Die ehrenwerten Diebe
Milliarden Mark; es können genauso gut sechs Milliarden sein.
Im Klartext übersetzt bedeutet das, daß Schmarotzer der Wirtschaft den Erfolg aus dem Mark saugen und dabei Hunderttausende von Arbeitsplätzen gefährden. Von Steuer-Delikten will ich hier gar nicht reden, sondern das Thema mit der Feststellung abtun, daß jeder von uns nur die Hälfte an Rabenvater Staat abführen müßte, wenn alle Bürger steuerehrlich wären.
Das Leben hatte mir ein Spezialgebiet zugewiesen. Ich wurde Einzelgänger in einem Untergrund, der nicht ungefährlicher ist als die militärische Spionage.
Ich sah durch die große Panoramascheibe auf den See. Ein schöner Tag. Schon früh am Morgen waren Segler und Wasserskiläufer unterwegs. Gegenüber auf dem Platz in Feldafing tummelten sich die ersten Golfer, aber während ich das Tonband meines Telefon-Automaten zurückspulte, wußte ich bereits, daß es für mich heute weder Wassersport noch Rasenspiel geben würde; heute so wenig wie gestern und noch weniger als morgen.
»Siebener«, meldete sich eine feste Stimme. »Erbitte dringend Rückruf.«
Der Anrufer war der Leiter des Referats ZS im Bundeswirtschaftsministerium, das so etwas wie ein Überwachungsamt für geheime Staatsaufträge ist.
Wenn ein so hoher Beamter kurz vor acht Uhr morgens persönlich anrief, dann war die Sache heiß und ein neuer Fall nicht weit.
In meiner Garage standen vier Autos, nicht aus Notwendigkeit, es war ein Hobby.
Die meisten Flitzer lieh ich mir bei den Automobilwerken, mit denen ich häufig zusammenarbeitete, einfach aus; ich hatte nun einmal Freude an der Geschwindigkeit und am technischen Fortschritt.
Nicht nur bei Automobilen.
Mein ganzes Haus war mit Robotern bestückt, und viele davon hatte ich selbst entworfen und gebastelt, zum Beispiel einen stummen Diener, der automatisch Staub saugte und auf Knopfdruck in die Küche stelzte, um die Spülmaschine anzustellen.
Unter meinen Produkten gab es viele überflüssige Spielereien, aber die Sicherungsanlage rings um meinen Bungalow entsprach fast der Tresor-Abschirmung einer Großbank.
Wer immer in mein Haus eingedrungen war, um meine Telefonleitung anzuzapfen – er mußte ein ebenbürtiger Gegner sein. Freilich konnte er nicht wissen, daß ich mir ein Telefongerät dreimal anzusehen pflegte, bevor ich es einmal benutzte.
Vielleicht ginge die Reise über Land. Ich wählte den schweren Jaguar, fuhr am Ostufer des Starnberger Sees entlang, erreichte über Percha die Autobahn nach München, stellte fest, daß ich nicht verfolgt wurde, und trat das Gaspedal durch.
In wenigen Minuten erreichte ich den Stadtrand von München, verließ den Mittleren Ring, zwängte meinen Wagen durch ein Gewirr kleiner Gassen und fand eine Telefonzelle, die von Häusern wie von Wächtern umstellt war.
Ich läutete Bonn an; die Geheimnummer des Ministerialrats hatte ich im Kopf; ich konnte unter Umgehung des Vorzimmers direkt mit ihm sprechen.
»Es brennt«, sagte er in seiner knappen Art. »Können Sie die Maschine um neun Uhr einundzwanzig nach Köln-Wahn noch erreichen?«
»Mit etwas Glück«, entgegnete ich.
»Ich habe einen Platz für Sie gebucht«, schloß er das Gespräch. »Mein Fahrer wird Sie abholen.«
Ich fuhr zügig zum Flughafen München-Riem und rollte dabei mitten in mein vorderhand interessantestes Abenteuer.
Am Flugplatz passierte ich die üblichen Kontrollen zum Schutz vor Luft-Piraterie, ungeduldig, doch gefügig ließ ich sie über mich ergehen: Schließlich sollte der Düsenriese auf dem deutschen Regierungsflughafen und nicht in der Wüste hinter Amman landen.
Ich stapfte über das Rollfeld, kletterte über die Bodentreppe in den gedrungenen Rumpf der Maschine, schnallte mich an und las eine Tageszeitung. Ich kam nicht weit.
Hübsche, wippende Beine irritierten mich, sie waren lang und wirkten irgendwie melodiös, mustergültig geformt, und sie wuchsen aus hochhackigen Schuhen schier endlos nach oben.
Die Sitzlehnen beschnitten mein Blickfeld, ich konnte nur die Beine sehen, die im Mittelgang auf und ab gingen, flott, stelzend, überlang.
Sie mußten der Stewardess gehören, von der sonst nichts zu sehen war.
Unvermittelt beugte sich ein lächelndes Gesicht über mich.
»Tag, Mike«, sagte die dunkelhaarige Bordfee mit den tiefblauen Augen. »Freut mich, daß wir wieder einmal miteinander fliegen.«
»Ganz meinerseits, Ellen«, sagte ich zu der Stewardess vieler Flüge und Bekannten einiger Drinks in den Vertragshotels der
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