Die Drenai-Saga 3 - Waylander
an mir vorbei«, sagte der Mann ruhig.
»Wenn du es sagst, Bruder«, antwortete Dardalion.
»Wer bist du, daß du mich Bruder nennst?«
»Ich bin ein Priester wie du.«
»Wessen Priester?«
»Der QUELLE.«
»Ein Priester mit Schwertern? Das glaube ich nicht. Wenn du mich töten mußt, dann tu es.«
»Ich bin nicht hier, um dich zu töten. Und ich bin, was ich behaupte.«
»Dann warst du ein Priester?«
»Ich
bin
ein Priester.«
»Ich spüre Tod an dir. Du hast getötet.«
»Ja. Einen bösen Mann.«
»Wer bist du, über ihn zu urteilen?«
»Ich habe nicht über ihn geurteilt – das haben seine Taten für ihn getan. Warum bist du hier?«
»Wir beobachten.«
»Wir?«
»Meine Brüder und ich. Wir sagen General Egel, wann der Feind näher rückt.«
»Wie viele Brüder sind hier?«
»Fast zweihundert. Zu Beginn waren wir dreihundertundsieben. Einhundertundzwölf sind nun bei der QUELLE.«
»Getötet?«
»Ja«, antwortete der Mann traurig. »Getötet. Die Dunkle Bruderschaft hat sie vernichtet. Wir versuchen, vorsichtig zu sein, wenn wir fliegen, denn sie sind schnell und erbarmungslos.«
»Einer versuchte, mich zu töten«, sagte Dardalion, »und ich lernte zu kämpfen.«
»Jeder wählt seinen eigenen Weg.«
»Du billigst es nicht?«
»Es ist nicht an mir, zu billigen oder zu mißbilligen. Ich urteile nicht über dich. Wie könnte ich?«
»Du dachtest, ich hörte zur Bruderschaft?«
»Ja. Denn du trägst ein Schwert.«
»Und doch hast du dich mir in den Weg gestellt. Du besitzt großen Mut.«
»Es ist nicht schlimm für mich, zu meinem Gott geschickt zu werden.«
»Wie heißt du?«
»Clophas. Und du?«
»Dardalion.«
»Möge die QUELLE dich segnen, Dardalion. Aber ich denke, du solltest jetzt gehen. Wenn der Mond am höchsten steht, steigt die Bruderschaft in den Himmel.«
»Dann werde ich mit dir warten.«
»Ich wünsche deine Gesellschaft nicht.«
»Du hast keine Wahl.«
»Dann sei es.«
Sie warteten schweigend, während der Mond höher stieg. Clophas weigerte sich zu reden, so daß Dardalion sich damit beschäftigte, den unter ihnen liegenden Wald zu studieren. Egel hatte das Lager seiner Armee vor der südlichen Mauer von Skarta aufschlagen lassen, und der Priester konnte Späher sehen, die am Rand des Waldes patrouillierten. Es würde keine leichte Aufgabe für die Vagrier sein, den Grafen des Nordens zu erobern, denn es gab nur wenige Stellen in Skultik, die für eine regelrechte Schlacht geeignet waren. Andererseits, wenn sie die Städte angriffen, blieb Egel zwar mit einer unversehrten Armee zurück, hatte aber niemanden mehr zu verteidigen. Egel selbst stand vor ähnlichen Problemen. Blieb er, garantierte ihm das kurzfristige Sicherheit, aber so konnte er den Krieg nicht gewinnen. Verließ er Skultik, kam das einem Selbstmord gleich, denn er hatte nicht die Reserven, um eine vagrische Armee zu besiegen. Bleiben hieß verlieren, Gehen bedeutete zu sterben.
Und während sich diese Probleme auftürmten, wurde das Land der Drenai zum Schlachthaus des Kontinents.
Dardalion fand diesen Gedanken zutiefst bedrückend und wollte gerade in seinen Körper zurückkehren, als er Clophas Seele schreien hörte.
Er blickte sich um und sah, daß der Priester verschwunden war und fünf Krieger in schwarzer Rüstung unter ihm schwebten. Sie hielten dunkle Schwerter in den Händen.
Wutentbrannt zog Dardalion seine Schwerter und griff an. Die fünf Krieger sahen ihn erst, als er über ihnen war, und zwei verschwanden im Nichts, als seine Silberklinge ihre Astralleiber durchdrang. Als die übrigen drei sich auf ihn stürzten, parierte er einen Hieb mit links und blockierte einen weitausholenden Schlag mit rechts. Seine Wut verlieh ihm blitzartige Schnelligkeit, und seine Augen sprühten Funken, als er kämpfte. Mit einer Drehung des rechten Handgelenks glitt sein Schwert unter die Deckung eines Kriegers, so daß es dem Mann in die Kehle fuhr. Der Krieger verschwand. Die letzten beiden flohen den Kampf und eilten nach Westen, doch Dardalion verfolgte sie. Den ersten erwischte er direkt über dem Skoda-Gebirge und tötete ihn mit einem wilden Hieb. Der einzige Überlebende kehrte in letzter Sekunde in die Zuflucht seines Körpers zurück …
Seine Augen öffneten sich ruckartig, und er schrie. Soldaten rannten zu seinem Zelt, und er erhob sich mühsam. Auf dem Boden neben ihm lagen ausgestreckt seine vier Gefährten, steif im Tode.
»Was zum Teufel geht hier vor?« wollte ein Offizier wissen
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