Die dunkle Horde - Die Troll-Saga ; [5]
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D er Hunger war zu einem ständigen Begleiter geworden. Meist spürte Karn ihn im Hintergrund, ein unangenehmes Gefühl der Leere in seinem Leib. Aber manchmal, so wie in diesem Augenblick, war es ein beißendes Nagen, als sei der Hunger etwas Lebendiges in ihm, was sich an seinen Eingeweiden labte. In diesen Momenten konnte sich Karn kaum auf etwas anderes konzentrieren, zu übermächtig war dieser seltsame Schmerz. Er versuchte, sich abzulenken, an die anderen zu denken, die auf ihn angewiesen waren, und irgendwie gab ihm dieser Gedanke genug Kraft, und er verdrängte den Hunger wieder aus seinem Geist.
Sein Weg hatte ihn weit in das Tal hinabgeführt. Unter seinen bloßen Fußsohlen knirschte der Schnee, dessen Decke zu einer harten Schicht gefroren war, in die der Troll mit jedem Schritt einbrach. Schlimmer noch war das beständige Funkeln der sich im Schnee spiegelnden Sonne, das Karn zwang, seine Lider zusammenzukneifen, und ihm trotzdem Tränen in die Augen trieb. Er blinzelte, wischte sich die Feuchtigkeit aus den Augenwinkeln und sah sich um.
Ein Stück weiter unten standen einige größere Bäume an den Hängen des Tals. Sie wirkten geduckt, so schwer waren sie mit Schnee beladen. Einige von ihnen waren nur noch weiße Schemen. Wenn ich mich hier ausruhe und einschlafe, werde ich auch so aussehen , fuhr es Karn durch den Kopf. Leider hatte er zu viel Vorstellungskraft, wie Era immer wieder sagte. Nur allzu deutlich sah er das Bild vor seinem inneren Auge: ein zusammengekauerter Troll, von Schneemassen bedeckt, kaum noch zu erkennen, gefroren, bis der Frühling kam. Falls er kam.
Karn atmete aus und blickte auf die Wolke, die sich vor seinem Mund bildete. Es hatte nicht den Anschein, als ob es jemals wieder warm werden würde. Die letzten Winter waren hart gewesen, ein jeder länger als der vorherige, und stets hatten alle geglaubt, dass es wieder besser werden müsste. Doch dieser Winter war schlimmer, kälter und länger als jeder zuvor, mit Tagen, an denen es kaum hell wurde, und so kalten Nächten, dass selbst erfahrene Jäger es nicht wagten, die Höhlen zu verlassen. Dass heute die Sonne schien, hatte Karn erst als ein gutes Zeichen gewertet, aber bis auf schmerzende Augen hatte sie bislang nichts gebracht. Es war kalt, und der Wind pfiff so schneidend wie immer aus dem Tal empor und verbiss sich in die Haut des Trolls.
»Klagen wird nichts ändern«, brummte er vor sich hin und entschied, noch weiter hinabzugehen. Hier kannte er sich kaum aus; nur selten stiegen die Mitglieder seiner Sippe so tief ins Tal hinab. Aber wenn nicht bald Jäger mit Beute zu den Höhlen zurückkehrten, befürchtete Karn das Schlimmste.
Schon bald erreichte er die ersten Bäume und schritt zwischen ihnen hindurch. Immer wieder wirbelte der Wind Schnee auf, oder Äste schüttelten ihre Last ab. Manchmal schob sich daraufhin eine kleine Lawine einige Schritt den Hang hinab. Noch drohte keine Gefahr, aber Karn war dennoch auf der Hut.
Der Wind brachte seltsame Gerüche aus dem Tal mit sich, die der Troll nicht deuten konnte. Rauch war darunter, Tiere und Pflanzen, aber noch mehr. Immer wieder hielt er inne, hob den Kopf und sog die eisige Luft in seine Nüstern. Vielleicht sah er deshalb die schmale Spur erst so spät, dass er beinahe über sie hinweggestapft wäre. Sofort wich er zurück, ging hinter einem umgestürzten Baum, den das Gewicht des Schnees besiegt hatte, in die Hocke und sah sich misstrauisch um. Doch es war nichts zu sehen, keine Bedrohung zeigte sich. Also schlich Karn vorsichtig näher.
Die Spur war nicht sonderlich auffällig, schon etwas älter, fast vom Schnee verweht. Die Abdrücke waren seltsam. Kleiner als die eines Trolls und arm an Kontur. Keine Fußballen, keine Zehen, keine Krallen oder Klauen. Karn konnte nicht sagen, welches Tier eine solche Spur hinterließ. Dann wurde ihm bewusst, dass es kein Tier gewesen war. Es waren die Spuren eines Zweibeiners. Gestiefelt. Er knurrte leise. Für einen Zwerg waren die Schritte zu weit auseinander. Aber wer sonst würde sich so hoch in die Berge wagen?
Es gab nur einen Weg, das herauszufinden. Karn folgte den Spuren, achtete sorgsam auf seine Umgebung und huschte von Deckung zu Deckung. Die Spuren deuteten darauf hin, dass ein oder zwei Tage vergangen sein mussten, seit das fremde Wesen hier unterwegs gewesen war, aber er wollte kein Risiko eingehen und zwang sich zur Vorsicht, obwohl alles in ihm darauf drängte, den Eindringling zu finden und zu
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