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Die Eismumie

Die Eismumie

Titel: Die Eismumie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jay Bonansinga
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Planeten.
    Chikilna Glacier Highway wurde der Gletscherhang genannt, der die Ausdehnung von fünf Football-Feldern hatte und den beiderseits schroffe Gipfel und Felspfeiler säumten, die von ewigem Eis bedeckt waren. Die Grate und Kanten können trügerisch sein. Riesige Schneewechten hängen wie Wellen, die im Moment des Brechens gefroren sind, über die Ränder tiefer Spalten. Ohne Vorwarnung kann der Boden unter den Füßen nachgeben, und tiefe Gräben können aus dem Nichts aufreißen, wenn sich der Wind auch nur ein ganz klein wenig dreht.
    Ackerman war über den Rand einer Felsformation in ungefähr zweihundert Meter Entfernung verschwunden.
    Grove eilte auf die Felsen zu. Es war noch zu dunkel, um zu erkennen, was sich jenseits dieser gigantischen Felsbrocken befand, aber langsam dämmerte der Morgen, und der diffuse Widerschein des ersten Lichts auf dem Schnee verlieh der Szenerie etwas Unwirkliches. Panik ließ Grove schwindlig werden. Er ließ den Blick über den Horizont schweifen, um den Killer zu entdecken. Ein Projektil im Revolver, eins übrig und fünf im Lader am Gürtel!!
    Der Wind riss ihm die Rangerkappe vom Kopf. Stechende Schmerzen in der Hüfte quälten ihn, seine Stiefel versanken immer tiefer im Schnee. Er hatte das Gefühl, seine Beine seien tonnenschwer. Wie ein Albtraum, in dem er gezwungen war, in Zeitlupe durch Schneewehen zu waten.
    Plötzlich zuckte das Bruchstück einer Vision durch Groves Kopf, eine genetische Erinnerung, der letzte Angriff eines anderen Menschenjägers, ebenfalls auf einem Berg und vor Tausenden von Jahren: Der Wind schlängelt sich durch die dunklen Korridore aus Baumskeletten. Wie eine Todesfee, die in seinen Ohren heult, pfeift er um den Schamanen. Langsam macht er einen Schritt nach dem anderen, und seine mit Gras gepolsterten Stiefel versinken knietief im Schnee. Seine Füße sind gefühllos, und er kann kaum die Hand vor Augen sehen, als er die Gletscherspalte hinaufklettert. Er ist fast da. Er muss weiterklettern, er muss, er muss – !
    Ein Geräusch riss Grove aus seinen Gedanken.
    Es hörte sich an wie ein Aufschrei oder ein Aufjaulen und schien aus der kalten Dunkelheit hinter der Felsformation zu kommen. Grove warf sich augenblicklich zu Boden. Er landete auf Händen und Knien in fast fünfzig Zentimeter Schnee, bekam den Mund voll Eis.
    Der Revolver ging los.
    Die Detonation wurde gedämpft vom Schnee, war dennoch so laut, dass Groves Ohren dröhnten. Die Kugel prallte als Querschläger von einem Felsblock ganz in der Nähe ab, nachdem sie einen Brocken Eis weggefetzt hatte. Der Knall hallte in fernen, unheilvollen Abgründen nach.
    Groves Hand, im Schnee begraben und inzwischen absolut gefühllos, schien am Revolvergriff festgeschweißt zu sein. Er robbte hinter einen Felsbrocken und wischte den Schnee vom Edelstahllauf. Sein Herz raste, als er die heiße Trommel zur Seite schob. Rauch stieg aus der Kammer in den Wind. Grove leerte die Trommel, und die Hülsen purzelten in den Schnee.
    Grove griff in seine Jacke. Fand den Schnelllader. Zog ihn hervor und drückte ihn in die Trommel. Was stimmte nicht? Klemmte etwas? Nein. Der Schnelllader war gefroren. Gefroren! Die Projektile einzementiert wie Eiswürfel.
    Wieder ein Geräusch, und Grove fuhr herum. Keine Munition. Nackt! Nackt!
    Er richtete sich etwas auf, bis er in der Hocke kauerte. Drehte sich um. Denk jetzt nach! Denk jetzt nach! Er schlug einen Bogen um die Rückseite des Felsbrockens. DENK JETZT NACH!! Sein Puls wurde schneller, seine Augen brannten im Wind, aber er legte sich einen Plan zurecht. Wirf etwas über die Vorderseite der Felsformation… dann kriech oben drüber weg und überrasche ihn!
    Grove kroch so leise es ging um das hintere Ende der Felsformation, hielt inne und holte tief Luft. Dann schleuderte er den nutzlosen Revolver mit aller Kraft in die Richtung der Plateaukante, die sich dreißig Meter nördlich befand.
    Die Waffe verursachte ein gruseliges Scheppern und Klirren, als sie gegen den groben Stein schlug.
    So schnell und leise wie er konnte, erklomm Grove die Felsformation und suchte die magentafarbenen Schatten hektisch nach Ackerman ab. Wo zum TEUFEL steckt er? – WO ZUM TEUFEL STECKT ER?! Grove kroch auf Händen und Füßen. Suchte, suchte… bis sich plötzlich ein Riss auftat und Grove spürte, dass die Felsformation unter ihm wegsackte wie eine riesige Falltür.
    Es geschah alles gleichzeitig: lautes Knirschen und Bersten. Sein rechtes Knie stieß durch eine

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