Die dreißig tolldreisten Geschichten - 1 (German Edition)
Prolog
Das ist ein stark gepfeffertes Buch, ein Buch für die Kenner kräftiger und saftiger Bissen, die vom Guten und Besten der Welt den Geschmack auf der Zunge haben, und eines für solche Zecher am Spundloch des Lebens, die schon dem unsterblichen François Rabelais, unsrem Tourainer Landsmann ewigen Angedenkens, die liebste Kumpanei und Jüngerschaft waren.
Nicht daß der Autor sich einbildet, etwas andres zu sein als ein guter Tourainer und etwas andres zu können, als den guten Gesellen dieses fetten und famosen Landes ein paar Schöpflöffel einer nicht alltäglichen Brühe zu kredenzen; – dieses Landes, das fruchtbarer ist an gehörnten und hörnerpflanzenden Spaßvögeln als irgendein Land der Welt, darunter nicht wenige sind, vor denen unser ganzes Volk salutiert und noch einige Völker der Erde mit ihm, wie der Meister Courier selig, der nun niemand mehr kitzelt, oder Meister Verville mit seinem Buch ›Wie die Welt will beschissen werden‹ und andere, die jedermann kennt, den edlen Meister Cartesius ausgenommen. Denn der war ein fast düsterer Geist und hat seine Wolkenträume und Hirngespinste höher gestellt als die guten fetten Bissen und die klaren Tropfen, also daß die Waffelbäcker und Garköche der guten Stadt Tours nichts von ihm wissen noch hören wollen und, wenn man seinen Namen nennt, ein Gesicht machen, als ob sie sagen wollten: ›Ist mir nicht vorgestellt.‹
Dieses Buch aber gehört zu den Früchten, wie die lustigsten und ausgelassensten Stunden unsrer guten alten Mönche sie hervorbrachten und wovon man hier und da in alten Klöstern und Schlössern noch Überbleibsel findet, wie in den weiland fetten Abteien Marmoustiers und Turpenay oder etwa auf Azay und Roche-Corbon und sonst in verstaubten Typotheken jovialer Chorherren und alter Edeldamen, die oft ganze Sammlungen davon lebendig mit sich herumtragen. Sie haben die gute alte Zeit gekannt, wo man noch wußte, was Lachen heißt, und man nicht gleich jemand ängstlich ansah, ob ihm nicht ein Heuwagen aus dem Munde komme, wenn's ihm herausplatzte und den Bauch schütterte, wie es heut bei den jungen Damen Sitte ist, die so gravitätisch dasitzen und deren Art zu unserm lustigen Lande paßt wie ein Nachtgeschirr auf das Haupt einer Königin. Und da das Lachen ein Privilegium des Menschen ist, daran keine andere Kreatur teilnimmt, und wir Grund genug zur Traurigkeit haben in diesen Tagen der sogenannten politischen Freiheit, also daß wir den heiligen Philisterernst, der uns überall anglotzt, nicht auch noch durch Bücher zu vermehren brauchen – habe ich geglaubt, ein ganz verflucht patriotisches Werk zu tun, indem ich meinen Zeitgenossen so ein Körbchen voll Lustigkeit schenkte. Wahrhaftig, die Zeit tut mir leid. Wie ein feiner Regen rieselt die Langeweile auf uns hernieder und sickert in uns durch alle Poren mit ihrer schleimigen Feuchtigkeit, daß es kein Wunder ist, wenn alles die Gehirnerweichung kriegt und unsre alten Sitten zum Ammenmärchen werden, die Sitten von dazumal, wo uns die öffentlichen Angelegenheiten, oder wie man die Lumpereien nennen mag, nur so weit interessierten, als sie uns Stoff zu Spott und Hohngelächter gaben. Immer seltener werden sie, die alten Pantagruelisten, die keine Zeit hatten, dem König und dem lieben Gott ins Handwerk zu pfuschen, weil ihnen Lachen und Lustigsein eine wichtigere Sache dünkte; mir scheint, sie sterben aus, und so befürchte ich, daß man die genannten Überbleibsel jener ehemaligen lustigen Breviere, ich fürchte, sage ich, daß man sie verketzern, verleumden und verschimpfieren, daß man sie anspeien und mit Kot bewerfen, daß man sie bepissen und beschmeißen wird, was einem Menschen, der noch Respekt hat vor ehrwürdigen Trümmern und Altertümern, nicht Wurscht sein kann und nicht Schwartenmagen.
Wollt auch bedenken, ihr gelbsüchtig-galligen und gar nicht gallischen Kritiker, Phrasendrescher und Wortverdreher, die ihr nichts könnt, als die Aspirationen und Inspirationen anderer zu verdächtigen, wollet bedenken, sage ich, daß wir nur als Kinder lachen und daß uns mit der Zeit das Lachen ausgeht wie einer Lampe das Öl. Daraus könnt ihr sehen, daß man zum Lachen unschuldig und reinen Herzens sein muß. Wo ihr aber zusammengekniffene Lippen, hochgezogene Brauen, gerunzelte Stirnen, kurz, finstere Gesichter seht, da dürft ihr sicher sein, daß auch das Herz finster ist und voll Unrat. Nehmt an, dieses Buch sei eine Bildgruppe oder Statue; wollt ihr
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