Die Drachenreiter von Pern 05 - Der weiße Drache
Jenseits der Grasebene ragten vereinzelte Sträucher aus dem Ascheboden; nach und nach wurde die Vegetation dichter und ging in Wald über. Man brauchte schon eine Menge Glück, wenn man in diesem grünen Gewirr etwas Außergewöhnliches entdecken wollte. Jaxom überlegte eben, ob sie umkehren und die Strecke noch einmal abfliegen sollten, als ihm eine Bresche im Dschungel auffiel – ein Grasstreifen, nur einige Drachenlängen breit, aber sehr langgestreckt. Die Bäume und Sträucher zu beiden Seiten wuchsen spärlich, als könnten sie nicht recht Wurzeln fassen. Am Ende der seltsamen Narbe glitzerte Wasser, kleine, flache Tümpel, die miteinander in Verbindung zu stehen schienen.
In diesem Moment stieg die Sonne über den Rand des Plateaus, und als Jaxom den Kopf nach links wandte, um dem grellen Glanz auszuweichen, bemerkte er die drei Schatten am Anfang der Schneise. Aufgeregt lenkte er Ruth zu der Stelle. Sie kreisten lange, bis Jaxom sicher war, daß diese Hügel keine natürliche Formation sein konnten. Allerdings hatten sie weder in der Struktur noch in der Anordnung Ähnlichkeit mit den Hügeln der Siedlung. Einer befand sich etwa sieben Drachenlängen vor den beiden anderen, die parallel, aber weit auseinander standen.
Er bat Ruth, niedrig über die Hügel hinwegzufliegen, und studierte die merkwürdigen Umrisse: vorne eine mächtige Wölbung, die zum hinteren Ende hin schräg abflachte und sich verjüngte – eine Kontur, die man trotz der darübergewehten Erdschichten und der Vegetation gut erkennen konnte.
Ruth setzte zur Landung an. Im Gelände wirkten die Hügel zwar nicht ganz so unnatürlich wie aus der Luft, aber sie hätten wohl auch die Aufmerksamkeit eines Beobachters erregt, der die Gegend zu Fuß durchstreifte. Kaum hatte Ruth am Boden aufgesetzt, da schwirrte es ringsum von aufgeregten und hocherfreuten Feuer-Echsen. »Was wollen sie, Ruth? Wir müssen versuchen, sie so zu beruhigen, daß die Bilder, die sie ausstrahlen, einen Sinn ergeben. Wissen sie etwas über diese Hügel?«
Zuviel. Ruth hob den Kopf und begann leise zu summen. Die Echsen wirbelten so wild durcheinander, daß Jaxom nicht erkennen konnte, ob sie Farbmarkierungen trugen oder nicht. Sie sind glücklich. Sie freuen sich, daß du zurückgekommen bist. Sie warten schon so lange…
Jaxom hatte inzwischen gelernt, daß man die Feuer-Echsen nicht durch Generationen-Denken durcheinanderbringen durfte. »Wann war ich das erstemal hier? Erinnern sie sich noch?«
Als du in langen grauen Maschinen vom Himmel kamst ? Ruth übermittelte die Eindrücke einigermaßen verwirrt. Jaxom achtete kaum auf die Antwort. Er lehnte sich an Ruths Flanke und sagte: »Zeig mir, was sie meinen!«
Grelle, widersprüchliche Bilder betäubten ihn. Es dauerte eine Zeitlang, bis Ruth die zahllosen Eindrücke zu einer zusammenhängenden Ansicht geordnet hatte.
Die Zylinder waren grau, mit Stummelflügeln, die wie armselige Imitationen der weitgespannten Drachenschwingen aussahen. Am Heck trugen die Zylinder einen Kranz aus kleineren Rohren, während das vordere Ende stumpf abgeschnitten war. Plötzlich zeigte sich eine Öffnung, etwa ein Drittel vom Heck des ersten Schiffes entfernt. Männer und Frauen kamen eine Rampe herunter. Es folgte ein Wirrwarr von Bildern. Menschen liefen umher, umarmten sich, sprangen jubelnd hoch. Und von da an herrschte Chaos – so, als habe sich jede Feuer-Echse einen bestimmten Menschen ausgesucht, dessen Eindrücke sie nun wiedergab.
Jaxom war jetzt überzeugt davon, daß die Vorfahren der Menschen hier Zuflucht vor der Wut des Vulkans gesucht hatten, in diesen Himmelsschiffen, die sie von den Dämmer-Schwestern nach Pern gebracht hatten. Und die Schiffe standen immer noch hier, weil sie aus irgendeinem Grund nicht zu den drei schimmernden Sphären zurückkehren konnten. Die Öffnung war im hinteren Drittel des Schiffes zu sehen gewesen? Umringt von ekstatischen Echsen, ging Jaxom den Hügel entlang, bis er glaubte, ungefähr die richtige Stelle gefunden zu haben.
Hier ist es, sagen sie. In Ruths Augen brannte ein gelbes Feuer.
Dutzende von Feuer-Echsen ließen sich zu seinen Füßen nieder und begannen mit ihren Klauen an den niedrigen Sträuchern und Gräsern zu rupfen.
»Ich müßte eigentlich zurück in die Bucht und den anderen Bescheid sagen«, murmelte Jaxom.
Alles schläft. Auch auf Benden.
Jaxom mußte zugeben, daß Ruth recht hatte.
Ich weiß, wie man gräbt. Ich habe schon gestern gegraben. Wir fangen
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