Die drei Fragezeichen und der 5. Advent
Tasse ab, räusperte sich und blickte der alten Dame ernst ins Gesicht. »Der Mann, dem ich gestern aus dem Krankenhaus heimlich gefolgt bin, Sie erinnern sich, Madam, hat meine Beschattung ziemlich schnell spitzgekriegt. Und bereits in dem Bus, den er am Wilshire Boulevard bestiegen hatte, ist es dann zu einer ziemlich heftigen, aber sehr aufschlussreichen Auseinandersetzung gekommen. Der Mann hat sich plötzlich neben mich gesetzt und mich ziemlich barsch aufgefordert, ihm zu erklären, warum ich ihn verfolge.«
»Und?« Mrs Candle ahnte nicht im Geringsten, was Peter ihr so schonend wie möglich beizubringen versuchte. »Weiter!«
»Ich habe es geschafft, die Sachlage so hinzudrehen, dass der Mann zuerst mir einige Zusammenhänge darlegen musste, bevor er mich dazu nötigen konnte«, fuhr Peter fort. »Das war ganz einfach, nachdem ich ihm weisgemacht hatte, dass wir im Besitz von äußerst beweiskräftigen Kamera-Aufzeichnungen wären. Und dass er darauf eindeutig zu erkennen wäre, wie er in Ihrem Wohnzimmer, Mrs Candle, den Adventskalender manipuliert!«
»Kamera-Aufzeichnungen? Ich verstehe nicht ganz!«
»Das war natürlich ein Bluff«, erklärte Bob. »Und zwar ein ganz schön riskanter. Aber er zeigte, dass Peter mit seiner Vermutung voll ins Schwarze getroffen hatte. Denn der Mann –«
»Erzählst du jetzt weiter oder ich?« Der Zweite Detektiv machte ein entrüstetes Gesicht. »Ich hab doch schließlich in dem Bus gesessen!«
»Vollkommen klar, Peter«, griff Justus schlichtend ein. »Erzähl weiter!«
»Nachdem der Mann meine Geschichte geschluckt hatte, wendete sich das Blatt und er wurde plötzlich ganz klein mit Hut. Er wollte von mir wissen, ob wir schon die Polizei eingeschaltet und die Aufnahmen übergeben hätten. Ich habe Nein gesagt, aber gleich hinzugefügt, dass wir das auf alle Fälle bald tun müssten. Und daraufhin hat mir der Fremde einen ziemlich dreisten Deal angeboten.«
»Und der lautete?« Mrs Candle hing förmlich an Peters Lippen.
Der Zweite Detektiv nippte kurz an seinem Tee. »Wenn wir ihn gegenüber der Polizei heraushalten würden, würde er mir quasi als Gegenleistung reinen Wein einschenken.«
»Und diesem Angebot hast du zugestimmt?«
Peter nickte. »Was blieb mir schließlich anderes übrig, wenn wir nicht weiter im Dunkeln tappen wollten?«
»Weiter!«, forderte Mrs Candle Peter auf. »Was war der ›reine Wein‹?«
Der Zweite Detektiv wollte gerade zur Erklärung ansetzen,da ging Justus dazwischen. »Halt!«, rief er etwas zu schroff. Dann wandte er sich in ernstem Ton an die alte Dame. »Sind Sie sich wirklich sicher, dass Sie einer außerordentlich nervenaufreibenden Information gesundheitlich gewachsen sind?«
Mrs Candle überging diese Frage und wies mit ihrem Zeigefinger auf Peter. »Was hat dir der Mann gesagt?«
Dem Zweiten Detektiv wurde nun doch etwas mulmig zumute: Wenn Mrs Candle doch nicht das feste Nervenkostüm besaß, das sie zu tragen vorgab, wollte er nicht derjenige sein, der einen weiteren Zusammenbruch der alten Dame zu verantworten hatte. Deshalb gab er diese Last mit einem hilflosen Blick an Justus weiter.
»Also, Mrs Candle«, übernahm der Erste Detektiv die schwierige Aufgabe und versuchte, sich dabei so einfühlsam wie möglich auszudrücken. »Noch können wir natürlich nicht mit Gewissheit sagen, ob wir der Aussage des Mannes Glauben schenken können, aber er behauptet …« Er hielt kurz inne und räusperte sich. »Er behauptet, dass sich Ihr Enkelsohn Edward noch immer unter den Lebenden befindet.«
»So, so …« Die Beruhigungsmittel, die Mrs Candle vorhin erwähnt hatte, schienen tatsächlich zu wirken. Mit gefasstem Gesichtsausdruck blickte sie Justus in die Augen und stellte dem Ersten Detektiv nur eine einzige Frage. »Und … wo ist er jetzt?«
»Angeblich sitzt er – inklusive Untersuchungshaft – seit fünf Jahren im Sellamore-Gefängnis. Das befindet sich im Nordwesten von Los Angeles. Und der Mann, der Peter diese Information zukommen ließ, ist ein Zellengenosse IhresEnkels. Er heißt Jeremias Howard. Er hat sich während seines Freiganges aus dem Gefängnis offenbar heimlich Zutritt in Ihr Haus verschafft und im Auftrag von Edward verschiedene Gegenstände in die Säckchen Ihres Adventskalenders gesteckt.«
Mrs Candle blieb die Ruhe selbst. Dennoch war es unübersehbar, dass sich ihre Augen mit Tränen füllten. »Aber … aber warum?«
Justus zollte der alten Dame gegenüber größten Respekt. Er war
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