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Engelsbrut - Gunschera, A: Engelsbrut

Engelsbrut - Gunschera, A: Engelsbrut

Titel: Engelsbrut - Gunschera, A: Engelsbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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1
    Wo versteckst du dich?
    Wind zerrte an Kains Mantel. Er starrte hinab auf das Lichtermeer.
Ich finde dich, Vater. Ich finde dich
. Er hob einen Arm und betrachtete das Muster auf seiner Haut. Die Narben waren verblasst.
Ich finde dich
. Der Wind strich lautlos um seine Beine und schwang sich hinauf in die Nacht.

    Jamie presste sich gegen eine Hausecke. Die Dünste der Nacht verwirbelten im Wind. Autoabgase, der Gestank der Mülltonnen, Bratfett aus der Abluftanlage des Italieners in der Figueroa Street. Er zog die Decke enger um seine Schultern und hob den Kopf. Ein Nachtfalter taumelte gegen die Wand und stürzte hinunter. Mit schwirrenden Flügeln kroch er über den Asphalt. Ein fremder Duft streifte Jamies Nase. Er schnüffelte. Es erinnerte ihn an etwas.
    Ein Gewürz? Er kam nicht auf den Namen. Der Gedanke verflog, als eine Gestalt in sein Gesichtsfeld trat. Jamie versuchte, das Gesicht des Mannes zu lesen.
    „Hey“, nuschelte Jamie, ein Reflex, der ohne zu denken funktionierte, „hast du’n paar Pennies für mich?“ Er streckte seine Hand unter der Decke hervor. Der andere beugte sich zu ihm herab. Jamie grinste. Heute schien sein Glückstag zu sein. „Hey, alles klar? Wie geht’s so?“
    Der Mann sagte einige Worte in einer fremden Sprache, die wie Gewehrstakkato klangen. Da fiel Jamie auf, dass er nicht allein war. Ein anderer hinter ihm lachte. Zwei Blocks weiter hupte die Alarmanlage eines Wagens los. Jamie wedelte mit der Hand.
    „Hast’n paar Pennies?“, wiederholte er hoffnungsvoll. „Nur’n paar Pennies?“
    Der Arm des Mannes schoss vor, seine Finger schlossen sich wie Klauen um Jamies Kehle. Panik lähmte seinen dürren Körper. Er konnte plötzlich nicht mehr atmen. Als sich der Griff für einen Moment lockerte, schnappte Jamie nach Luft, verschluckte sich und musste husten. Eine Hand packte sein Haar und zog ihn hoch. Seine Füße trommelten gegen den Asphalt, während der Fremde ihn mit sich schleifte. In einer schmalen Gasse zwischen zwei Mauern stieß ihn sein Angreifer zu Boden.
    „Scheiße, Mann“, sagte Jamie keuchend, „Scheiße, ich hab nichts. Mann, ich hab nichts!“ Ein Kichern löste sich aus seiner Kehle. Das war ein Alptraum. Ein verdammter Alptraum. Er erhaschte einen Blick auf glänzend schwarze Knie, die seine Brust gegen die Straße nagelten. Ein Lichtreflex fing sich auf Stahl. Dann nässte Wärme seinen Kragen, und Jamie begriff, dass es sein eigenes Blut war. Er wunderte sich, dass er keinen Schmerz fühlte. Ein Arm legte sich quer über seine Kehle. Jamie blickte in ein Paar glitzernde Augen. Der Mann knurrte. Ein tiefer, tierähnlicher Laut, der einen überwältigenden Fluchtinstinkt in Jamie auslöste. Sein Körper zuckte, er riss die Arme hoch und verkrallte seine Finger im Shirt des Mannes. Tränen begannen über seine Wangen zu laufen, als er die Sinnlosigkeit seiner Anstrengungen begriff.
    „Bitte“, wisperte er. „Bitte nicht.“
    Der Angreifer lächelte und entblößte sein Gebiss. Jamie starrte auf Eckzähne, die unnatürlich groß wirkten. Vielleicht verlor er den Verstand. Zuviel billiger Fusel. Sein Schädel fühlte sich leicht an, seine Sicht verschwamm.
    „Scheiße, Mann.“ Er hustete. „Bitte ...“
    Der Kopf senkte sich. Ein scharfer Schmerz schnitt durch Jamies Glieder. Er begann zu schreien. Er schrie, bis eine Hand sich auf seine Lippen presste und jeden Laut erstickte.

    „Das ist der Zweite heute Nacht.“ Detective Mark Johnson richtete sich auf und streifte die Latexhandschuhe ab. Seine Worte waren an niemanden im Besonderen gerichtet. „Was für eine Sauerei.“
    Eve bückte sich unter dem Absperrband hindurch und drängte sich durch die umstehenden Polizisten. Scheinwerfer erhellten die Gasse und offenbarten das Blut, das in hohem Bogen gegen die Hauswand gespritzt war. Ihr Blick wanderte hinab zu dem Toten. Verstohlen drückte sie auf den Auslöser ihrer Handykamera.
    „Eve!“ Mark hatte sie entdeckt. „Was zur Hölle machst du hier?“
    „Du meinst, weil du mich nicht angerufen hast?“
    „Ich ermittle in einer Mordserie, falls dir das entgangen ist.“ Seine Stimme nahm einen unpersönlichen Tonfall an. „Keine Presse.“
    Eve schluckte die Beleidigung hinunter, die ihr auf der Zunge lag. Sie drehte leicht ihren Arm und krümmte die Finger, um weitere Fotos zu schießen, während sie seinen Blick festhielt. Mit der freien Hand strich sie sich die Locken zurück.
    „Ich dachte, wir sind noch Freunde.“
    „Das hat

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