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Die Chronik der Unsterblichen 13 - Der Machdi

Titel: Die Chronik der Unsterblichen 13 - Der Machdi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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hartnäckig darauf bestanden hatte, dass Sharif am Ende kapitulierte. Er musste sogar zugeben, dass die Einlage ihrem Vorhaben vermutlich genau die Glaubwürdigkeit verleihen würde, die sie so dringend brauchen.
    Aber das änderte nichts daran, dass ihm nicht gefiel, was er sah.
    Murida stemmte sich schwerfällig auf die Ellbogen hoch.
    Auch ihr Mund war voller Blut, aber es war nicht ihr eigenes.
    »Sei froh, dass mir mein Glaube verbietet, Schweinefleisch zu essen!«, fauchte sie, laut genug, dass ihre Worte in weitem Umkreis zu hören waren. »Sonst hätte ich dir die Lippe abgebissen!«
    Wieder brandete Gelächter auf, und Sharifs Gesicht wurde zu einer Grimasse aus schierem Hass. Mit einem zornigen Knurren riss er einen Säbel mit einem auffälligen goldenen Griff aus dem Gürtel und schlug zu. Im allerletzten Moment jedoch lenkte er die Bewegung ab, sodass die Klinge kaum einen Fingerbreit neben Muridas Gesicht ins Holz fuhr und es mit einem trockenen Bersten spaltete. Andrej stockte der Atem.
    »Oh nein«, knurrte er. »So leicht mache ich es dir nicht.« Er musste sich sichtlich anstrengen, um das Schwert aus dem Holz zu ziehen und rammte die Klinge mit einem kraftvollen Stoß in die Scheide an seinem Gürtel zurück. Dann hob er die Hand, fuhr sich damit über den Mund und betrachtete missmutig den dunkelroten Fleck auf seinem Handrücken. »Eine bissige Maus«, murmelte er dann. Lauter und mit einem Blick, in dem blanker Hass zu lesen stand, fügte er hinzu: »Dann lasst uns herausfinden, wie wirksam der Schutz deines Machdi wirklich ist, mein Kind.« Er richtete sich im Sattel auf und gab dem Mann neben sich einen Wink. »Sag dem Scharfrichter, dass er Reisig und Öl bringen soll. Es ist an der Zeit, dass wir eine gute, alte Sitte unserer abendländischen Freunde übernehmen! Die Hexe wird verbrannt!«
    Etwas Neues und durch und durch Böses erschien in seinem Blick, als er sich abermals im Sattel vorbeugte. Wenn er schauspielerte, dachte Andrej, dann perfekt. »Du spielst doch gern mit Feuer, wie man mir gesagt hat, oder?«
    Murida spuckte ihn an. Sharif lachte nur, richtete sich wieder im Sattel auf und versetzte ihr einen Tritt gegen die Seite, der ihr ein schmerzerfülltes Wimmern entlockte. Abu Dun straffte die Schultern und knurrte: »Ja, du bist ein wahrhaft tapferer Mann. Ich weiß nicht, ob ich den Mut hätte, eine gefesselte Frau zu treten.«
    Das war nicht abgesprochen gewesen, und für die Dauer eines einzelnen Lidschlages war Andrej beinahe froh über die Stärke der Ketten, mit denen er gebunden war. Wäre es anders gewesen, dann hätte er sie wahrscheinlich zerrissen und Sharif aus dem Sattel gezerrt, damit er ein wenig von seiner eigenen Medizin kosten konnte.
    Der Hauptmann hatte sein Pferd schon wieder halb herumgedreht, hielt jetzt jedoch inne und sah aus kalten Augen auf den Nubier hinab.
    »Was haben wir denn da?«, fragte er. »Einen echten Kavalier, der die Partei einer armen, unschuldigen Jungfrau ergreift?« Er spie aus. »Willst du ihr vielleicht auf dem Scheiterhaufen Gesellschaft leisten?«
    »Mach meine Hände los, und wir klären die Sache, wie es sich unter Männern gehört«, sagte Abu Dun.
    »Unter Männern?« Sharifs Stimme wurde noch abfälliger.
    »Das wäre nicht fair, scheint mir, denn du siehst eher aus wie ein Berg, der zufällig reden kann. Lass uns doch herausfinden, ob du auch schreien kannst.«
    »Davon träumst du«, sagte Abu Dun kalt.
    »Wir werden sehen«, antwortete Sharif. Noch immer lief Blut aus seiner zerbissenen Unterlippe. »Der Kerl wird ebenfalls verbrannt! Und alle anderen gleich mit ihm!«
    Andrej war es, als würden die Schreie nun schon seit Langem anhalten, so gellende Schreie, dass sie überall in der Stadt zu hören sein mussten.
    Es war erstaunlich schnell gegangen. Schon als der Wagen weitergerollt war und sich dem hölzernen Podest genähert hatte, war Andrej klar geworden, dass es wohl nicht zum ersten Mal auch als Scheiterhaufen fungierte. Der Richtblock war fortgeschafft worden, und vier kräftige Männer schleppten eine sechs Fuß hohe Eisensäule herbei, die sie in eine Aussparung darunter einrasten ließen. Auch die schwarze Farbe des Podestes stammte nicht nur von trockenem Blut, sondern wohl auch von Flammen, die schon unzählige Male an dem harten Holz genagt hatten. Binnen kürzester Zeit hatten Männer Reisig und trockenes Holz gebracht, das sie rings um den Eisenpfahl aufgeschichtet hatten. Dann hatten sie den ersten Gefangenen

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