Die Drachenlanze (Die Saga von den drei Königreichen) (German Edition)
soll. Und ich frage mich, was wir hier sollen.“
Staer’cui schaute sie an. „Nun, ich weiß es auch nicht genau, Daaria. Ich weiß nur, dass wir hier bleiben müssen. Das Geheimnis dieser Menschen hat irgendwie mit der Drachenlanze zu tun.“
„Also müssen wir weiter hier herumsitzen und uns anschweigen?“
Er zuckte mit den Schultern und nickte. „Warum schweigen diese Menschen nur….?“
„Das kann ich euch sagen.“
Daaria und Staer’cui fuhren herum. Hinter ihnen stand die alte Frau, die sie an ihrem ersten Tag im Ort gesehen hatten.
„Oh Gott“ keuchte Daaria, „haben Sie mich erschreckt.“
„Das tut mir leid, Kindchen. Aber ich dachte, ihr zwei sucht vielleicht Antworten.“
„Das tun wir. Was geht hier vor, gute Frau?“
„Zuerst mal – mein Name ist Aanj‘.“ Dabei grinste sie und entblößte ihren zahnlosen Mund. Staer’cui und Daaria stellten sich ihrerseits vor.
„Gut, dann sind ja die Formalitäten geklärt. Ich weiß nicht, was ihr zwei Süßen hier wollt, aber z unächst: Solange ihr nicht sprecht, braucht ihr euch keine Sorgen zu machen.“
„Sorgen?“ fragte Staer’cui.
„Nun, ihr habt es ja schon geahnt. Hier bei uns darf man nicht sprechen.“
„Aber du…“, sagte Daaria.
Aanj‘ lächelte wieder ihr zahnloses Lächeln. „Man darf sich nur nicht erwischen lassen. Die Menschen hier fürchten die Sprache.“
„Aber warum?“ frage Daaria.
„Es gibt hier in den Bergen eine Reihe von Wesen, die man nicht in sein Dorf lassen will. Das habt ihr wahrscheinlich selbst schon bemerkt. Hier in Vraeham haben die Menschen einige schlimme Erfahrungen gemacht mit den Kazz’ha. Dies sind Wesen, die aussehen wie wir und die sprechen wie wir. Sie sprechen sogar so, dass ihre Wörter in deinem Kopf landen. Alle anderen Arshak können wir Vrae bekämpfen, aber diese Kazz’ha nicht.“
Staer’cui begann zu verstehen. „Und so habt ihr beschlossen nicht mehr zu reden, damit ihr sicher seid, dass niemand hier ein Dämon ist.“
Aanj‘ blickte in die Ferne und ihre vormals leuchtenden Augen bekamen einen trüben Glanz. „Vor vielen Jahren waren wir ein fröhliches Dorf, in dem gelacht und getanzt wurde. Doch dann fanden wir an jedem neuen Morgen grausam verstümmelte Leichen vor. Wir untersuchten die Gegend, stellten Wachen auf, doch nichts half. Jeden Morgen lagen Menschen tot in ihren Hütten. Erst nach vielen Wochen, als unser großes Dorf auf ein Drittel der Bewohner reduziert war, sah Faer‘, wie einer unserer eigenen Männer nachts in ein Haus schlich. Als er hinauskam, waren seine Hände blutbeschmiert. Faer‘ stellte den Mann zur Rede, der anfing ihn zu überzeugen, dass alles in Ordnung sei. Faer‘ merkte, wie die Stimme des Mannes in seinen Kopf drang und ihn einschläferte. Er wollte sich schon abdrehen und nach Hause gehen, als er ein zufriedenes Grinsen im Ausdruck des Mannes, den er schon seit seiner Geburt kannte, sah. Da wurde ihm klar, dass dies nicht der Mann war, den er kannte. Er drehte sich wieder um, gerade rechtzeitig, um zu sehen, dass Ghui, der andere Mann, seine Arme erhoben hatte und sein Mund weit aufgerissen war. Sein Gesicht war zu einer Fratze verzerrt. Faer‘ zog sein Schwert und stieß es in den Körper des Mannes, der keine Reaktion zeigte. Nun rannte Faer‘ nach Hause und schrie um Hilfe. Der andere rief ihm immer wieder beruhigende Worte zu, die in seinem Hirn brannten. Faer‘ schaffte es an sein Haus, wo er seinen Sternendolch zog und Ghui ins Herz stieß. Erst dann war der Mann, der früher zu diesem Dorf gehörte, tot.
Am nächsten Tag trafen sich alle Dorfbewohner und man besprach was zu tun sei. Eine der anw esenden Frauen redete immer wieder beruhigend auf die anderen ein, dass die Gefahr ja jetzt vorbei sei und man sich keine Sorgen mehr machen müsse. In einem Moment der Erkenntnis, forderte Faer‘ alle auf zu schweigen. Daraufhin schwiegen alle, bis auf die Frau, die immer wieder davon redete, dass jetzt alles wieder in Ordnung sei. Faer‘ stellte sich vor ihr auf und forderte sie nochmals auf zu schweigen. Die Frau lachte und redete weiter. Faer‘ zog seinen Sternendolch und zeigte ihn der Frau und er sagte, dass sie schweigen solle, da er sie sonst töten würde. Doch die Frau redete immer weiter, ihr Gesicht veränderte sich und sie fing an zu zucken. Als Faer‘ sie ein drittes Mal aufforderte zu schweigen, hob sie drohend ihre Arme und öffnete den Mund. Ihre Zähne waren zu Spitzen geworden und sie schrie.
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