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Die Edwin-Drood-Verschwörung 1 - 300 (German Edition)

Die Edwin-Drood-Verschwörung 1 - 300 (German Edition)

Titel: Die Edwin-Drood-Verschwörung 1 - 300 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Paul Rudolph
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»Glauben Sie dem Günni kein Wort, der ist ver rückt.« Ich nickte und schüttelte gleichzeitig den Kopf, eine anatomische Meisterleistung.

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    Mein Kopf schwirrte, wie der Dichter sagt. Nicht so wie der von Günther Rath, aber immerhin: Da wurden Plüschhandschellen in einen Bottich voller Ouzo getaucht und Sonja Weber kaufte geldlos Zimtschnecken in Buchhandlungen, es war ein irrer Wachtraum, zuviel Espresso, mein Blut blubberte wie durch die verkalkten Leitungen einer Kaffeemaschine.
    Auch der Ouzotrinker hatte sich nach dem Schnapskonsum auf den Weg zur Toilette begeben, er trug einen Regenschirm bei sich und nickte »Claudimausi« zu, die wieder auf ihrem Stühlchen Platz genommen hatte und in einen temporären Zustand der Versteinerung gefallen war. Ich betrachtete mir eine Weile ihre Füße, die in schwarzen Schläppchen steckten, das heißt, ich stellte mir ihre Füße vor, vom vielen Laufen platt geworden, die Fußgewölbe unter dem Körpergewicht in sich zusammengebrochen, und dauerte sie gar sehr. Man durfte hier nicht rauchen, natürlich nicht, und ich überlegte, ob ich nicht schnell zu den Aschenbechern vor dem Bahnhof eilen und dem dringenden Bedürfnis nach einer Zigarette seine Befriedigung zukommen lassen sollte.
    Rath schien in ein größeres Geschäft verwickelt, der Mann mit dem Ouzo und dem Schirm auch. Der Schirm. Warum nimmt jemand seinen Schirm mit aufs Klo? Weil er befürchtet, er werde ihm sonst gestohlen? Konnte sein. Ich schaute zum Tisch mit dem einsamen und leeren Ouzoglas hin, aber so einsam war es gar nicht. Neben ihm lag ein Geldschein, ein Zehner, und es musste Zu fall sein, dass »Claudimausi« genau in dem Moment, da ich den Zehner bemerkte, seiner auch ansichtig wurde, die Augenbrauen hob, sodann den ganzen Körper, zum Tisch ging, den Zehner in die eine, das leere Gläschen in die andere Hand nahm, unschlüssig stehen blieb, sich zur Toilettentür drehte, dann zu mir und durch Schulterzucken zu verstehen gab, sie verstehe gerade gar nichts. Das einte uns. Aber ich begann zu verstehen. Möglicherweise zu spät.
    In der Herrentoilette kam mir ein frischer Windstoß entgegen, ein Fenster stand offen. Und eine der beiden Kabinen war geschlossen. Ich klopfte dagegen, rief »Herr Rath!«, drückte die Klinke nach unten, die Tür gab nach, stieß jedoch, als ich sie öffnen wollte, schon bald auf ein Hindernis. Ich streckte meinen Kopf durch den schmalen Spalt und verschaffte mir Gewissheit. Das Hindernis hörte auf den Namen Günther Rath, doppeltes »th«, nein, jetzt geschah das, was in so gut wie jedem Krimi passiert, man korrigiert sich sofort, nicht »hörte auf«, sondern »hatte gehört«. Denn Günther Rath war tot. Ich bin kein Arzt, hatte aber keinen Zweifel an meiner Diagnose.
    Rath lag vor der Kloschüssel, merkwürdig verrenkt, sein linkes Hosenbein war hochgerutscht, ein kleiner roter Punkt auf der Haut, wie ihn etwa die Spitze eines Regenschirms verursachen kann. In meinem Kopf spulte sich sofort ein Agententhriller ab, aber nein, mit vergifteten Schirmspitzen arbeitete man auch in der schnöden Realität, wie ich einmal gelesen habe, bulgarische Geheimagenten und so weiter. Ich stemmte mich gegen die Tür, Rath hielt unfreiwillig dagegen, ich verrenkte seinen Körper noch merkwürdiger und schaffte es schließlich, über ihn in die Kabine zu gelangen. Etwas hielt der Tote in der Hand, einen Zettel, neben der Hand lag ein Kugelschreiber. Ich nahm beides – noch war die Leichenstarre nicht eingetreten, noch leistete der Zettel keinen Widerstand – und steckte es ein, fühlte Raths Puls und fand ihn nicht, überlegte was zu tun sei, dem offensichtlichen Mörder durch das Fenster zu folgen, nicht um ihn noch zu erwischen – dazu war es zu spät –, sondern mich selbst diskret vom Ort des Verbrechens zu entfernen.
    Eine Alternative gab es nicht. Zu »Claudimausi« hinausgehen, »da drin liegt ein Toter« mitteilen, auf die Polizei warten? Indiskutabel. Von einem Mann erzählen, der einen Ouzo getrunken und einen Regenschirm mit sich geführt hatte? Man würde mich auslachen, von wegen griechisches Getränk und Schirm, da dachte man sofort an die Eurorettung. Egal. Ich zwängte mich aus der Kabi ne hinaus, sagte Rath leise »adieu« und sah mir das Fenster an. War zu schaffen.

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    Es sind die Frauen, die Männer vor großen Dummheiten bewahren. Um sie gleich darauf in noch größere zu verwickeln. Das ist historisch vielfach bewiesen, mir fiel gerade kein Beispiel

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