Die Drenai-Saga 3 - Waylander
aufzustehen, sank jedoch gegen den kalten Stein zurück und stöhnte, als die Pfeilspitze in sein Fleisch drückte. Die Krieger der Bruderschaft rückten näher, schwarze Helme bedeckten ihre Gesichter, schwarze Umhänge blähten sich hinter ihnen, wenn ein Wurfgeschoß sie erfaßte. Waylander zerrte ein Wurfmesser aus seinem Wehrgehänge und schleuderte es, doch die Klinge wurde von einer schwarz behandschuhten Hand verächtlich beiseite gewischt.
Eine überwältigende Angst befiel den Meuchelmörder, gegen die selbst seine Schmerzen verblaßten.
Er wollte nicht sterben. Der Friede, den er vorher gefühlt hatte, löste sich in Luft auf und ließ ihn verloren und verängstigt zurück wie ein Kind in der Dunkelheit.
Er betete um Stärke. Um Erlösung. Um Lichtblitze vom Himmel …
Und die Bruderschaft lachte.
Ein gestiefelter Fuß trat Waylander ins Gesicht, daß es ihn zu Boden schleuderte.
»Abscheuliches Ungeziefer, du hast uns viel Ärger gemacht.«
Ein Krieger kniete sich vor ihn und packte den abgebrochenen Pfeil, der in Waylanders Seite steckte und drehte ihn heftig. Gegen seinen Willen schrie Waylander auf. Ein bronzebeschlagener Lederhandschuh krachte gegen sein Gesicht, und er hörte, wie seine Nase brach. Seine Augen füllten sich mit Schmerzenstränen, er spürte, wie er in eine sitzende Position gezerrt wurde. Als er wieder sehen konnte, starrte er in die dunklen Augen des Wahnsinns hinter der schwarzen Gesichtsmaske des Kriegers.
»Du bist es, der wahnsinnig ist«, sagte der Mann, »denn du glaubst, dich der Macht des Geistes entgegenstellen zu können. Was hat es dich gekostet, Waylander? Dein Leben gewiß. Durmast hat die Rüstung – und deine Frau. Und er wird beide benutzen. Mißbrauchen.«
Der Mann packte den Messergriff, der aus Waylanders Schulter ragte.
»Gefallen dir Schmerzen, Meuchelmörder?« Waylander stöhnte, als der Mann langsam Druck auf das Messer ausübte. »
Ich
mag Schmerzen.«
Er verlor das Bewußtsein, trieb in einem dunklen Meer der Ruhe. Aber auch dort fanden sie ihn, und seine Seele floh über einen jettschwarzen Himmel, verfolgt von Ungeheuern mit Flammenzungen. Er erwachte von ihrem Gelächter und sah, daß der Mond hoch über Raboas stand.
»Jetzt weißt du, was Schmerzen sind«, sagte der Anführer. »Solange du lebst, wirst du leiden, und wenn du stirbst, wirst du leiden. Was gibst du mir, wenn ich deine Schmerzen beende?«
Waylander sagte nichts.
»Jetzt fragst du dich, ob du die Kraft hast, ein Messer zu ziehen und mich zu töten. Versuch es, Waylander! Bitte, versuch es. Hier, ich helfe dir.« Er zog ein Wurfmesser aus dem Wehrgehänge des Meuchelmörders und drückte es ihm in die Hand. »Versuch mich zu töten.«
Waylander konnte seine Hand nicht rühren, obwohl er sich bemühte, bis das Blut aus der Wunde in seiner Schulter sprudelte. Mit aschfahlem Gesicht sackte er zurück.
»Es kommt noch schlimmer, Waylander«, versprach der Anführer. »Jetzt stich dir selber ins Bein.«
Waylander sah zu, wie seine Hand sich hob und drehte … und er schrie, als die Klinge in seinen Schenkel fuhr.
»Du gehörst mir, Meuchelmörder. Mit Körper und Seele.«
Ein anderer Mann kniete neben dem Anführer nieder. »Sollen wir Durmast und das Mädchen verfolgen?«
»Nein. Durmast gehört uns. Er wird die Rüstung zu Kaem bringen.«
»Wenn du erlaubst, würde ich dann gern ein Gespräch mit dem Meuchelmörder führen.«
»Aber natürlich, Enson. Wie selbstsüchtig von mir. Bitte, fahre fort.«
Der Mann kniete sich über Waylander. »Zieh das Messer aus deinem Bein«, befahl er. Waylander spürte, daß er kurz davor war zu betteln, doch er biß die Zähne zusammen. Seine Hand griff hinunter und zerrte grausam an der Klinge, doch sie kam nicht frei.
»Ganz ruhig, Enson«, sagte der Anführer. »Deine Aufregung verringert deine Macht.«
»Ich bitte um Entschuldigung, Tchard. Darf ich es noch einmal versuchen?«
»Selbstverständlich.«
Wieder zog Waylanders Hand an der Klinge, und diesmal riß er sie aus der Wunde.
»Sehr gut«, sagte Tchard. »Jetzt versuche etwas Raffiniertes. Laß ihn sich langsam ein Auge ausstechen.«
»Götter, nein!« flüsterte Waylander. Doch das Messer hob sich langsam, die blutbedeckte Spitze näherte sich unaufhaltsam seinem Gesicht.
»Ihr stinkenden Hurensöhne!« brüllte Durmast. Tchard fuhr herum und sah den bärtigen Riesen mit einer doppelköpfigen Streitaxt in den Händen auf dem Pfad stehen. Enson drehte sich ebenfalls um,
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