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Die Delegation

Die Delegation

Titel: Die Delegation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Erler
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Bitte, schalten Sie ab! Szenenwechsel.
    Dr. Goldstone, Miß Cumber und Roczinski sitzen um das Tonbandgerät. Roczinski wendet sich zur Kamera:
    »Dr. Goldstone wünschte keine Filmaufnahmen während der Behandlung. Das Tonbandgerät lief allerdings mit. Sie hören das Protokoll der Hypnose; das einleitende Kontaktgespräch haben wir bereits übersprungen.« Ein Zeichen. Druck auf den Knopf. Das Band läuft: Leise die Stimme von Goldstone – dann, noch leiser, wenigstens zu Beginn, die Stimme von Miß Cumber, undeutlich, gehemmt, gequält.
    »Say ›ohmmm – ohmmm‹.«
    »ohm – ohm.«
    »No – ›ohmmm – ohmmm‹ – vibrations – a nasal sound: ohmmm…« Das war wohl die Einstimmung auf die Hypnose.
    »Ohmm – ohmm.«
    »Yes – ohmmm – look at my pencil, please, look at my . pencil – follow it – follow it to the tip of your nose.
    Say ›ohmmm – ohmmm‹…«
    Miß Cumber nimmt den kleinen Kopfhörer, bedeckt das andere Ohr mit der Hand. Ein Blick zu Goldstone, ein anderer zur Kamera. Sie ist irritiert, wendet sich unwillig ab. Goldstone hat es bemerkt. Er lächelt.
    »You are driving home from Ville-Marie…?«
    »I’m driving home from Ville-Marie… « Roczinski übersetzt simultan: die Fragen Goldstones, die leisen, zögernden Antworten von Miß Cumber.
    »Heimfahrt von Ville-Marie. 9. September. Sie ist gegen vier Uhr weggefahren, es ist jetzt kurz vor fünf.
    Da hängt etwas am Himmel… ganz plötzlich hängt etwas am Himmel, es glänzt und spiegelt die Sonne, es blendet und dreht sich – eine Scheibe…?
    Sie hängt über der Straße, riesengroß, kommt tiefer und tiefer – ich muß anhalten.
    Es werden mehr – zwei oder drei – sie schweben über mir.
    Schweben seitlich über die Hügel – verschwinden dahinter.
    Ob sie wiederkommen. Ob sie wiederkommen?
    Der Fotoapparat… ich muß eine Fotografie machen für die Schule – ob sie wiederkommen…?
    Da – die Piloten – das sind doch… sind das nicht die Astronauten von Kap Kennedy…?
    Vielleicht kommen sie vom Mond zurück?
    Die Astronauten… ich kenne die Namen – ich hob’ sie doch gelesen, die Namen…
    Hallo – schaut doch her – ja – ich will ein Foto von euch machen – ja – seid ihr von Kap Kennedy…?
    Sie kommen – sie kommen ganz langsam – ganz langsam…
    So läuft man im Traum…
    Ich habe Angst.
    Sie sehen so ernst aus – so fremd…
    Was ist los?
    Ich kann euch nicht hören… nein… warum soll ich aussteigen?
    Ich will nicht aussteigen – was wollt ihr? Wohin gehen wir? Wo ist mein Fotoapparat? Der Motor läuft noch. Wo ist mein Fotoapparat? Die Tür offengelassen, mitten auf der Straße r- und der Motor läuft noch…
    -Es riecht so verbrannt – wie meine Höhensonne – verbrannt – verbrannte Luft – und Gras… Nein – ich habe keine Angst – aber es ist so dunkel hier – ich kann nichts sehen – doch jetzt: es ist rot – ein tiefes Rot – purpur –
    Ich weiß nicht, was das ist – ein Zeichen? Ich will jetzt gehen… was wollen Sie noch? Ist das Silber? – Silber? Was soll ich damit? Nein – das tut weh – ich will nicht mehr – ich will jetzt gehen…«
     
    Weiße Zahlen huschten über das Bild. Der Film lief aus.

33
     
     
     
    Die nächste Rolle – Nummer vier:
    Roczinski sitzt neben Miß Cumber und Dr. Goldstone.
    Das Tonbandgerät ist abgeschaltet.
    Roczinski liest von einem Notizzettel ab.
    »Wir mußten einen neuen Film einlegen und haben inzwischen folgendes erfahren: Miß Cumber erinnert sich an ein Metallband um ihre Stirn, eine Art Silberreifen, wie sie sagt. Sie hat Kopfschmerzen.
    Überall an ihrem Körper hängen kleine, gläserne Pyramiden.
    Sie erinnert sich, daß sie irgendwann ihre Kleider wieder anzog, und sie wundert sich, daß sie weder jetzt noch damals Scham empfunden hat über diese Situation. Sie glaubt nicht, das alles tatsächlich erlebt zu haben, es erscheint ihr wie ein Traum, an den sie sich jetzt wieder schwach erinnert.
    Damals dachte sie, das kannst du niemandem erzählen, weder deiner Mutter noch in der Schule, wer soll so etwas glauben…
    Sie ist fortgerannt, voller Panik, aber niemand hat sie verfolgt, niemand hat versucht, sie zu halten.« Stumm, ein wenig ungläubig, hat Miß Cumber sich das alles angehört. Sie scheint doch recht betroffen zu sein von dieser Geschichte.
    Nun ist sie aufgestanden, ist nach hinten gegangen, zum Fenster, dort steht ihre Tasche. Eine einfache, helle Handtasche. Sie sucht etwas. Findet es.
    Sie legt einen

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