Die Drachenkämpferin 02 - Der Auftrag des Magiers
Lage sein, richtig zuzuhören, junger Freund«, tadelte ihn Rais streng. »Sheireen wird leben, wenn sie sich als stark genug erweist. Aber vergesst nicht: Die Macht des Medaillons währt nur einen Tag. Einen Tag lang kann der Tyrann, wenn Sheireen die Geister beschworen hat, seine Magie nicht anwenden. Und diese Zeit muss genutzt werden, um ihn zu besiegen.« Nihal drehte das Amulett zwischen den Fingern hin und her. »Habe ich dafür überlebt, Rais?« Die Alte nickte. »Ja, Sheireen. Das ist der Sinn deines Lebens: die Aufgetauchte Welt vom Tyrannen zu befreien.«
»Wo befinden sich diese Heiligtümer?«, fragte Nihal.
»Das Amulett wird dir den Weg weisen, und dein Herz weiß, wo du suchen musst.« »Nein, nein, unmöglich«, stieß da Sennar hervor. »Die Mehrzahl dieser Heiligtümer liegt in Feindesland. Dazu müsste sie die Front passieren, die gesamte Aufgetauchte Welt bereisen ...« Die Alte ging nicht darauf ein und fuhr, an Nihal gewandt, fort: »Das ist dein Schicksal, Sheireen. Dem kannst du dich nicht entziehen. Alles, was dir von deiner Geburt an bis heute widerfahren ist, hat dazu gedient, dich auf dieses Ziel vorzubereiten. Du willst keine Rache, Sheireen? Dich drängt es nicht, den Tyrannen zu vernichten? Doch! Und ob! Ich spüre, dass dein Herz von Hass überfließt.«
Nihal blickte die Alte furchtsam an. Rais' Worte hatten sie verwirrt, und noch nicht einmal Sennars Gegenwart gab ihr Sicherheit.
»Lass ihn zu, deinen Hass, Sheireen! Nähre ihn, lass dich leiten von ihm, denn er wird uns von allem Übel befreien. Ich gebe dir Gelegenheit, jenen Mann zu vernichten, der dein Volk auslöschte! Denk an all die schlaflosen Nächte, an die leidverzerrten Gesichter, die dich in deinen Träumen heimsuchen ...«
Das Medaillon entglitt Nihals Fingern und fiel klimpernd auf die Tischplatte. Sie sprang so hastig auf, dass der Hocker, auf dem sie gesessen hatte, umkippte. »Wieso weißt du von meinen Träumen?«, stieß sie hervor.
»Du solltest mir dankbar sein, Sheireen ...«, murmelte Rais.
Nihal zog ihr Schwert und setzte der Alten die Spitze an die Kehle. »Sag es mir!«, schrie sie. Rais seufzte lange und nickte dann. »Als ich die Wahrheit über dein Schicksal herausfand, überlegte ich, dass ich unbedingt verhindern musste, dass du dich deiner Aufgabe entziehst ...« Nihals Stimme war nur noch ein Raunen. »Das kann doch nicht wahr sein ...« »Damals belegte ich dich mit einem Zauber: Ich musste all meine Kräfte hineinlegen, denn es handelte es sich um eine schwierige, verbotene Formel ... Aber du solltest mir dankbar sein, Sheireen«, wiederholte sie. »Ohne mein Zutun hättest du nicht zum Schwert gegriffen, hättest nie die Kraft entdeckt, die in dir schlummerte ...«
»Das kann doch nicht wahr sein«, wiederholte Nihal immerzu. »Das kann doch nicht wahr sein ...«
»Doch, Sheireen. Ich war es, die deinen Geist für die Albträume öffnete.«
Eisige Stille machte sich in der Hütte breit. Kein Laut war mehr zu hören, außer dem schwachen Rauschen des Wasserfalls in der Ferne. Das schwarze Schwert in Nihals Händen zuckte. »Ich wusste, dass Soana niemals den Mut haben würde, aus dir jene Rächerin zu machen, die wir brauchten. Aber hättest du es erlebt, hättest du mit eigenen Augen gesehen ...« Nihals Gesicht war aschfahl. »Ich war doch noch ein Kind«, sagte sie, jedes Wort betonend, »und du hast mich Heerscharen von Geistern ausgeliefert, dich mich quälten. Und auch jetzt als Frau gibt es für mich keine Nacht, in der ...«
»Führst du deine Mission zu Ende, werden dich die Geister in Ruhe lassen, Sheireen. Aber solange du nicht getan hast, was dir aufgegeben ist, werden die Ermordeten dich weiter verfolgen. Für immer.«
»Elende!«, schrie Nihal. Mit einem Hieb spaltete sie den Tisch, hinter dem Rais saß.
Die Alte rührte sich nicht. »Deine Kraft liegt im Hass«, sagte sie mit einem Lächeln. »Ich war es, die dir diese Kräfte verlieh. Was du heute bist, habe ich aus dir gemacht.«
»Ich bin nicht dein Geschöpf!«
»O doch, das bist du«, höhnte Rais.
Nihal hatte bereits den Arm erhoben, um auf sie einzuschlagen, als sie die warme Berührung einer Hand spürte, einer Hand, die sich um ihr Handgelenk legte.
Sennar zwang sie, sich umzudrehen. »Steck das Schwert zurück, und lass uns von hier verschwinden«, sagte er mit ruhiger Stimme. »Auf der Stelle.«
Unentschlossen stand Nihal da, während die Schläge ihres Herzens in ihrem Kopf widerhallten. Langsam ließ
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