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Die Doppelgängerin

Die Doppelgängerin

Titel: Die Doppelgängerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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schimmelt.“
    „Ach! Dir ist überhaupt nichts ernst
oder heilig!“
    Tarzan grinste, schraubte die
Klebstofftube sorgfältig zu und wandte sich zur Treppe.
     
    *
     
    „Beeilung, Willi! Gleich fängt die
Arbeitsstunde an.“
    Vor der breiten Glasfront des Supermarktes
parkten Autos. Für Fahrräder war nur eine kleine Abstellfläche reserviert. Auch
ein junger Rauhhaardackel war dort angebunden.
    Gaby hockte sich zu ihm.
    „Bist du aber süß!“
    Sie streichelte ihn. Er wedelte freudig
und leckte ihr die Finger. Die Pfote gab er noch nicht — dafür war er zu jung.
    Inge stand neben den beiden.
    „Einen Hund hätte ich gern“, sagte sie
traurig. „Wenn nur die Kosten nicht wären! Aber später — wenn ich meinen Beruf
habe und selbst verdiene, dann nehme ich mir sofort einen Purzel. Und fehlt ihm
mal was, komme ich zu Dr. Gabriele Glockner, der bekannten Tierärztin.“
    Gaby lachte. „Deinen Hund werde ich
umsonst behandeln. Das hier ist ein Zwergdackel, etwa sechs Monate alt. Viel
größer wird er nicht. Daß manche Hunderassen immer kleiner gezüchtet werden, ist
schlimmer Unfug. Die Züchter verdienten Prügel. Da werden Hunde hergestellt wie
vom Fließband. Nur wegen des Geschäfts. Das sind dann zwar hübsche, aber unter
der schönen Fassade armselige Geschöpfe. Immer mehr weggezüchtet von der Natur,
anfällig gegen zig Krankheiten, seelisch verkrüppelt. Ein Verbrechen — was der
Mensch sich mit seinen Schöpfungskameraden erlaubt. Aber so war es schon immer.
Entweder er rottet ganze Tierarten aus, oder er benutzt sie als Spielerei.“
    „Heute haben wir aber einen belämmerten
Tag“, meinte Inge. „Uns fällt nichts Fröhliches ein.“
    „Vorhin hast du dich fast am Boden
gekringelt, als ich dir erzählte, wie ich von Klößchen festgeklebt wurde.“
    „Das war ja auch wirklich komisch.“
    Gaby kraulte den Welpen zum Abschied am
Ohr, dann gingen die Mädchen in den Supermarkt. Inge hatte einen Einkaufszettel
dabei. Gaby griff sich einen der Korbwagen. Als sie an dem Regal vorbeikamen,
wo die Schnapsflaschen standen, zischelte Inge: „Den Kerl dort — kennst du den?“
    Gaby schüttelte den Kopf.
    „Das ist Fritz Paulsen, der Vater von
Ottmar Paulsen: ein Verbrecher.“
    „Gehört habe ich schon von ihm“,
hauchte Gaby. „Aber woher kennst du seinen Sohn?“
    „Der war im selben Tischtennisklub, in
dem ich mit Bärbel seit vier Jahren spiele. Ist nicht sehr angenehm, wenn
solche Typen mitmachen. Na ja! Jetzt ist er nicht mehr dabei. Paulsen geht in
deine Klasse?“
    „Leider“, nickte Gaby. „Ein ekliger
Kerl und seinem Vater — zumindest äußerlich — sehr ähnlich.“
    Fritz Paulsen - vorbestraft, arbeitsscheu
und gewalttätig - stand vor dem Schnapsregal, wählte fünf Flaschen vom
billigsten und stellte sie in den Einkaufswagen. Der Mann war groß,
vierschrötig und hatte das gleiche Hackfleischgesicht wie sein Sohn.
    Gaby und Inge gingen zur Tiefkühltheke.
    Inge sah auf ihren Zettel und sagte,
hier bräuchten sie nichts. Zehn Minuten später schoben sie ihren Korbwagen zur
Kasse.
    Inge bezahlte. Gaby ging vor zu den
Packtischen. Dabei entdeckte sie die drei. Sie standen vor dem Supermarkt.
Durch die Glasfront sah sie, wie der fuchsgesichtige Toni Ehrlich mit Fritz und
Ottmar Paulsen redete. Vielmehr: tuschelte. Denn sie steckten die Köpfe
zusammen und blickten ab und zu argwöhnisch um sich, ob auch niemand sie
belausche.

    Bestimmt nichts Gutes, was die
aushecken! dachte Gaby. Und wieso ist Toni Ehrlich dabei? Der müßte doch längst
im Internat sein, weil er Arbeitsstunde hat. Wahrscheinlich schwänzt er. Na,
bei dem ist es sowieso egal, ob er demnächst rausfliegt oder erst zum
Jahresende.
    Inge kam mit dem Korbwagen zum Packtisch.
    Gaby machte auf die drei aufmerksam,
die sich jetzt — Tüten mit Schnapsflaschen schleppend — in Richtung
Altstadt-Ring trollten.
    Inge verzog das Gesicht. „Am besten,
man nimmt die gar nicht zur Kenntnis. Himmel, ich habe soviel Kleinkram — wie
verstaue ich denn das?“
    Es gab Plastiktüten, die man kaufen
mußte, und in den Fächern unterm Packtisch Papiertüten. Die waren gratis (umsonst).
    Inge nahm ein halb Dutzend und tütete
ihren Einkauf ein: Konservendosen, Gewürze, Suppengrün, Knäckebrot, Packungen
mit Spaghetti und Nudeln.
    Die Tüten waren großformatig und hatten
zur Verstärkung doppelten Boden.
    Bei der letzten, die Inge benötigte,
hafteten die Ränder der Öffnung aneinander. Die Tüte ließ sich nicht

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