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Eiseskälte: Island-Krimi (German Edition)

Eiseskälte: Island-Krimi (German Edition)

Titel: Eiseskälte: Island-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indriðason
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Eins
    Ihm ist nicht mehr kalt. Ganz im Gegenteil, eine seltsame Hitze breitet sich in seinem Körper aus. Es war ihm so vorgekommen, als sei bereits alle Wärme aus seinem Körper gewichen, doch nun scheint sie in Hände und Füße zu strömen, und auch im Gesicht überläuft es ihn heiß.
    Er liegt ausgestreckt in der Finsternis, seine Gedanken sind verworren und ungereimt, er kann kaum noch zwischen Schlafen und Wachen unterscheiden, kann sich nicht konzentrieren, um seinen Zustand zu begreifen. Das Bewusstsein kommt und geht. Ihm geht es nicht schlecht, es ist ein angenehmes Gefühl von Schläfrigkeit. Träume drängen auf ihn ein, Erscheinungen, Klänge und Orte, die ihm bekannt und auch wieder fremd vorkommen. Sein Geist schlägt seltsame Kapriolen und jagt mit ihm ein ums andere Mal vor und zurück durch Vergangenheit und Gegenwart, durch Zeit und Raum. Er hat keine Kontrolle über diese Streifzüge des Geistes. Eine Zeit lang sitzt er im Krankenhaus am Bett seiner Mutter, die im Begriff ist, ihn zu verlassen. Im nächsten Moment herrscht tiefe Finsternis, und es kommt ihm vor, als befände er sich immer noch auf seinem Lager auf dem Fußboden des verlassenen Hofs, der einmal sein Zuhause war. Und gleichzeitig weiß er, dass es sich um eine Sinnestäuschung handeln muss.
    »Weshalb liegst du hier?«
    Er richtet sich halb auf und sieht, dass jemand in der Tür steht.
    Ein Reisender hat den Weg in sein Haus gefunden. Doch er versteht seine Frage nicht.
    »Weshalb liegst du hier?«, fragt der Fremde wieder.
    »Wer bist du?«, fragt er.
    Er kann das Gesicht des Mannes nicht erkennen, er hat nicht gehört, dass er hereinkam, er sieht ihn nur schemenhaft und hört ihn nur wieder und wieder dieselbe unerträgliche Frage stellen.
    »Weshalb liegst du hier?«
    »Ich bin hier zu Hause. Wer bist du?«
    »Ich möchte heute bei dir übernachten, wenn ich darf.«
    Der Mann sitzt neben ihm auf dem Boden und hat ein kleines Feuer entfacht. Er spürt die Wärme in seinem Gesicht und streckt die Hände in Richtung der Glut. Nur ein Mal zuvor ist ihm so kalt gewesen.
    »Wer bist du?«, fragt er den Mann ein weiteres Mal.
    »Ich bin gekommen, um dir zuzuhören.«
    »Mir zuzuhören? Wer ist bei dir?«
    Er spürt, dass sie nicht alleine sind. Irgendjemand folgt diesem Mann, jemand, den er nicht sehen kann.
    »Wer ist bei dir?«, fragt er wieder.
    »Niemand«, antwortet der Fremde. »Ich bin allein unterwegs. War hier dein Zuhause?«
    »Bist du Jakob?«
    »Nein, ich bin nicht Jakob. Seltsam, dass diese Wände noch stehen. Aber das Haus ist sicher.«
    »Wer bist du? Bist du Bóas?«
    »Mein Weg hat mich hier vorbeigeführt.«
    »Warst du schon einmal hier?«
    »Ja.«
    »Wann?«
    »Vor vielen Jahren. Als noch Menschen in diesem Haus lebten. Was ist aus ihnen geworden? Weißt du, was aus den Menschen in diesem Haus geworden ist?«
    Er liegt in der Dunkelheit und kann sich vor Kälte nicht bewegen. Er ist wieder allein, das Feuer ist verschwunden, auch der verlassene Hof ist verschwunden. Dunkelheit und Kälte umschließen ihn, und die Wärme an Händen und Füßen und im Gesicht schwindet wieder.
    Irgendwo hört er erneut das Scharren.
    Es nähert sich aus tiefer, kalter Ferne, steigert sich, und bald folgen ihm gellende Angstschreie.

Zwei
    Er stand in einem Geröllhang beim Urðarklettur und beobachtete, wie der Fuchsjäger sich langsam näherte. Sie tauschten ein paar höfliche Grußworte im Nieselregen aus. Ihre Worte durchschnitten die Stille, als würden sie aus einer anderen Welt kommen.
    Seit Tagen hatte sich die Sonne nicht gezeigt. Die Fjorde waren in Nebel eingehüllt, und laut Wettervorhersage würde es in den nächsten Tagen zu einem Kälteeinbruch mit Schneefällen kommen. Die Natur bereitete sich auf den Winterschlaf vor. Der Fuchsjäger fragte ihn, was er hier oben in den Bergen mache, wo sich sonst nur alte ausgefuchste Kerle wie er herumtrieben, um den Fuchsbestand im Rahmen zu halten. Er antwortete ausweichend, erklärte, aus Reykjavík zu kommen. Der Jäger sagte, er habe schon gesehen, dass sich auf dem verlassenen Hof da unten am Fjord jemand aufhalte.
    »Das war wahrscheinlich ich«, sagte er.
    Der Fuchsjäger stellte keine weiteren Fragen und sagte, er sei ein Bauer hier aus der Gegend und ganz allein unterwegs.
    »Wie heißt du?«, fragte er.
    »Erlendur.«
    »Mein Name ist Bóas«, sagte der Mann und sie gaben sich die Hand. »Hier oben in den Spalten und Klüften treibt sich ein Tier herum, das sich auf Schafe

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