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Sprengstoff

Sprengstoff

Titel: Sprengstoff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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PROLOG
    Ich weiß nicht warum, Sie wissen nicht warum.
    Höchstwahrscheinlich weiß Gott es auch nicht.
    Das ist Sache der Regierung.

    Straßeninterview zum
    Vietnamkrieg, etwa 1961

     
    Aber der Vietnamkrieg war vorbei, und das Leben ging weiter.
    An einem heißen Augustnachmittag des Jahres 1972 parkte ein Übertragungswagen in Westgate, genau am Anfang dei Stadtautobahn Route 784. Um ein hastig zusammengeschu-stertes Podium hatte sich eine kleine Menschenmenge versammelt. Das Podium war mit einer Plane aus Fahnentuch bedeckt, die wie eine dünne Haut das Skelett aus nackten Holzplanken überzog. Dahinter standen auf einem aufgeschüttetem Erdwall die Mauthäuschen für die neue Autobahn, und dahinter erstreckte sich das offene, unbebaute Marschland bis zum Randbezirk der Vorstädte.
    Ein junger Reporter namens Dave Albert machte schnell noch ein paar Stegreifinterviews, während er und sein Team auf die Ankunft des Bürgermeisters und des Gouverneurs warteten, die feierlich den ersten Spatenstich tun sollten.
    Er hielt das Mikrophon einem ältlichen Mann mit getönter Brille unter die Nase.
    »Na ja«, sagte der Mann und blickte ängstlich in die Kamera. »Ich glaube, für die Stadt ist das eine großartige Sache.
    So etwas haben wir schon lange gebraucht. Es ist … eine großartige Sache für die Stadt.« Er schluckte nervös, als er merkte, daß er sich wiederholte, starrte aber weiter hin wie gebannt in die surrende Kamera, das Zyklopenauge, welches alles für die Nachwelt festhielt. »Großartig«, wiederholte er mit müder Stimme.
    »Vielen Dank, Sir, ich danke Ihnen vielmals.«
    »Glauben Sie, daß sie es bringen werden? Heute abend in den Nachrichten?«
    Albert schenkte ihm ein bedeutungsloses, professionelles Lächeln. »Schwer zu sagen, Sir. Schon möglich.«
    Sein Toningenieur deutete zu den Mauthäuschen hinüber, wo soeben der Chrysler Imperial des Gouverneurs vorgefah-ren war. Chrom und Lack glänzten in der strahlenden Sommersonne. Albert nickte und streckte seinen Zeigefinger in die Höhe. Dann ging er mit seinem Kameramann auf einen Mann in einem weißen Hemd mit aufgerollten Ärmeln zu, der mit düsterer Miene zu dem Podium hinaufblickte.
    »Würde es Ihnen etwas ausmachen, uns Ihre Meinung mitzuteilen, Mr …?«
    »Dawes. Nein, durchaus nicht.« Er hatte eine weiche, angenehme Stimme.
    »Klappe«, murmelte der Kameramann.
    Der Mann im weißen Hemd sagte im gleichbleibend angenehmen Tonfall: »Ich finde, das ist eine ganz große Scheiße.«
    Der Kameramann verzog das Gesicht. Albert nickte, bedachte den Hemdsärmeligen mit einem vorwurfsvollen Blick und machte mit dem Zeige- und Mittelfinger seiner rechten Hand eine Geste, als würde er etwas zerschneiden.
    Der ältliche Herr hatte die Szene entsetzt beobachtet. Oben bei den Mauthäuschen machte der Gouverneur Anstalten, aus seinem Imperial zu steigen. Sein hellgrüner Schlips leuchtete in der Sonne.
    Der Mann im weißen Oberhemd fragte höflich: »Werden Sie das Interview in den Sechs- oder Elf-Uhr-Nachrichten senden?«
    »Ha-ha, Mister, Sie sind ein Revoluzzer«, antwortete Albert säuerlich und ging weg, um den Gouverneur zu interviewen. Der Kameramann trottete hinter ihm her. Der Mann im weißen Hemd betrachtete aufmerksam den Gouverneur, der jetzt vorsichtig den Grashang herunter kam.
    Albert sollte den Mann mit den aufgerollten Hemdsärmeln siebzehn Monate später noch einmal treffen, aber da keiner von beiden sich an diese erste Begegnung erinnern konnte, hätte es ebensogut das erste Mal sein können.

 
Erster Teil
NOVEMBER
    Gestern Nacht Schlug der Regen an mein Fenster 
    Ich ging durch das dunkle Zimmer und
    glaubte im Licht der Straßenlampe
    Den Geist unseres Jahrhunderts auf der
    Straße zu sehen
    Der uns sagte, daß wir alle am Rande
    des Abgrunds stehen.
    AL STEWARD

20. November 1973
    Er tat immer wieder Dinge, über die nachzudenken er sich nicht gestattete. So war es sicherer. Es war, als hätte er eine Sicherung im Kopf, die immer dann heraussprang, wenn etwas in seinem Gehirn ihn fragten wollte: Warum tust du das?
    Dann wurde es sofort dunkel. He, Georgie, wer hat das Licht ausgeschaltet? Huch, das war ich. Wahrscheinlich ein Kurz-schluß. Eine Sekunde, ich dreh’ schnell die Sicherung wieder rein. Die Lichter gehen wieder an. Aber die Frage ist verschwunden. Alles in bester Ordnung. Machen wir weiter, Freddy - wo sind wir stehengeblieben?
    Er ging gerade zur Bushaltestelle, als ihm das Schild in die Augen

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