Die Ehre der Slawen
kurzen Moment auf ihm ruhten und kein weiterer Widerspruch laut wurde, wandte sich der Kaiser an Dietrich und fasste seinen Entschluss: »Also, mein treuer Markgraf, vernehmet nun meinen Willen: Ich erwarte von Euch, dass Ihr innerhalb von zwei Monden die fälligen Steuern beitreibt. Entsendet eine angemessene Streitmacht, welche den uns zustehenden Forderungen den nötigen Nachdruck verleihen. Ihr werdet aber natürlich auf eine gefällige Weise vorgehen, denn ich will nicht schon wieder neuen Ärger mit diesen Heiden haben. Wenn allerdings die fromme Diplomatie versagt oder unsere Männer gar heimtückisch belagert werden, dann soll es deren gutes Recht sein, sich mit allen Mitteln zu verteidigen. Dann sollen ihre Schwerter sprechen und allen unnützen Widerstand gebührlich zu brechen wissen! Ich erwarte, dass Ihr ganz im Sinne unseres heiligen Vaterlandes handelt, und lasse Euch für die Ausführung eine freie Hand.«
Thietmar, dem kein Wort entgangen war, presste vor Sorge seine Hand auf den Mund. Er dachte an seinen braven Starislav und an all die anderen treuen Wenden, die im Dienste seiner Familie standen. So unbarmherzig konnte doch kein gottesfürchtiger Mensch sein. Merkte der Kaiser denn nicht, dass der skrupellose Dietrich nur seine Erlaubnis haben wollte, um mit Feuer und Schwert gegen das harmlose Bauernvolk vorzugehen? Dagegen musste unbedingt etwas unternommen werden. Nur was?
Mit seinem Entschluss zufrieden, fühlte sich Otto nun etwas leichter ums Herz. Mit neuem Appetit riss er sich ein großes Fleischstück aus einem mit Pasteten gefüllten Truthahn, biss herzhaft hinein und warf den Rest kurzerhand unter den Tisch, wo sich sofort die Hunde darüber hermachten. Nachdem er sich die beschmutzten Finger an der kostbaren Tischdecke und den fettigen Mund mit dem Ärmel abgewischt hatte, rülpste er vernehmlich laut.
Graf Liuthar hingegen gefiel der Befehl Ottos zwar nicht, aber sollte er sich etwa gegen den Kaiser auflehnen? Einem Kaiser, der von Papst und Gott gewollt und beschützt wurde? Nein, hier ging es um höhere Reichs- und Kirchenpolitik, eine Politik also, in der ein kleiner Graf wie er nur eine untergeordnete Rolle spielte. Wenn also der Kaiser dem Markgrafen freie Hand bei der Steuereintreibung ließ, dann sollte es eben so und nicht anders geschehen. Vielleicht gelang es Liuthar ja, den Kaiser in einem späteren Gespräch etwas milder zu stimmen.
Dietrich hingegen dachte nicht im Traume daran, die nördlichen Völker zu schonen oder sich mit irgendwelcher frommen Diplomatie zu belassen. Stattdessen spielte er einen weiteren Trumpf aus, einen Trumpf, der ihm sehr gut in seine weitreichenden Konzepte passte und seine Gunst beim Reichsoberhaupt noch um einiges mehren sollte: »Vielleicht, mein geliebter Kaiser, so könnte ich ja einen weiteren bescheidenen Beitrag leisten, um einen winzigen Teil Eurer ungeheuren Bürde auf mich zu lenken.«
Otto beugte sich neugierig etwas vor und musterte seinen Lehnsherren mit gemischten Gefühlen. Was wollte dieser Markgraf schon für ihn tun, wo er noch nicht einmal in der Lage war, ordentlich die Steuern von diesem heidnischen Bauernpack einzutreiben. Diesen Gedanken behielt er aber wohlweislich für sich, denn die treue Ergebenheit Dietrichs stand hier und jetzt nicht zur Debatte.
»So? Dann verkündet meinen neugierigen Ohren, wie Ihr dies anstellen wollt«, forderte er seinen Gegenüber auf, wobei der Zweifel in seiner Stimme unüberhörbar war.
Dietrich ließ sich durch Ottos skeptische Art jedoch nicht aus der Ruhe bringen. Seine Idee war wohl durchdacht und von langer Hand vorbereitet, von seiner eigenen Hand höchstpersönlich.
»Mein geliebter Kaiser, wie Ihr vormals Euren bescheidenen Dienern kundtatet, hattet Ihr dem Heiligen Vater zu Rom Waffenhilfe gelobt.«
Dietrich legte eine kleine Kunstpause ein, damit seine Worte die angemessene Wirkung erzielten.
Otto wurde hellhörig, denn dies war zweifelsohne ein wunder Punkt seiner Planung.
»Sprecht weiter, mein treuer Markgraf.«
»Nun ja, in meinem Herzen setzte sich der Wunsch fest, Euch in diesem Sinne tatkräftig eine Waffenhilfe zu leisten.«
»Wie wollt Ihr mir schon helfen, da Ihr Eure Mannen ja selbst zur Sicherung der Nordmark benötigt?«
Ein hinterlistiges Grinsen spielte um Dietrichs Mundwinkel. Mit verschwörerischer Miene beugte er sich zum Kaiser und flüsterte: »Mein Kaiser, würde es wohl Euer Gefallen erwecken, wenn Ihr eintausend gut
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