Die drei Schmiede ihres Schicksals
Die drei Schmiede ihres Schicksals
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Tags: Erzählung
Stifter, Adalbert: Die drei Schmiede ihres Schicksals
Ist das, was die beiden jungen Männer Erwin und Leander - beide reich, beide Waisenkinder und jeweils von einem "tyrannischen Vormunde" erzogen - sich vorgenommen haben, heute noch aktuell? Sie sind geschult worden im Geist der Antike und der Klassiker, gestählt wie die Spartaner, dem weiblichen Geschlecht ganz abhold. Im Geiste der Stoa beschließen sie, "Schmiede ihres Schicksals zu werden, nämlich sich von allem unabhängig zu machen, was zufällig sei" . Sie fallen durch ihre Weltfremdheit, aber auch durch ihre sportliche Härte auf, mit dem Unglück anderer zeigen sie kein Mitgefühl. Leander verlässt allerdings nach einigen Jahren den Zweierbund und muss eine Reise durch Europa antreten, "dass er Weltbildung bekomme" . Erwin, der nach dem Tod seines Vormunds sein Erbe antritt, erweist sich als pedantischer, genau planender Verwalter seiner Güter - mit Erfolg. Als er im Begriff steht, nach Texas auszuwandern und hofft, Leander zum Mitkommen zu bewegen, erhält er von diesem die Nachricht, dass er heiraten werde und sehr glücklich sei, Erwin solle auf jeden Fall zur Hochzeit kommen. Dieser empfindet zum ersten Mal einen solchen "Schmerz" und "Verdruss" , dass er ihn mit seiner stoischen Haltung kaum bezwingen kann, fährt aber zur Hochzeit. Leander begrüßt ihn herzlich, schämt sich aber auch ein wenig des Freundes, der immer noch in seinem grauen Rock herumläuft. In der Nacht passiert es, dass sich ein schönes Mädchen, Rosalie Fargas, schlafwandelnd in Erwins Zimmer verirrt. Sie wacht auf, als sich der verschreckte Erwin davonstehlen will und ist zutiefst beschämt. Erwin tut einen kühnen Sprung in ihr gegenüber liegendes Fenster, schließt von innen auf und lässt sie zu ihrer Erleichterung wieder in ihr Zimmer hinein. Aber am nächsten Tag plaudert der törichte Haushofmeister aus, ein weißes Gespenst aus Erwins Zimmer kommend gesehen zu haben. Erwin spürt, dass man ein amouröses Abenteuer vermutet und gerät außer sich vor Zorn....
Stifter lässt in dieser humorvollen, feinen Satire, die übersichtlich wie ein Experiment angeordnet ist, keinen Zweifel an der "Albernheit" Erwins, ganz und gar Schmied seines Schicksals sein zu können, und die Lehre lautet, "dass es einen Zufall gibt, und dass wir nur weise sind, wenn wir ihn beherrschen." . Nicht zu übersehen, dass von d r e i Schmieden des Schicksals die Rede ist, der dritte dürfte Rosalie sein, für die sich der peinliche Zufall auffällig zu ihren Gunsten entwickelt, sie, "die Unvermählbare betete ihren Gatten an", aber gleichzeitig "flüsterten die bösen Zungen, dass nämlich Erwin ein ganz klein wenig unter dem Pantoffel stehe." .
Zurück zur eingangs gestellten Frage: Ja - mir scheint der geschilderte Zustand trotz der zeitbedingten Art der Verschrobenheit der beiden Helden durchaus noch charakteristisch für eine Entwicklungsphase bei Jungen oder jungen Männern zu sein, bevor sie nämlich die Sicherheit gewährende Nähe ihrer Kumpane zugunsten einer Öffnung hin zum anderen Geschlecht aufgeben. Nicht nur schildert Stifter die Absonderlichkeit eines solchen Schutzverhaltens, sondern ebenso die tiefen emotionalen Erschütterungen, die mit der Verteidigung und schließlich der Aufgabe eines solchen Verhaltens verbunden sind.
Erzählungen
- Die drei Schmiede ihres Schicksals
- Hagelwetter
- Ein Gang durch die Katakomben
- Die Sonnenfinsternis am 8. Juli 1842
- Der Waldsteig
- Der Kuss von Sentze
- Mein Leben
- Anekdoten über Stifter
Adalbert Stifter
Die drei Schmiede ihres Schicksals
und andere Erzählungen
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epub: 2009 © TUX
Autor
Adalbert Stifter wurde am 23.10.1805 in Oberplan (Böhmerwald) geboren. Er kam als Sohn eines Leinewebers und Flachshändlers aus einfachen Verhältnissen. Als er 12 Jahre alt war, starb der Vater, und er wurde von da ab von den Großeltern erzogen. Er besuchte von 1818 bis 1826 das Gymnasium und studierte anschließend bis 1830 in Wien zunächst Jura, dann Naturwissenschaften und Geschichte, machte aber keine Abschlußprüfung.
Stifter wollte gern Landschaftsmaler werden. Den Lebensunterhalt verdiente er sich als Privatlehrer in Wiener Adelshäusern. 1848 zog Stifter nach Linz und lebte dort die letzten Jahrzehnte seines Lebens. In seinen letzten Lebensjahren war er
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