Die drei Musketiere Trilogie 03 - Zehn Jahre später
»reden Sie nicht so vor den Kindern hier.«
Die Kinder hatten inzwischen Herrn d'Artagnan umringt und staunten sein Roß, sein Schwert und seine Sporen an. Bazin jagte sie mit Schlägen in die Schulstube zurück. – »Wo ist die Diözese deines Herrn?« rief der Haudegen. – »Monseigneur René ist Bischof von Vannes.« – »Wer hat ihm denn dazu verholfen?« –»Der Herr Oberintendant, unser Nachbar.« – »Was? Fouquet? Also steht sich Aramis gut mit ihm?« – »Er hat dort alle Sonntage gepredigt und ist später mit dem Herrn Oberintendanten immer auf die Jagd gegangen?« – »So, so! Und nun ist er in Vannes? Warum bist du nicht mit deinem Herrn gegangen? Wie lange ist er dort?« – »Seit einem Monat. Ich habe hier doch so viel zu tun. Da kann ich doch nicht weg.« – »Wie? Bist du denn gar Priester geworden?« – »Noch nicht. Da nun aber der gnädige Herr fort ist, wird's damit nicht mehr lange dauern,« antwortete Bazin, sich die Hände reibend.
»Laß mir was zum Abendbrot zurechtmachen, Bazin!« rief d'Artagnan, »und besorge meinen Gaul, wenngleich ihr hier wohl nicht mit Pferden umzugehen versteht.« – Bazin betrachtete das Pferd ziemlich geringschätzig. – »Der Herr Oberintendant,« antwortete er, »hat vier Pferde aus seinem Marstall hergeschickt, die alle mehr wert sind als Euers hier. Junge!« rief er einem seiner Schüler zu, »lauf und sag' der Köchin, sie solle ein kaltes Huhn herrichten.« – Diese Worte besänftigten den Soldaten wieder, der über die Beleidigung seines Rosses schon außer sich geraten wollte. »Sieh da!« sagte er, »wenn der Herr Oberintendant so viele Pferde hat, so hat er wohl auch Musketiere.« – »Jedenfalls hat er Geld genug, alle Musketiere des Königs zu unterhalten,« versetzte Bazin prahlerisch.
Da das Abendessen inzwischen fertiggemacht war, trat der Reitersmann in die Küche und ließ sich's gut schmecken. Während des Essens versuchte d'Artagnan, Bazin über alles mögliche auszufragen, aber er hatte damit wenig Glück. Bazin war auf seiner Hut und ließdie Neugierde seines Gastes unbefriedigt. Obwohl das Bett, das ihm angewiesen wurde, in seiner Art fast noch härter war, als das gebratene Huhn gewesen, so fürchtete sich d'Artagnan doch ebensowenig davor, sondern streckte sich behaglich aus und brauchte nicht mehr Zeit dazu einzuschlafen, als er zum Abnagen des letzten Hühnerknochens gebraucht hatte.
Am andern Morgen war d'Artagnan bei früher Stunde schon wieder unterwegs. Sein nächstes Ziel war Pierrefonds, wo er endlich einen Freund und eine volle Geldkiste zu finden hoffte. Er ritt an dem Schlosse des Herzogs Ludwig von Orléans vorbei – einer mittelalterlichen Burg mit dicken Mauern und hohen Türmen – und erblickte am Morgen des dritten Tages am Ufer eines großen Teichs und am Saume eines herrlichen Waldes das Schloß seines Freundes Porthos. Als er in den Wald hineingeritten war, sah er wenige Schritte vor sich einen großen Kasten, der sich auf zwei Rädern bewegte und von zwei Lakaien geschoben, von zweien gezogen wurde. Der unförmige Gegenstand, der sich darin befand, war zunächst nicht zu erkennen, dann glaubte d'Artagnan, es sei ein Faß, und dann, als er noch näher kam, ward ihm klar, daß es ein fabelhaft aufgedunsener Mensch war, der das ganze Innere ausfüllte. Und dieser Mensch war Mousqueton – Mousqueton mit weißen Haaren und rotem Gesicht.
»Wahrhaftig, das ist ja Mousqueton!« rief er aus. »Heda, Freund!« – »Was?« schrie der Dicke. »Herr d'Artagnan! Haltet an, Kerle! O, verehrter Herr! Ich kann Ihre Knie nicht umfassen, ich bin ein Krüppel geworden.« – »Das bringt das Alter mit sich, Freundchen.« – »Nein, ich hab's vom Herzeleid!« stöhnteMousqueton. »Ach, meine Beine wollen mich nicht mehr tragen.« – »Du fütterst sie zu gut.« – »Jenun, ich habe für meinen Körper stets getan, was in meinen Kräften stand. Ich bin nie einseitig gewesen. Aber wie wird sich der gnädige Herr freuen, daß Sie mal wieder an ihn gedacht haben! Das muß ich ihm gleich schreiben.« – »Was? Schreiben? Also ist er nicht hier? Wo ist er denn? Weit weg oder in der Nähe?« – »Das weiß ich nicht,« antwortete Mousqueton.
»Potzblitz! welch ein Pech! Der Stubenhocker Porthos ist ausgeflogen!« rief d'Artagnan und schlug sich auf den Schenkel. – »Allerdings. Unser Herr pflegt selten auszugehen, aber wenn man von einem Freunde aufgescheucht wird –« – »Von wem denn?« – »Von Chevalier
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