Die Drachenkämpferin 02 - Der Auftrag des Magiers
egal.«
Sennar blickte sie an. Ihrem Gesicht fehlte jeder Ausdruck. In ihren Augen war nichts von Trauer oder Schmerz zu erkennen. So wie sie vor ihm stand, wirkte sie so kalt und leblos wie ein Grabstein.
Er ergriff ihre Hand und drückte sie. »Ich weiß, was gestern in der Schlacht geschehen ist. Aber auch darüber wirst du hinwegkommen, Nihal.«
»Das kann ich mir nicht vorstellen«, murmelte sie.
»Du musst aber daran glauben. Die Hoffnung ist das Einzige, was uns noch bleibt.« Der große ovale Raum war so düster, als wäre die Finsternis außerhalb der Mauern auf irgendeinem Weg in den Palast eingedrungen. Ein Kerzenleuchter erhellte schwach die erschöpften, besorgten Gesichter. In dem unterirdischen Saal waren acht Ratsmitglieder versammelt, die Drachenritter, der General, König Galla und Soana.
»Unsere Truppen sind fast aufgerieben«, erklärte der General mit matter Stimme. »Und die Verstärkung aus dem Land der Sonne wird frühestens in zehn Tagen hier eintreffen können. Ich will euch nichts vormachen: Unsere Lage ist aussichtslos.«
Galla war ein junger Mann mit feinen Gesichtszügen, blondem Haar und tiefblauen Augen. Seine Heirat mit Astrea war die erste zwischen einem Menschen und einer Nymphe gewesen und hatte eine neue Epoche in der Beziehung der beiden Völker eingeleitet. Jetzt wandte er seinen traurigen Blick Sennar zu: »Wann können wir denn mit dem Heer aus Zalenia rechnen.« »Nicht vor Ende des Monats, Majestät. Die Reise ist lang und beschwerlich ...« Galla zuckte mit den Achseln. Er war merklich gezeichnet durch den Verlust seiner Gemahlin und voller Sorge um das Schicksal seines Landes. »Ich will ganz offen sein, verehrte Ratsmitglieder: In der jetzigen Situation kann euch das Land des Wassers keinerlei Schutz mehr bieten. Unser Volk ist nicht zum Kampf geschaffen. Die Nymphen am allerwenigsten, aber auch die Menschen wurden hier nie zum Krieg erzogen. Das heißt, wir sind wohl dem Feind wehrlos ausgeliefert.«
»Majestät, General ...«, ergriff Sennar das Wort. »Wir haben alle Waffen mit einem Zauber belegt, sodass es uns möglich ist, unsere Gegner zu verwunden. Gewiss, das hilft uns nicht viel weiter, aber es ist immer noch besser als gar nichts. Wir dürfen jetzt keinesfalls in Resignation verfallen.«
Die Nymphe Theris, die das Land des Wassers vertrat, meldete sich zu Wort: »Was Ihr da sagt, ist sehr mutig, Sennar. Aber wir sollten uns keine falschen Hoffnungen machen.
Nach vierzig Jahren Krieg fehlen uns die Kräfte, diesen erneuten Angriff abzuwehren.« Nihal saß in ihrer Ecke und hörte zu, hörte nur zu und wusste dabei, dass sie eigentlich nicht zögern durfte. Aber wäre sie aufgestanden, um das Wort zu ergreifen, hätten ihr die Beine nicht gehorcht.
»Der Rat der Magier muss unbedingt erhalten werden, Sennar. Und mit ihm alle, die noch in der Lage sind, dem Tyrannen Widerstand zu leisten«, erklärte nun das Ratsmitglied Sate, ein Gnom aus dem Land der Sonne. »Deswegen halte ich es für das Beste, unser Heil in der Flucht zu suchen und das Land des Wassers aufzugeben. Es ist ohnehin verloren.«
Galla blickte ihn mit finsterer Miene an. »Astrea gab ihr Leben, um dieses Land zu retten, und Ihr schlagt mir ernsthaft vor, es dem Feind preiszugeben? Nein, Rat, mein Platz ist hier, unter meinem Volk. Mein Schicksal ist untrennbar mit dem meines Landes verbunden.« »Wir verstehen Eure Haltung, Majestät«, erwiderte ein Drachenritter, »doch die Rettung des Rats der Magier ist unabdingbar. Ihm vor allem ist es zu verdanken, dass wir all die vielen Kriegsjahre überstehen konnten. Sein Ende würde das Ende der freien Länder bedeuten. Sate hat recht: Der Rat muss sich aus diesem Land zurückziehen. Teile des Heeres aber sollen hier an Eurer Seite bleiben.«
»Auch wenn das vielleicht die beste Lösung ist, dürfen wir nicht vergessen, dass diese verdammten Gespenster da draußen uns gar nicht von hier weglassen werden«, gab Ido zu bedenken.
Dagon erhob sich. »Dafür gibt es vielleicht eine Lösung, Ido. Ich kenne einen Ritus, der bis heute nur äußerst selten angewandt wurde. Indem wir die magischen Kräfte aller Ratsmitglieder bündeln und gemeinsam eine Formel sprechen, könnte es gelingen, uns an einen anderen, fernen Ort zu versetzen.«
»Meine Königin ist tot, Dagon«, sagte Theris. »Ich werde bleiben. Ich kann nicht anders.«
Der Vertreter aus dem Land des Meeres bat ums Wort. »Nicht so voreilig, ihr Räte. In Ordnung, soll der Rat sich
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