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Die drei Lichter der kleinen Veronika

Die drei Lichter der kleinen Veronika

Titel: Die drei Lichter der kleinen Veronika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Kyber
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wir zusammen waren und uns liebten, den Weg um ein kleines Stück vorausgewandert. Ich schaue nun zurück und warte auf dich, bis du mir nachkommst. Dazu aber mußt du dir selbst die silberne Rüstung wirken, und das hast du ja auch gewünscht, Veronika, an dem Tage, als du in der Sonne die Burg von Montsalvat geschaut. Dazu hat Gott dich diesmal auf die Erde heruntergeschickt, und wenn es dir gelingt, so gehen wir wieder zusammen wie damals, als wir uns liebten. Ich bin heute nur dazu da, um dir zu helfen. Ich kann dir geben, was ich zu geben habe, aber ich darf kein Geschenk von dir nehmen, Veronika. Doch wir werden uns wieder eines dem anderen schenken, wenn du gelernt hast, den Gralsschild zu tragen.«
    Veronika sah zu Johannes Wanderer auf.
    »Ich glaube, ich kann das verstehen«, sagte sie langsam, »aber wie erringe ich Schild und Rüstung, Onkel Johannes?«
    »Das ist ein schwerer Weg, Veronika, er führt über viele Schwellen und Stufen. Aber du bist ja tapfer und gut, und du bist schon eine weite Strecke dahin gewandert. Man muß auch manche Bürde geduldig tragen, wie es der alte Aron Mendel tat. Nur die Bürde, von der du eben gesprochen hast, sollst du nicht auf dich nehmen. Sie würde zu schwer für dich werden, kleine Veronika.«
    Veronika schaute mit großen Augen ins Weite.
    »Ich will Schild und Rüstung suchen und finden, und dann gehen wir wieder ganz und für immer zusammen, Onkel Johannes, nicht wahr?«
    Da küßte Johannes Wanderer Veronika auf die Stirn, und das Bildnis der grauen Frau lächelte. Durch die Wolken draußen brach ein Sonnenstrahl und fing sich in Veronikas Haar.
    *
    In der Nacht sah Veronika ihren Engel vor sich stehen. Er hielt den Leuchter mit den drei Lichtern hoch über ihr. Das rote Licht flackerte und zuckte unruhevoll, wie der Herzschlag der kleinen Veronika. Aber der Engel breitete seine Hand darüber, und allmählich wurde die rote Flamme stiller und stiller. Sie neigte sich zum goldenen Licht in der Mitte, und Veronika schlief ein.
    Es war diese Nacht ein großer Friede im Hause der Schatten. Aber er wurde jäh unterbrochen, und Veronika fuhr aus dem Schlafe auf.
    Die Glocken von Halmar läuteten Sturm! Ein heller Schein lohte auf, wie fernes Wetterleuchten. Magister Mützchen klammerte sich ans Fensterkreuz und schaute hinaus.
    »Schloß Irreloh brennt!« rief er, »die roten Gesellen haben ihr heimliches Feuer unter der Asche wieder angeschürt mit den heißen Kerzenflammen von Ulla Uhlbergs Karneval.«
    Die Glocken von Halmar wimmerten und klagten laut in die kalte Winternacht. Um Ulla Uhlbergs Schloß sang die Brandung ihr altes Lied von den Gespenstern, die um verlorenes Strandgut irren, und vom Turm herab warfen die roten Gesellen von Irreloh den grellen Schein ihrer Brandfackeln weit ins Land hinaus über den weißen Schnee.

9. Moregen
    »Mitternacht ist vorüber, und es ist Morgen geworden.«
    Es war der Meister, der zu Johannes Wanderer gekommen war und diese Worte sprach. Wie er kommt und wie er geht – wer vermag das zu sagen? Es sind die geheimnisvollen Dinge, die sich im Ring der Brüder vom Gral begeben, und sie geschehen da, wo sich diese und jene Welt verschwistern. Die Menschen, die nur auf der Erde wandeln, wissen nichts davon.
    Es war im Gartenhaus, und es war Nacht.
    Johannes Wanderer saß vor seinem einfachen, schmucklosen Arbeitstisch, und er hatte drei Kerzen darauf angezündet, die er hütete als ein Bildnis von den drei Lichtern der kleinen Veronika. Denn es war ihre Seele, an die er dachte, als ihm der Meister zu Hilfe kam.
    »Es ist sehr finster auf der Erde«, sagte der Meister, »so finster ist es noch niemals gewesen. Aber die tiefste Finsternis ist vorbei. Die Weltuhr schlug, und es geht gegen Morgen. Doch der Morgen bedeutet auch den Kampf, damit der Menschheit Jugendland wieder erstehen kann.«
    »Ich weiß das«, sagte Johannes Wanderer, »ich bin bereit zu jeder Stunde, wenn ich gerufen werde.«
    »Es werden viele große Ereignisse in dieser Weltenwende geschehen«, sagte der Meister, »damit die Menschen erwachen und es begreifen, daß die Heerlager von Weiß und Schwarz um ihre Seelen ringen. Der Gral braucht alle seine Streiter. Auch Veronika ist gerufen worden, und es ist um ihretwillen, daß ich kam.«
    »Veronika wird an meiner Seite stehen«, sagte Johannes Wanderer, »wenn wir gerufen werden. Aber mir ist bange um sie, und ich sehnte mich nach dir, daß du kämest, mir zu helfen. Veronika ist rein und reif, aber sie hat sich

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