Die Ehre des Ritters (German Edition)
helfen, eine Truhe Kleider für ihren Lord zu packen.
Verwundert krauste Isabel die Stirn, ehe sie auf die Schwelle von Sebastians Tür trat.
»Tretet ein, Mylady«, rief dieser von seinem Platz am Schreibpult aus. Er saß zurückgelehnt in seinem Stuhl, hatte die in Stiefeln steckenden Füße auf den Tisch gelegt und wirkte lebhafter als je zuvor. Sein schwarzes Haar war vom Wind zerzaust, seine Wangen gerötet. Er schenkte ihr ein verwegenes, jungenhaftes Lächeln und seine hellen Augen funkelten vor ungestümer Energie. »Wir müssen miteinander reden.«
»Ja«, sagte sie sanft. »Das müssen wir wohl, Mylord. Wegen unserer Heirat … «
»Ihr solltet wissen, dass ich beschlossen habe, mich König Richard anzuschließen und ihn im Krieg gegen die Ungläubigen zu unterstützen, Mylady. In wenigen Wochen verlässt ein Schiff in Portsmouth den Hafen. Das will ich nehmen.«
»Ihr wollt Euch dem Kreuzzug anschließen?«, stieß Isabel erstaunt hervor. »Aber, Mylord, das ist so gefährlich …«
Sebastians Lachen zeugte davon, dass ihm diese Vorstellung zu gefallen schien. »Sorgt Euch nicht um mich«, sagte er. »Und Ihr müsst Euch auch nicht um Euch oder um Montborne sorgen, Mylady. Ich habe Vorkehrungen getroffen, dass jemand an meiner statt das Lehen hier führt.«
Isabel spürte einen plötzlichen Lufthauch zu ihrer Linken, eine Bewegung im Halbdunkel, die einen Strudel der Erregung durch sämtliche Fasern ihres Körpers jagte und sie erwartungsvoll und von Hoffnung überflutet erbeben ließ. Sie wandte den Kopf, und da stand er, nur wenige Schritte entfernt und dennoch verborgen vom dämmrigen Licht des Nachmittags, das in den Ecken von Sebastians Kammer herrschte.
»Griffin«, flüsterte sie.
Es kostete sie all ihre Kraft, dem Drang zu widerstehen, zu ihm zu stürmen und sich in seine Arme zu werfen. Er war blutbefleckt und von der Reise erschöpft, aber gesund und munter und unglaublich gut aussehend. Sein Gesicht war ihr ein solch herzzerreißend willkommener Anblick, dass es ihr den Atem raubte. Unwillkürlich trat sie einen Schritt auf ihn zu, als ob ihre Füße ihren eigenen Willen besäßen.
»Ich bin ihm nach Droghallow gefolgt«, hörte sie Sebastian hinter sich sagen. »Der ritterliche Narr hätte seinen Tod sonst wohl noch selbst verschuldet, wenn ich ihn allein in Dominics Höhle hätte spazieren lassen. Ich habe seinen edlen Hintern gerettet, und er hat daraufhin eingewilligt, mir den Gefallen zu tun und während meiner Abwesenheit Montborne zu verwalten.«
Die ganze Zeit, während sein Bruder sprach, blieben Griffins Augen auf Isabel gerichtet. Sein Blick war inbrünstig und unbewegt, doch aufreibend unlesbar in den dunklen Schatten des Raumes. Am liebsten hätte sie ihre Freude über die Aussicht auf Griffins Bleiben hinausgeschrien, indes warnte sie die Stimme der Vernunft davor, dass dies wohl die schlimmste Tortur von allen war, ihn so nahe zu wissen, da sie – falls sie bliebe – nur als Sebastians Gattin auf Montborne bleiben konnte.
»Wie bald werdet Ihr aufbrechen, Mylord?«, fragte sie leise.
»Sobald meine Sachen gepackt sind.« Als ob Sebastian ihre Gedanken erraten hätte, räusperte er sich und sagte: »Es gibt allerdings ein kleines Problem, fürchte ich. Der König erwartet die Nachricht, dass die Lehen von Montborne und Lamere durch eine Ehe vereinigt wurden. Es wäre mir verhasst, zu ihm zu gehen, ohne ihm versichern zu können, dass seine Order erfüllt wurde. Deshalb halte ich es für das Beste, wenn die Trauung unverzüglich vollzogen wird.«
Isabels Herz zog sich zusammen. »Mylord, ich fürchte, ich kann nicht …«
Mit verwegenem Lachen fiel Sebastian ihr ins Wort. »Mir ist bewusst, dass er in vielerlei Hinsicht ein erbärmlicher Ersatz für mich sein wird, Mylady, aber wärt Ihr damit einverstanden, meinen Bruder statt meiner zum Gemahl zu nehmen?«
»Mylord?« Sie keuchte verblüfft auf. Plötzlich fühlte sie sich wie betäubt; der Brief an Maura entglitt ihren schlaffen Fingern und flatterte zu Boden. »Wäre ich … was?«
»Erlaubt mir, Bruder«, sagte Griffin gedehnt. Er trat vor und ergriff Isabels Hände. Dann sank er vor ihr auf die Knie. »Mylady, könnt Ihr mir von Herzen verzeihen, dass ich dachte, es wäre mir möglich, auch nur einen Tag meines Lebens ohne Euch zu verbringen? Ich weiß, ich verdiene das Geschenk Eurer Zuneigung nicht, doch ich möchte Euch in aller Demut darum bitten. Ihr seid die Liebe meines Lebens, Isabel de Lamere. Ihr
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