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Die Edwin-Drood-Verschwörung 1 - 300 (German Edition)

Die Edwin-Drood-Verschwörung 1 - 300 (German Edition)

Titel: Die Edwin-Drood-Verschwörung 1 - 300 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Paul Rudolph
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der Tonne eingeht. Und deshalb habe ich sie kontaktiert. Ist nämlich passiert. Und wie. Völlig unglaublich, Sie werden schon sehen.«
    Die ganze Zeit, während er so redete, hatte er zugleich aufmerksam jedes Geräusch um sich herum registriert. Am Nebentisch hockte ein Pärchen und unterhielt sich über eine »Corinna aus dem Büro«, »Claudimausi« warf im Vorübergehen ein »Unterhaltet ihr euch über Corinna, die Schnepfe?« hinzu und Günther Rath saugte all das und vieles mehr durch seine Ohren ins Gedächtnis, ließ es dort scheinbar acht- und planlos liegen, wartete auf Verbindungen, auf Auswüchse, auf Verwachsungen, auf Befruchtungen, hochpeinliche Verrenkungen... der Mann wurde mir immer unheimlicher, keine Frage, aber genau das gefiel mir.
    »Aha«, sagte ich. »Sie haben also mein Gespräch mit Perschau belauscht.« Rath hob die Hände. »Sagen Sie nicht belauscht. Es geschieht einfach! Ich setze mich irgendwo hin und höre einfach, was es zu hören gibt. Ich strenge mich nicht an, ich setze mich nicht extra so, bestimmten Gesprächen beizuwohnen. Und glauben Sie mir: Manchmal ist mir all das eine Last, eine Pein, ein Fluch. Andererseits: Es ist mein Leben. Verstehen Sie das?«

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    »Hören Sie das?« Günther Rath sah mich erwartungsvoll an, schüttelte dann aber sofort resigniert den Kopf. »Nein, Blödsinn, wie sollten Sie das hören. Das in mir. Dieses Rumoren. Dieses Knistern. Ich stelle mir vor, da liegen ganz viele Zettel in meinem Gedächtnis und die bewegen sich, die krabbeln durcheinander wie Spinnen oder Schaben oder Heuschrecken – ja, Heuschrecken, glaub ich – und das ist so eine Art Summen – nein, Summen wäre zu schwach... ach, ich weiß nicht.«
    Nein, hören konnte ich nicht, was in Raths Kopf geschah, sehen aber schon. Denn der Mann hatte fürchterlich zu schwitzen begonnen, trocknete sich mit einem großen karierten Stofftaschentuch die Stirn, so notdürftig und von vorübergehendem Erfolg, als stopften die in Berlin gerade wieder das große Euroloch, indem sie Geld hineinwarfen und zuschauten, wie es in den geöffneten Rachen des Spekulantentums plumpste. »Entschuldigen Sie bitte meinen Zustand, aber gerade muss ich mich anstrengen, die Zusammenhänge zu visualisieren. Sie wissen schon: Ihr Gespräch heute Mittag mit diesem Dummschreiber. Dieses Zettelchen. Es kriecht auf seinen Beinchen – ich stelle es mir gerade als Tausendfüßler vor – über und durch all die anderen Myriaden von Zetteln und schnüffelt an ihnen herum nach Verwandtschaft, nach irgendeiner Assoziation. Da! Hat etwas gefunden! Einen kleinen Dialog, zwei Männer an meiner Theke, sie kaufen sich Reiseproviant, muss so sein, denn der eine sagt: 'Krümel auf der Fahrt nicht wieder den Sitz so voll, Bernie!' und dann sagt der andere: 'Lieber den Sitz vollkrümeln als vollpissen wie dieser Moritz Klein es beinahe getan hätte.' Und dann lachen beide dieses dreckige Lachen, verstehen Sie?«
    Ich verstand. Die beiden Killer, nach getaner Arbeit auf der Heimfahrt. Davon hatte ich Perschau nicht mal etwas erzählt, Rath machte also keine Show, spielte nicht den Hellseher. Er war echt und die Turbulenzen in seinem Kopf waren es ebenfalls. Der Mann tat mir leid, wenngleich ich mich nicht in ihn hineinversetzen konnte. Mein Gedächtnis ist nur das gewöhnliche Sieb, die Zettel darin leichtverderbliche Ware.
    Anders bei Günther Rath. Und tatsächlich, jetzt glaubte ich den Aufruhr in seinem Kopf zu hören, das Wispern der Zettel, das Übereinandergleiten der Papiere. »Geldlos«, sagte er dann, einigermaßen ohne Atem und noch immer schwer schwitzend. »Eine Buchhandlung, aber fragen Sie mich nicht, welche. Ich bummelte in meiner Mittagspause natürlich durch die Innenstadt, durch die Geschäfte, Sie glauben gar nicht, wie man dann mit Sätzen und Wörtern abgeduscht wird! Buchhandlungen! Furchtbar! Dummes Geblöke! 'Ich möchte gerne das Buch mit dem grauen Ding auf dem roten Umschlag, der könnte auch weiß sein.' ... Eine Frau, aber ich sehe ihr Gesicht nicht. Ich sehe nur, wie sich dieses Gesicht einem Mann zugedreht hat, der ein Buch in der Hand hält und der Titel des Buches ist 'Geldlos glücklich. Wie wir die Geldwirtschaft überwinden und in eine neue Zukunft durchstarten'. So ein neumodischer Schnickschnack, denke ich noch. Aber dann sagt die Frau etwas. 'Meinst du wirklich, Georg, dass hier was Wichtiges drinsteht?' Und der Georg Genannte schnalzt mit der Zunge – Mein Gott, ich höre es! – und

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