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Die Doppelgängerin

Die Doppelgängerin

Titel: Die Doppelgängerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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stehen.“
    „So dick“, lachte Tarzan, „werden wir
den Superkleber nicht auftragen. Denn der ist garantiert teuer.“
    Das traf zu.
    In der Großhandlung vor den
Schrebergärten erstanden sie eine Tube für Heimwerker. Der Kauf riß ein Loch
ins Taschengeld.
    „Wenn wir den Erpresser überführt haben“,
sagte Tarzan, „wird er uns nicht nur das Lösegeld zurückgeben, sondern auch die
Auslagen für den Klebstoff.“
    „Und Kilometergeld!“
    „Wieso? Verbrauchst du beim Radeln
Benzin?“
    „Benzin nicht, aber Schokolade.“
    Klößchen lachte und stopfte den
Klebstoff in eine der beiden Gepäcktaschen, die er vor kurzem an sein Rad
geschnallt hatte.
    Auf dem Rückweg erprobten sie ihn. An
einem Holzzaun befestigten sie damit eine abgerissene Latte.
    Tarzan versuchte dann, sie zu lockern.
Beinahe hätte er den Zaun umgelegt, aber die Latte saß bombenfest.
    „Nicht zu fassen!“ staunte Klößchen. „Direkt
unheimlich, diese Kraft.“
    „Wieso?“ meinte Tarzan. „Den Zaun kann
doch jeder umreißen.“
    „Ich meine den Klebstoff.“
    „Ja, das ist ein chemisches Wunderwerk.
Der verbindet alles. Holz mit Pappe. Eisen mit Eisen. Blech mit Plastik. Stoff
mit Stein. Du könntest dir sogar die Zähne zusammenkleben, falls du mal fasten
willst.“
    „Um Himmels willen!“ entsetzte sich
Klößchen. „So was hielte ich keinen Tag aus. Ich wäre schon verhungert, bevor
mir der Zahnarzt den Mund öffnet.“
    Sie fuhren zur Altstadt und erreichten
die romantische Straße, in der Gaby wohnte.
    Vor dem Lebensmittelgeschäft ihrer
Mutter parkten die Autos der Kunden. Alle Wohnungsfenster im Obergeschoß waren
geschlossen.
    Die Jungs stellten ihre Räder ab und
klingelten, aber niemand zeigte sich.
    „Vielleicht ist sie im Hof“, meinte
Tarzan.
    Ein langer Parterreflur führte durchs
Haus. Auf dem Hof kläffte Oskar, Gabys Hund. Wie ein Wirbelwind jagte der
schwarzweiße Cockerspaniel heran. Die langen Schlappohren flatterten. Außer
sich vor Freude, sprang er an Tarzan hoch, denn der war sein besonderer Freund.
    Gaby saß im Hof unter der schattigen
Linde auf einer Holzbank und las. Wie immer sah sie entzückend aus — mit ihrer
goldblonden Mähne und den Kornblumenaugen unter schwarzen Wimpern.

    Während Oskar sich allmählich
beruhigte, erzählte Tarzan von der Erpressung. Gaby war empört. Klößchen zeigte
den Superkleber. Gaby öffnete die Tube und roch daran.
    „In der Zeitung habe ich gelesen“,
sagte sie, „daß mit dem Zeug viel Unfug getrieben wird. Neulich“, sie lachte, „hat
jemand in der öffentlichen Toilette die Klobrille damit bestrichen. Der nächste
Benutzer konnte nicht mehr aufstehen.“
    „Und wie wurde er befreit?“ fragte
Klößchen.
    „Das stand nicht dabei. Vielleicht
operativ. Aber vielleicht hat man ihn nur bei den Ohren genommen und kräftig
gezogen, während ein anderer die Klobrille festhielt.“
    „Müßte man ausprobieren“, meinte
Klößchen.
    Gaby stand auf und lief zu Oskar, der
wie ein Wilder an der Hofmauer scharrte.
    „Oskar, pfui! Da wohnt doch Malwine.“
    „Wer ist denn Malwine?“ fragte Tarzan.
    „Eine entzückende Haselmaus. Mit sooo
großen Ohren!“ Gaby zeichnete Gehörorgane in die Luft, für die sich ein
afrikanischer Elefant nicht geschämt hätte. „Und mit dunklen, traurigen Augen.“
    Sie zog Oskar weg.
    Tarzan reckte den Kopf, sah aber von
Malwines Wohnung nicht mehr als ein Mauseloch.
    „Gibt dir Malwine die Pfote?“ fragte
er. Das spielte auf Gabys Tierliebe an — und auf ihren Spitznamen. Konnte sie
doch an keinem Hund Vorbeigehen, ohne sich die Pfote geben zu lassen.
    „Keine Sorge!“ Mit kessem
Augenaufschlag ließ sie ihre Wimpern flattern. „Das bringe ich ihr noch bei.“
    Sie setzte sich wieder neben Tarzan.
    Der hatte inzwischen ihre Lektüre
inspiziert (überprüft).
    „Seit wann liest du Bücher über
Rechtswissenschaft? Der juristische Ratgeber in allen Lebenslagen! Ich denke,
du willst Tierärztin werden.“
    „Werde ich auch. Aber ich wollte mal
wissen, wie das mit dem Erbrecht ist.“
    „Wieso — erbst du was?“
    „Es betrifft nicht mich, sondern Inge.
Sie hat mir da so was erzählt. Aber ich blicke noch nicht durch. Das erzähle
ich euch später.“
    Sie wischte durch die Luft, was soviel
hieß wie: Ende des Themas. Demnächst mehr.
    Na gut, dachte Tarzan. Sie hat ihren
Dickkopf. Da könnte ich mir jetzt die Zunge fransig fragen. Was die beiden
Weiber wohl aushecken? Erbschaft? Na ja, für Inge würde es mich

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