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Die Delegation

Die Delegation

Titel: Die Delegation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Erler
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Fotos hier etwas auszusagen, brauche ich erst einmal genaueste Unterlagen, beglaubigte Zeugenaussagen. So ohne weiteres würde ich diese Bilder hier nicht als echt akzeptieren.«
    Als wir Kamera und Lampen abgebaut hatten, sagte er mir auch, warum:
    »Sehen Sie einmal genau hin: Diese Wesen sehen letzten Endes aus wie wir. Der Unterschied scheint nicht sehr groß zu sein. Sie gehen auf zwei Beinen, sie haben zwei Arme, haben Kopf, Augen, Mund, Nase…
    Ein wenig fremd sehen sie aus, zugegeben. Aber überlegen Sie mal: Extraterristen kommen irgendwoher aus dem Kosmos. Aus einem fernen Planetensystem, mit völlig anderen Umweltbedingungen, einer völlig anderen Entwicklung und einem Entwicklungsstand, der dem unseren vielleicht um Tausende von Jahren voraus ist.
    Und dann dieses ›Ergebnis‹, das doch höchst irdisch aussieht? Nein, tut mir leid, das halte ich für unwahrscheinlich.« Nach unserer Rückkehr aus Luray saßen wir in der Halle des Hotels, an demselben kleinen Tisch, auf dem Julie damals ihre UFO-Bücher aufgebaut hatte, und dachten nach. Was nun? Wie sollte es weitergehen?
    Henry hatte, mehr so in Gedanken, die großen Bilder aus dem Kuvert genommen, die Vergrößerungen, die wir auch Major Keyhoe vorgelegt hatten: die Delegation, die fahlen Wesen. Da beugte sichrem fremder junger Mann über Henrys Schulter, nahm die Pfeife aus dem Mund und fragte lachend in die Runde: »Cosmos people?« Leute aus dem Kosmos? Mit dem Mundstück seiner Pfeife zeigte er auf die ›tausendjährigen Augen‹.
    Ja, sagte ich, es sei zumindest möglich, wir wüßten es nicht genau.
    »Sie sind vom Fernsehen aus Europa, nicht wahr?« Er grinste und zog wieder an seiner kalten Pfeife. »Ich habe gesehen, wie Sie Ihre Kamera eingeladen haben, gestern früh. Was filmen Sie denn Schönes?«
    War er ein Spitzel der amerikanischen Film-Gewerkschaft, der Union? Sollte er uns kontrollieren und Schwierigkeiten machen?
    »Das sind mehr so private Recherchen, wir filmen studienhalber – warum fragen Sie?«
    »Nur so. Cosmos people… interessant.« Henry hatte die Bilder in das Kuvert geschoben. Der Fremde deutete wieder mit seiner Pfeife darauf. »Darf ich das noch mal sehen?«
    Henry sah mich fragend an. Für einen Amerikaner war das ja nun nicht die feine, diskrete Art. »Sie sind Journalist, ja?«
    Er schüttelte den Kopf. »Nein. Aber auch in meinem Beruf lebt man von der Neugierde. Ich bin Biologe. Wir haben hier einen Kongreß. Darf ich noch mal sehen?« Er betrachtete sich die Fotos nun eingehend, fragte nach ihrem Ursprung und was wir damit vorhätten, dann sah er auf seine Uhr, bedankte sich und verschwand in einer Gruppe jüngerer Pfeifenraucher, die ihn an der Drehtür erwarteten. Als wir am Abend die Aluminiumkoffer mit den Kameras aus dem Taxi hievten, stand er vor dem Hotel. Sein dünner Plastik-Regenmantel flatterte, es war kalt geworden, wir drängten, so schnell es ging, in die Halle; er kam mit. »Was haben Sie für Kameras? Eclair oder Arriflex?«
    »Beides. Die Tonkamera ist eine Arriflex BL. die stumme Kamera, also für Szenen, wo wir den Ton nicht brauchen, das ist eine Eclair.«
    »Schon klar. Ich filme nämlich selbst. Ich habe eine Beaulieu, ganz neu, 16 mm, aber ich nehme nicht Menschen auf, wie Sie, ich filme Planarien, das heißt, zur Zeit.«
    »Planarien? Pflanzen?«
    »Nein, nein!« er lachte. »Planarien sind Plattwürmer, Dugesia dorotocephala. Fabelhafte Tiere. Wenn man einen Wurm kleinschneidet, in dreißig oder vierzig Stücke, dann werden wieder dreißig, vierzig neue Planarien daraus, komplett mit Kopf und Schwanz, geht ganz schnell.«
    »Das ist wirklich fabelhaft. Und Sie schneiden diese armen Tiere also klein?«
    »Ja, manchmal auch das, gehört eben zu meinem Job, aber meistens dressiere ich sie, auf Lichtreize, auf Elektroschocks, und wenn sie alles gelernt haben, werden sie verfüttert, an ihre undressierten Artgenossen. Die werden dadurch intelligenter.«
    »Kannibalismus!«
    Er überhörte meinen dürftigen Scherz und versuchte, seine Pfeife anzuzünden.
    »Ich könnte natürlich auch die RNS, die Ribonukleinsäure, isolieren und den undressierten Tieren injizieren – aber so geht es leichter. Sie verstehen was von Biologie?«
    »Sie verstehen vermutlich mehr von der Filmerei als ich von Ihrem Fach.«
    Er nahm dieses Kompliment ganz selbstverständlich hin: »Ja, heute morgen habe ich meinen Film vorgeführt. War ein großer Erfolg. Wir sehen uns noch.«
    Er rannte wieder in den Regen und

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