Die englische Rose
in vielerlei Hinsicht eine Flucht für dich, vielleicht sogar eine Flucht vor der Realität. Ein Versuch, dem Druck zu entgehen, den deine gesellschaftliche Stellung mit sich bringt. Dein Vater erwartet sicher, dass du einen Mann aus euren Kreisen heiratest. Einen englischen Adligen. Zumindest aber jemanden aus einer angesehenen Familie."
Das stimmte tatsächlich. Ihr Vater hatte sogar schon zwei mögliche Heiratskandidaten im Auge. „Ich bin auch Fees Tochter und somit Halbaustralierin. Fee möchte nur, dass ich glücklich werde."
„Ich habe also Recht. Dein Vater hat hohe Erwartungen in dich gesetzt. Er möchte dich sicher nicht verlieren."
Beinah flehentlich schüttelte Francesca den Kopf. „Daddy wird mich niemals verlieren. Ich liebe ihn. Aber er lebt sein eigenes Leben."
„Allerdings hat er keine Enkelkinder", erklärte Grant. „Du musst ihm welche schenken. Einen männlichen Erben. Den zukünftigen Earl of Moray."
„Ach, lass uns jetzt nicht darüber sprechen, Grant", platzte sie heraus, denn sie wollte nicht mit ihm streiten.
Doch er ließ sich nicht beirren. „Ich muss aber. Du weißt genauso gut wie ich, dass unsere Beziehung immer intensiver wird. Verdammt, was steht für mich auf dem Spiel?
Ich könnte mich in dich verlieben, und dann würdest du nach Hause zu Daddy zurückkehren, in deine Welt, und ich wäre am Boden zerstört."
Sie vermochte sich beim besten Willen nicht vorzustellen, dass er das Opfer einer Frau wurde. Dazu war er viel zu unabhängig. „Ich glaube, du kannst mir sehr wohl widerstehen."
„Verdammt richtig!" Unvermittelt neigte er den Kopf und küsste sie hart.
Francesca klammerte sich an ihn. „Und was schlägst du vor?"
„Dass wir es nicht weiter kommen lassen", erwiderte er schroff.
„Und warum küsst du mich dann?"
Grant lachte. „Das ist ja das Schlimme daran. Das Problem, Verlangen und gesunden Menschenverstand miteinander zu vereinbaren."
„Dann gibt es also keine Küsse mehr?" fragte sie mit einem skeptischen Unterton.
Er blickte ihr in die Augen und war sich dabei der Vielschichtigkeit seiner Gefühle bewusst. Sie sah so bezaubernd aus, zart wie eine Porzellanpuppe, eine Frau, die man beschützen musste. „Was kann ich denn dafür, dass ich ständig mit mir kämpfe?" meinte er ironisch. „Du bist so schön, stimmt's? Ich kenne Dutzende lediger Frauen, die mich heiraten würden. Wäre ich nicht der größte Narr, wenn ich ausgerechnet dich nehmen würde? Und ich glaube auch nicht, dass dein Vater begeistert wäre, wenn er erfahren würde, dass du mit einem rauen Kerl aus dem Outback flirtest."
„Du bist kein rauer Kerl, Grant. Du fährst leichter aus der Haut als Rafe, aber er ist dir sehr ähnlich und einer der höflichsten Männer, denen ich je begegnet bin."
„Nicht aggressiv, meinst du." Grant nickte amüsiert. „Das hat er von unserem Vater geerbt. Ich bin lange nicht so liebenswert."
„Ich mag dich jedenfalls so, wie du bist. Deine aufbrausende Art. Wie du dich für etwas begeistern kannst und deine Ziele verfolgst. Deine Träume. Ich mag sogar deinen Ehrgeiz. Was ich allerdings nicht mag, ist die Tatsache, dass du mich als Bedrohung ansiehst."
Er bemerkte den verletzten Ausdruck in ihren Augen, konnte jedoch nicht anders.
„Weil du eine Bedrohung bist, Francesca. Eine echte Bedrohung. Für uns beide."
„Das ist schrecklich." Unvermittelt wandte sie den Blick ab.
„Ich weiß", bestätigte er ernst, „aber es ist so."
Anders als bei vielen anderen Männern, die auf einen Grill losgelassen wurden, gerieten Brods Steaks perfekt. Trotz ihres Gefühlschaos genoss Francesca den Abend.
Das Essen schmeckte köstlich und verlief in gemütlicher Runde, und anschließend bot sie an, Kaffee zu machen.
„Ich helfe dir." Grant schob seinen Stuhl zurück und stand auf. Brod und Rebecca hatten die Plätze gewechselt und hielten jetzt Händchen, und daher konnten sie sie ruhig allein lassen.
Während Grant in der großen, hervorragend ausgestatteten Küche den Kaffee mahlte, stellte Francesca Tassen, Untertassen und Teller für die Schokoladentorte auf ein Tablett.
Alles ging ihr flott von der Hand, wie er feststellte.
„Das machst du gut", bemerkte er.
„Was soll das heißen?" Im Deckenlicht schimmerte ihr Haar feuerrot.
„Hast du schon mal gekocht?" fragte er lächelnd.
„Ich habe den Salat zubereitet", erinnerte sie ihn.
„Der war auch sehr gut. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass du je in die Küche gehen und Abendessen
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