bruder anzuzeigen. Eric, der Bootsbauer war, wurde festgenommen. Er hatte aber ein Alibi für die Nacht, in der die abscheuliche Tat geschehen war. Ein Mädchen namens Lisa, sagte er, sei bei ihm in seinem Blockhaus
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