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Die Einsamkeit des Chamäleons

Die Einsamkeit des Chamäleons

Titel: Die Einsamkeit des Chamäleons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Holland Moritz
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damals, als sie als absolute Dilettantin auf dem Gebiet der bildenden Kunst einem Fälscher auf die Spur gekommen war. Er hatte Menschen übers Ohr gehauen, die ihr gesamtes Erspartes in ein einziges Kunstwerk gesteckt hatten, um dessen Anblick und Besitz genießen zu können, ihn anderen Menschen in einem eigens geschaffenen Museum mit interaktiven Spielen für Kinder zugänglich zu machen und die sonst nicht viel besaßen.
    Rebekka würde sich auch jetzt wieder in ein neues Umfeld begeben, sich unter die Familie eines der Verstorbenen mischen. Sie würde der Sache vor Ort nachgehen, in der Firma, in der Branche, überall, wo recycelt wurde, um zumindest den Auslöser der Todesserie bei Recycling, Verschrottung und Co. zu finden. Es gab genau zwei Beweggründe, aus denen heraus sie sich mit den Angelegenheiten anderer, ihr völlig fremder Menschen befasste. Zum einen, weil sie es konnte, weil sie die Zeit dafür hatte, die Mittel und das Talent. Sie hätte es selbst als schwierig empfunden, jemandem zu erklären, warum ihr Lebensinhalt darin bestand, Ermittlerin ohne Auftrag zu sein. Schließlich wurde sie auch sofort stutzig, wenn ihr jemand etwas predigte und dabei betonte, es gehe ihm nur um sie und ihr Wohlbefinden. Bücher und Predigten waren voll von Lebensweisheit und in Wahrheit nur so ehrlich gemeint wie der Verkauf eines Staubsaugers. Der andere Beweggrund, sich einzumischen, wenn sie ein Verbrechen witterte, eine Ungerechtigkeit oder Vertuschung, war die Schuld, die ihr Großvater ihr aufgebürdet hatte, und deren Wiedergutmachung Rebekkas Lebensinhalt war. Die Erinnerung an ihren Großvater und das Vermögen, das er ihr hinterlassen hatte, war der tote Winkel in Rebekkas Gehirn.

Kapitel 4
    Mark zog sich an.
    Â»Bin ich eigentlich erpressbar? Sagst du es irgendwann meiner Frau?«
    Â»Damit sie dich verlässt und ich dich für immer an der Backe habe? No way .«
    Â»Dabei denkt meine Frau, ich könnte sie eines Tages mit einer Jüngeren betrügen. Wenn sie wüsste, wie sehr sie sich da täuscht …«
    Â»Allein für diese Bemerkung hast du zwei Ohrfeigen in einer verdient.«
    Rebekka ließ Wasser in die Wanne laufen.
    Er legte die Arme um sie. »Du hast mal gesagt, du könntest nie mit mir zusammenleben. Warum nicht?«
    Â»Weil ich dir nie vertrauen könnte. Nicht mal auf einem Auge, während ich das andere zudrücke.«
    Â»Warum bist du dann so gern mit mir zusammen?«
    Â»Mit gern hat das nichts zu tun. Du bist mein Zugang zu polizeilichen Interna. Ich brauche deine Hilfe.«
    Â»Du nutzt mich also nicht nur sexuell aus.«
    Â»Richtig.«
    Beide lachten. Er küsste sie auf den Nacken. Dann ging er hinaus und zog die Tür hinter sich zu.
    Mark liebte Rebekka für all das, was ihm an noch keinem anderen Menschen begegnet war. Sie war wie die Natur, die sich selbst heilte. Wie ein Stück Rasen im Schatten eines Baumes, durch den nur wenig, aber ausreichend Regen auf die Halme fällt. Als brächte der morgendliche Tau ihren Körperhaushalt immer wieder auf Vordermann.
    In Mark Tschirners Leben gab es genau zwei Frauen: die eine, die er geheiratet hatte, und die andere, die er nicht geheiratet hatte. Diesen Zustand empfand er als ideal und hoffte von Tag zu Tag und jedes Mal, wenn er Rebekka traf, dass sie ihr Interesse an dieser unverbindlichen Verbindung nie verlieren möge. Aber alles, was er ihr bieten konnte, war Liebe ohne Familie und ohne Alltag. Und genau diese Art von Liebe musste für Rebekka alles andere als verlockend klingen.
    Sie hatten sich kennengelernt, als er noch Kriminalhauptmeister war. Berlins Kunstszene erstarrte unter einem Fälscherskandal, und Mark ermittelte für das LKA im Rahmen eines Ermittlungshilfeersuchens . Die Rothaarige im grauen Hosenanzug war Mark sofort aufgefallen. Typ Sekretärin mit Haarknoten, Brille. Sie lehnte auf dem Flur vor dem Gerichtssaal in Moabit und schien auf etwas oder jemanden zu warten. Später, viel später, beharrte Rebekka darauf, sie habe auf ihn, Mark Tschirner, gewartet. Und zwar genau dort.
    â€ºWas gestern noch Kunst war, ist heute schon Bianchi‹ , hatte sie gedankenverloren gesagt, als stünde hinter Pietro Bianchi noch etwas Größeres als der soeben verhandelte Fälscherskandal. Von diesem Maler sprach damals die ganze Welt, zumindest ein nicht unerheblicher Teil davon, der wegen ihm Millionen

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